Familienzulagen und Unterhaltsberechnung

Am 1. Januar 2017 tritt die Änderung des Zivilgesetzbuches vom 20. März 2015 betreffend den Kinderunterhalt in Kraft. Der ursprüngliche Art. 285 ZGB wird durch eine entsprechende Bestimmung (neu: Art. 285a ZGB) ersetzt.

Art. 285a ZGB
2. Andere für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen
1 Familienzulagen, die dem unterhaltspflichtigen Elternteil ausgerichtet werden, sind zusätzlich zum Unterhaltsbeitrag zu zahlen.
2 Sozialversicherungsrenten und ähnliche für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen, die dem unterhaltspflichtigen Elternteil zustehen, sind zusätzlich zum Unterhaltsbeitrag zu zahlen, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.
3 Erhält der unterhaltspflichtige Elternteil infolge Alter oder Invalidität nachträglich Sozialversicherungsrenten oder ähnliche für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen, die Erwerbseinkommen ersetzen, so hat er diese Beträge an das Kind zu zahlen; der bisherige Unterhaltsbeitrag vermindert sich von Gesetzes wegen im Umfang dieser neuen Leistungen.

Die Gerichte neigen nicht selten dazu, die Familienzulagen bei der Unterhaltsberechnung gänzlich zu vernachlässigen und die Familienzulagen schliesslich auf den berechneten Unterhalt draufzuschlagen. Dies ist ganz klar nicht korrekt und widerspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Solch eine Unterhaltsberechnung führt zu einer ungerechtfertigten Mehrbelastung der unterhaltsverpflichteten Person. Dass Familienzulagen berücksichtigt werden müssen, zeigt sich bereits aus dem Umstand, dass diese den Zweck haben, Kinderkosten abzudecken. Bei der unterhaltsberechtigten Person werden ja auch Kindergrundbeiträge und Kinderkosten im Bedarf berücksichtigt. Darum muss man in eherechtlichen Verfahren immer sehr aufpassen, ob die Familienzulagen auch wirklich bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden sind.

Der Bundesrat schrieb diesbezüglich in der Botschaft vom 29. November 2013 Folgendes:

Allgemein kann für die Bemessung des Unterhaltsbeitrags bei Vorliegen von Familienzulagen und Sozialversicherungsrenten oder ähnlichen für den Unterhalt des Kindes bestimmten Leistungen festgehalten werden, dass der Unterhaltsbeitrag zuzüglich die entsprechende Leistung nicht mehr abdecken darf, als die Bedürfnisse des Kindes erfordern. Ansonsten entsteht ein Widerspruch zum Grundsatz, nach welchem die Bedürfnisse des Kindes die Obergrenze des geschuldeten Unterhalts bilden (gebührender Unterhalt). Bei der Berechnung des Unterhaltsbeitrags ist daher die Sozialversicherungsleistung jeweils vorweg vom Unterhaltsbedarf des Kindes abzuziehen. Wird der Unterhaltsbeitrag auf diese Weise berechnet und bezieht der unterhaltspflichtige Elternteil eine Familienzulage, eine Sozialversicherungsrente oder eine ähnliche für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistung, so ist diese bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrags im Ergebnis immer zusätzlich zum Unterhaltsbeitrag zu leisten.

Das Obergericht führte diesbezüglich im Urteil vom 27. November 2015 (LC150019) auf Seite 35 Folgendes aus:

e) Die Vorinstanz hatte die Kinderzulagen, welche die Klägerin bezieht, zum Einkommen der Klägerin hinzugerechnet (Urk. 135 S. 38), was von den Parteien nicht beanstandet wurde. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts bedeutet Art. 285 Abs. 2 ZGB nicht, dass die Kinderzulagen über den Bedarf des Kindes hinaus zusätzlich zu bezahlen sind; vielmehr gilt, sie vorgängig von dessen Bedarf abzuziehen (BGer 5A_580/2011 vom 9. März 2012, E. 3 mit Hinweis auf BGE 137 III 59 E. 4.2.3.; BGE 128 III 305 E. 4b). Die Kinderzulagen von Fr. 200.– bzw. 250.– sind daher je vom Grundbetrag von Fr. 600.– abzuziehen, so dass der Grundbetrag für beide Kinder zusammen noch Fr. 750.– beträgt statt wie von der Vorinstanz aufgeführt Fr. 1’200.– (Urk. 135 S. 30). Im Ergebnis ändert dies jedoch nichts an der vorinstanzlichen Berechnung.

Das Bundesgericht hielt in BGE 137 III 59 Folgendes fest:

4.2.3. (…) Vom Bedarf jedes unterhaltsberechtigten Kindes ist dabei in jedem Fall dessen Kinder- oder Ausbildungszulage abzuziehen, denn diese Leistungen, die ausschliesslich für den Unterhalt des Kindes bestimmt sind, werden nach der Rechtsprechung nicht zum Einkommen des bezugsberechtigten Elternteils hinzugezählt, sondern sind bei der Ermittlung des durch den Unterhaltsbeitrag zu deckenden Bedarfs des Kindes vorweg in Abzug zu bringen (BGE 128 III 305 E. 4b S. 310; Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1 mit Hinweisen). (…)

Ob man schliesslich die Familienzulagen beim Einkommen aufrechnet oder beim Bedarf abzieht, führt rechnerisch zum gleichen Ergebnis. Wichtig ist vor allem, dass die Familienzulagen bei der Unterhaltsberechnung überhaupt berücksichtigt werden. Anders als das Bundesgericht bin ich der Meinung, dass es richtiger und einfacher ist, wenn Familienzulagen als Einkommensbestandteil behandelt werden.