Vorsorgeauftrag

Am 1. Januar 2013 trat das neue Erwachsenenschutzrecht in Kraft, welches das bisherige Vormundschaftsrecht aus dem Jahr 1907 ablöste. Heute wird diese Gesetzesrevision meist nur noch unter dem Blickwinkel der neu geschaffenen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) diskutiert. Zu Unrecht, denn diese Revision des Zivilgesetzbuches war ein grosser Fortschritt und brachte insbesondere auch wichtige Neuerungen. Eine davon ist der Vorsorgeauftrag. Damit haben handlungsfähige Personen neu die Möglichkeit, für den Fall, wenn sie urteilsunfähig werden sollten, Vorkehrungen betreffend die eigene Rechtsvertretung, Vermögensverwaltung und Personensorge zu treffen.

Zehnter Titel: Die eigene Vorsorge und Massnahmen von Gesetzes wegen
Erster Abschnitt: Die eigene Vorsorge
Erster Unterabschnitt: Der Vorsorgeauftrag

Art. 360 A. Grundsatz
1 Eine handlungsfähige Person kann eine natürliche oder juristische Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten.
2 Sie muss die Aufgaben, die sie der beauftragten Person übertragen will, umschreiben und kann Weisungen für die Erfüllung der Aufgaben erteilen.
3 Sie kann für den Fall, dass die beauftragte Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.

Art. 361 B. Errichtung und Widerruf / I. Errichtung
1 Der Vorsorgeauftrag ist eigenhändig zu errichten oder öffentlich zu beurkunden.
2 Der eigenhändige Vorsorgeauftrag ist von der auftraggebenden Person von Anfang bis Ende von Hand niederzuschreiben, zu datieren und zu unterzeichnen.
3 Das Zivilstandsamt trägt auf Antrag die Tatsache, dass eine Person einen Vorsorgeauftrag errichtet hat, und den Hinterlegungsort in die zentrale Datenbank ein. Der Bundesrat erlässt die nötigen Bestimmungen, namentlich über den Zugang zu den Daten.

Art. 362 B. Errichtung und Widerruf / II. Widerruf
1 Die auftraggebende Person kann ihren Vorsorgeauftrag jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
2 Sie kann den Vorsorgeauftrag auch dadurch widerrufen, dass sie die Urkunde vernichtet.
3 Errichtet sie einen neuen Vorsorgeauftrag, ohne einen früheren ausdrücklich aufzuheben, so tritt der neue Vorsorgeauftrag an die Stelle des früheren, sofern er nicht zweifellos eine blosse Ergänzung darstellt.

Art. 363 C. Feststellung der Wirksamkeit und Annahme
1 Erfährt die Erwachsenenschutzbehörde, dass eine Person urteilsunfähig geworden ist, und ist ihr nicht bekannt, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt, so erkundigt sie sich beim Zivilstandsamt.
2 Liegt ein Vorsorgeauftrag vor, so prüft die Erwachsenenschutzbehörde, ob:
1. dieser gültig errichtet worden ist;
2. die Voraussetzungen für seine Wirksamkeit eingetreten sind;
3. die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist; und
4. weitere Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind.
3 Nimmt die beauftragte Person den Vorsorgeauftrag an, so weist die Behörde sie auf ihre Pflichten nach den Bestimmungen des Obligationenrechts über den Auftrag hin und händigt ihr eine Urkunde aus, die ihre Befugnisse wiedