Bundesgericht pfeift KESB zurück

In einem Urteil vom 10. Januar 2017 (5A_320/2016) beschäftigte sich das Bundesgericht mit folgendem Fall:

A. B. (geb. 2003) ist die Tochter von A. und C. Die Eltern liessen sich im Jahre 2008 scheiden. Am 14. November 2014 verstarb C.

B.a. Am 24. November 2014 teilte der Geschäftsführer des früheren Arbeitgebers von C. dem Familiengericht Bremgarten mit, dass B. aus der Vorsorgeversicherung ihres Vaters ein Todesfallkapital von Fr. 266’032.– zustehe. Gleichzeitig ersuchte er um Prüfung von Massnahmen zum Schutze dieses Kapitals.

B.b. Mit superprovisorischer Verfügung vom 18. Dezember 2014 verbot die Präsidentin des Familiengerichts Bremgarten der Vorsorgeversicherung, ohne Zustimmung der Kindesschutzbehörde eine Auszahlung des Todesfallkapitals vorzunehmen.

B.c. Mit Entscheid vom 30. März 2015 wies das Familiengericht die Vorsorgeversicherung an, das superprovisorisch gesperrte Todesfallkapital nach Rechtskraft des Entscheids auf ein von A. auf den Namen der Tochter eröffnetes Jugendsparkonto zu überweisen. A. wurde angewiesen, dem Familiengericht binnen 20 Tagen nach Eingang des Geldes einen entsprechenden Kontoauszug einzureichen.

Ferner ordnete das Familiengericht eine periodische (jährliche) Rechnungsstellung und Berichterstattung gemäss Art. 318 Abs. 3 ZGB an. A. wurde aufgefordert, dem Familiengericht unverzüglich ein Inventar über das gesamte Kindesvermögen per 14. November 2014 einzureichen. Zudem sollte sie alljährlich bis spätestens 31. Januar des Folgejahres sämtliche Kontoauszüge sowie allfällige Depotauszüge des gesamten Kindesvermögens per 31. Dezember des Vorjahres samt Bericht einreichen, erstmals bis spätestens am 31. Januar 2016. Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 666.– auferlegte das Familiengericht B.

C. Sowohl A. als auch B. fochten diesen Entscheid mit Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau an. Dieses bestätigte am 7. März 2016 den Entscheid des Familiengerichts in der Sache, passte aber das Datum für das erstmalige Einreichen sämtlicher Kontoauszüge sowie allfälliger Depotauszüge des gesamten Kindesvermögens an (30. Juni 2016). (…)

D. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 28. April 2016 gelangt A. (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, den vorinstanzlichen Entscheid dahingehend abzuändern, dass sie einzig dazu verpflichtet wird, dem Familiengericht Bremgarten unverzüglich ein Inventar über das gesamte Kindesvermögen per 14. November 2014 einzureichen (Ziff. 1). Zusätzlich sei festzustellen, dass sie nicht zur periodischen Rechnungsstellung und Berichterstattung verpflichtet ist (Ziff. 2). Ferner wehrt sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Kosten, die ihr für das Verfahren vor dem Familiengericht und vor dem Obergericht auferlegt wurden. Stattdessen verlangt sie eine angemessene Entschädigung (Ziff. 3 und 4).

Das Familiengericht Baden und das Obergericht haben auf eine Vernehmlassung verzichtet (Eingaben vom 4. Oktober bzw. 30. September 2016), das Familiengericht unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Entscheids. Der Rechtsvertreter von B. im kantonalen Verfahren, Rechtsanwalt D., zeigt in seinem Schreiben vom 7. Oktober 2016 Verständnis für den Standpunkt der Beschwerdeführerin, weshalb er sich der Beschwerde „nicht widersetzt“. Das Bundesgericht hat die Vernehmlassungen der Beschwerdeführerin zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zur Kenntnis gebracht.

Zum Verständnis ist zunächst darauf hinzuweisen, dass im Kanton Aargau, im Gegensatz zu den meisten Deutschschweizer Kantonen, die KESB nicht eine Behörde der Exekutive ist, sondern der Judikative angegliedert worden. Deshalb übernimmt das Familiengericht die Aufgaben der KESB. Im Kanton Aargau ist also das Familiengericht die KESB.

Zur Diskussion steht die Anwendung der folgenden Gesetzesbestimmung:

Art. 318 ZGB
A. Verwaltung
1 Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
2 Stirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil der Kindesschutzbehörde ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen.
3 Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an.

Das Bundesgericht zog insbesondere Folgendes in Erwägung:

2. In der Sache dreht sich der Streit um die Frage, ob eine periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung im Sinne von Art. 318 Abs. 3 ZGB angezeigt ist.

2.1. Das Obergericht vergleicht die Steuerunterlagen der Beschwerdeführerin für das Jahr 2013 mit jenen für das Folgejahr. Es stellt fest, dass sich die Vermögenssituation im Jahr 2014 markant verändert habe. Der Beschwerdeführerin sei aus der Erbschaft ihres Vaters ein Vermögen zugeflossen, das sich auf Fr. 563’000.– belaufe und vorwiegend aus Wertschriften bestehe. Das in der Steuererklärung 2014 ausgewiesene Erbschaftsvermögen der Tochter von Fr. 164’931.– stimme nicht mit dem Todesfallkapital von Fr. 266’032.– überein und lasse sich „daher aus den Akten nicht nachvollziehen“. Weiter erscheine naheliegend, dass der Kaufpreis der von der Beschwerdeführerin neu erworbenen Liegenschaft in U. aus dem eigenen geerbten Vermögen ohne weiteres finanzierbar gewesen sei. Diese im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemachten besonderen Umstände liessen die Feststellung zu, dass das Vermögen der Beschwerdeführerin auch ohne dasjenige ihrer Tochter zum Entscheidzeitpunkt einen hohen Stand aufweise und damit „sicher keine Gefährdung für das Vermögen der Tochter B.“ bestehe.

Das Obergericht ist der Meinung, der ausserordentliche Zuwachs im Vermögen der Beschwerdeführerin stelle eine Veränderung dar, die in deutlichem Kontrast zur bisherigen Vermögenssituation stehe, sei die Beschwerdeführerin zuvor doch weitgehend ohne liquide Mittel dagestanden. Dieses Vermögen zu verwalten, stelle für die Beschwerdeführerin eine Herausforderung dar, da sie bisher über keine praktischen Erfahrungen in der mindestens werterhaltenden Anlage von Kapital in Wertschriften verfüge. Dabei könne dahingestellt bleiben, inwiefern das Spielverbot, das die Beschwerdeführerin sich selbst auferlegt haben will, aber nicht mehr nachweisen könne, für die prekären finanziellen Verhältnisse in der Zeit vor der Ehe mit dem verstorbenen Vater von B. „ausschlaggebend“ gewesen sei. Es erscheine „zumindest zum aktuellen Zeitpunkt jedenfalls durchaus angebracht“, als Präventivmassnahme auch die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung anzuordnen.

2.2. Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung als blosse Präventivmassnahme anzuordnen. Sie erinnert daran, dass eine Massnahme zum Schutz des Kindesvermögens nach Art. 324 f. ZGB auch in den Augen der Vorinstanz nicht in Betracht falle und den vorinstanzlichen Feststellungen zufolge „sicher keine Gefährdung“ des Kindesvermögens bestehe. Angesichts dessen könne eine Berichterstattung, die der Information der Behörde im Hinblick auf eine allfällige Anordnung von Massnahmen nach Art. 324 f. ZGB dienen könnte, „ebenfalls nicht erforderlich sein“. Eine allfällige oder auch nur bloss drohende Pflichtverletzung sei vor den kantonalen Instanzen nie ein Thema gewesen. Im Sinne einer „Nebenbemerkung“ bestreitet die Beschwerdeführerin, dass ihre Steuererklärung mit Unklarheiten behaftet sei. Dieser Punkt sei für die Entscheidfindung aber ebenso wenig von Bedeutung wie die nicht substanziierte Behauptung, die Vermögensverwaltung sei anspruchsvoll. Schliesslich stört sich die Beschwerdeführerin an der vorinstanzlichen Einschätzung, wonach die angespannte Beziehung zu ihrem verstorbenen Ehemann und dessen Vater sowie der Grund für die Meldung der früheren Arbeitgeberin des verstorbenen Ehemannes für ihre präventive Begleitung irrelevant sei. Diese Auffassung sei „aktenwidrig“; ohne die fragliche Meldung gäbe es „offenkundig kein Verfahren“.

3.1. Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an (Art. 318 Abs. 3 ZGB). Mit dieser Formulierung gibt das Gesetz der Kindesschutzbehörde die Kriterien vor, anhand derer sie in Ausübung ihres Ermessens nach Recht und Billigkeit (Art. 4 ZGB) die Notwendigkeit der Massnahme zu prüfen hat. Bei der Überprüfung solcher Ermessensentscheide übt das Bundesgericht Zurückhaltung. Es schreitet nur dann ein, wenn die kantonale Instanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Gesichtspunkte berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat. Aufzuheben und zu korrigieren sind ausserdem Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 132 III 97 E. 1 S. 99; 131 III 12 E. 4.2 S. 15; 128 III 161 E. 2c/aa S. 162).

3.2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dienen die in Art. 318 Abs. 3 ZGB vorgesehenen Massnahmen der Prävention. Sie sollen die Kindesschutzbehörde überhaupt erst in die Lage versetzen, eine mögliche Gefährdung des Kindesvermögens zu erkennen und die für die Gefahrenabwehr nötigen Massnahmen anzuordnen. Entsprechend dürfen diese Massnahmen nur angeordnet werden, wenn konkrete und objektive Anhaltspunkte darauf hindeuten, dass die Eltern aufgrund der Art und Weise, wie sie die Güter ihres Kindes verwalten, das Kindesvermögen einer Gefahr aussetzen könnten. Bieten die Eltern Gewähr für eine sorgfältige Verwaltung des Kindesvermögens, so wäre es sinnwidrig, sie präventiv zu einer periodischen Rechnungsstellung und Berichterstattung zu verpflichten (s. Urteil 5A_726/2012 vom 4. Februar 2013 E. 4.1.1). Im Übrigen gilt auch für die staatliche Einmischung in die elterliche Verwaltung des Kindesvermögens, dass jede behördliche Massnahme erforderlich und geeignet, das heisst verhältnismässig (s. BGE 140 III 49 E. 4.3.1 S. 51) sein muss (s. Art. 389 Abs. 2 i.V.m. Art. 440 Abs. 3 ZGB).

4. Wie die vorigen Ausführungen zeigen, täuscht sich das Obergericht, wenn es meint, eine periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung als Präventionsmassnahme losgelöst von konkreten Indizien für eine Gefährdung des Kindesvermögens anordnen zu können. Zu Recht vermisst die Beschwerdeführerin im angefochtenen Entscheid eine Erklärung dafür, weshalb die Massnahme angezeigt sein soll.

4.1. Das Obergericht will in der Steuererklärung und -veranlagung der Beschwerdeführerin für das Jahr 2014 hinsichtlich des Kindesvermögens Ungereimtheiten ausgemacht haben. Warum die Beschwerdeführerin das besagte Todesfallkapital – die Versicherungsleistung eines Dritten – als Vermögen hätte deklarieren müssen, das ihre Tochter von ihrem Vater aus Erbschaft erhalten hat, lässt sich dem angefochtenen Entscheid nicht entnehmen und ist – mit Blick auf die hier zu beurteilende Angemessenheit der streitigen Massnahmen – auch nicht ohne Weiteres ersichtlich: Wer aus beruflicher Vorsorge infolge des Todes des Versicherten gestützt auf das Gesetz oder das Vorsorgereglement Anspruch auf eine Versicherungsleistung hat, erwirbt diese Leistungen aus eigenem Recht und nicht aus Erbrecht. Die Leistungen der Vorsorgeeinrichtung, auch solche der weitergehenden Vorsorge (Säule 2b), fallen daher nicht in die Erbmasse (BGE 129 III 305 E. 2 S. 307 ff.; s. auch Urteil 7B.181/2004 vom 24. September 2004 E. 2.2). Dass die steuerrechtliche Betrachtungsweise von der dargelegten zivilrechtlichen Rechtslage abweicht und die Beschwerdeführerin um diesen Unterschied hätte wissen müssen, geht aus den summarischen Erörterungen der Vorinstanz nicht hervor. Im Ergebnis kann jedenfalls nicht gesagt werden, das in der Steuererklärung 2014 ausgewiesene Erbschaftsvermögen der Tochter lasse sich „aus den Akten nicht nachvollziehen“.

4.2. Als einzigen weiteren Grund, weshalb eine periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung „durchaus angebracht“ sei, nennt der angefochtene Entscheid die fehlende praktische Erfahrung der Beschwerdeführerin in der Verwaltung liquider Geldmittel. Dabei betont das Obergericht, dass die finanzielle Situation der Beschwerdeführerin in der Zeit vor ihrer Ehe mit B.s Vater keine Rolle spiele. Ob solche Umstände aus der Vergangenheit die fragliche Massnahme zu rechtfertigen vermöchten, kann deshalb offenbleiben. Nach alledem bleibt als Erklärung für die vermeintliche Angemessenheit der staatlichen Einmischung in die elterliche Verwaltung des Kindesvermögens nur noch die abstrakte Befürchtung übrig, dass die Beschwerdeführerin B.s Vermögen aufs Spiel setzen könnte, weil auch ihr eigenes Vermögen zur selben Zeit einen ausserordentlichen Zuwachs erfuhr und sie sich mit Kapitalanlagen in Wertschriften nicht auskennt. Indessen liefert der angefochtene Entscheid keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin auch das Kindesvermögen auf dem Wertschriftenmarkt anzulegen gedächte. Ebenso wenig ist den vorinstanzlichen Erwägungen zu entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin nicht selbst professionelle Hilfe zu verschaffen wüsste, falls sie mit der Verwaltung von B.s Vermögen – nebst derjenigen ihres eigenen Wertschriftenvermögens – überfordert sein sollte. Allein der Umstand, dass die Beschwerdeführerin bis anhin (angeblich) noch nie mit der Verwaltung eines Vermögens in sechsstelliger Höhe zu tun hatte, ist kein hinreichend konkreter und objektiver Anhaltspunkt dafür, dass die Beschwerdeführerin es bei der Verwaltung des Vermögens ihrer Tochter an der gebotenen Sorgfalt mangeln lassen könnte.

4.3. Das Misstrauen, welches das Obergericht der Beschwerdeführerin mit Blick auf ihre Verwaltung des Kindesvermögens entgegenbringt und das es zum Anlass für die Anordnung der streitigen Massnahme nimmt, fusst nach dem Gesagten auf Gesichtspunkten, die keine Rolle hätten spielen dürfen. Der angefochtene Entscheid erweist sich als bundesrechtswidrig. Auf die weiteren Vorwürfe betreffend die Hintergründe, wie es zur Anordnung der streitigen Massnahme gekommen war (s. E. 2.2 a.E.), braucht das Bundesgericht nicht einzugehen.
(…)
6. Zusammenfassend ergibt sich, dass eine periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht im Sinne von Art. 318 Abs. 3 ZGB angezeigt ist. Damit bleibt es bei der Verpflichtung der Beschwerdeführerin, dem Familiengericht Bremgarten unverzüglich ein Inventar über das gesamte Kindesvermögen per 14. November 2014 einzureichen (Art. 318 Abs. 2 ZGB). Der angefochtene Entscheid ist entsprechend anzupassen. Die Feststellungsbegehren erweisen sich als unzulässig (E. 1.4), die Anträge betreffend die Kostenregelung des Verfahrens vor dem Familiengericht Bremgarten sind abzuweisen (E. 5). Im Ergebnis ist die Beschwerde also teilweise gutzuheissen. (…)

Bei vielen Leuten besteht der Eindruck, dass sich die KESB zu stark in Familienangelegenheiten einmischt. Dies ist so ein Fall, wo diese Befürchtung zutrifft. Die KESB hat vorliegend übertrieben. Grundsätzlich sieht das Zivilgesetzbuch vor, dass es die ureigene Aufgabe der Kindeseltern ist, das Kindesvermögen zu verwalten (Art. 318 Abs. 1 ZGB). Daraus kann man ableiten, dass es allein den Kindeseltern obliegt, über die konkrete Verwaltung zu entscheiden und dass sie sich folglich auch von niemanden reinreden lassen bzw. dass sie gegenüber Drittpersonen keine Rechenschaft ablegen müssen. Kindesschutzmassnahmen sind nur angezeigt, wenn objektive und konkrete Hinweise vorliegen, dass die Kindeseltern nicht in der Lage sind, das Kindesvermögen angemessen zu verwalten bzw. das Kindesvermögen gefährden. Auch hier gelten die allgemeinen Regeln der Verhältnissmässigkeit und der Subsidiarität. Solche Anzeichen liegen vorliegend jedoch nicht vor, vielmehr stützt sich die KESB auf reine Vermutungen und Mutmassungen. Nur weil das Kind ein grösseres Vermögen erhält, heisst das noch lange nicht, dass eine periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung notwendig ist.

Art. 389 ZGB
B. Subsidiarität und Verhältnismässigkeit
1 Die Erwachsenenschutzbehörde ordnet eine Massnahme an, wenn:
1. die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen oder private oder öffentliche Dienste nicht ausreicht oder von vornherein als ungenügend erscheint;
2. bei Urteilsunfähigkeit der hilfsbedürftigen Person keine oder keine ausreichende eigene Vorsorge getroffen worden ist und die Massnahmen von Gesetzes wegen nicht genügen.
2 Jede behördliche Massnahme muss erforderlich und geeignet sein.

Das Grundproblem ist, dass allgemeine Regeln auf den Einzelfall angewendet werden müssen. Die KESB hat dabei meist einen relativ grossen Entscheidungsspielraum. Das bezeichnet man als Ermessen. Das heisst, dass, wenn innerhalb des Ermessensspielraums unterschiedliche mögliche Massnahmen möglich sind, die KESB sich auf eine festlegen muss. Die KESB entscheidet, welche Massnahme sie wählt. Bei Ermessensentscheiden liegt es in der Natur der Sache, dass die Parteien oder die Rechtsmittelinstanzen es anders als die KESB sehen können. Vorliegend handelt es sich jedoch um einen Fall von Ermessensmissbrauch bzw. von Willkür, da sich der Entscheid auf rein subjektive Gründe bzw. Mutmassungen stützt, die bei der Begründung einer Kindesschutzmassnahme keine Rolle hätten spielen dürfen. Massnahmen wären zum Beispiel denkbar, wenn die Kindsmutter im grösseren Umfang Schulden und Betreibungen hätte.

Dieser Fall zeigt ausserdem, dass die rechtliche Kontrolle von Entscheiden der KESB funktioniert. Die KESB ist keine allmächtige Behörde, die in einem luftleeren Raum schalten und walten kann, wie es ihr beliebt. Das Urteil des Bundesgerichts zeigt vielmehr deutlich, dass sich Betroffene gegen Entscheide der KESB wehren können. Damit wurde dem Grundsatz, dass staatliche Eingriffe in die Familie auf das Notwendigste zu beschränken sind, Nachachtung verschafft. Dieser Fall darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der grossen Masse der Fälle das Einschreiten der KESB meist gerechtfertigt ist.

Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass es keine absolute Pflicht gibt, das Kindesvermögen werterhaltend zu verwalten. Vielmehr sieht das ZGB ausdrücklich vor, dass das Kindesvermögen in engen Grenzen auch verbraucht werden kann.

Art. 319 ZGB
B. Verwendung der Erträge
1 Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
2 Ein Überschuss fällt ins Kindesvermögen.

Art. 320 ZGB
C. Anzehrung des Kindesvermögens
1 Abfindungen, Schadenersatz und ähnliche Leistungen dürfen in Teilbeträgen entsprechend den laufenden Bedürfnissen für den Unterhalt des Kindes verbraucht werden.
2 Erweist es sich für die Bestreitung der Kosten des Unterhalts, der Erziehung oder der Ausbildung als notwendig, so kann die Kindesschutzbehörde den Eltern gestatten, auch das übrige Kindesvermögen in bestimmten Beträgen anzugreifen.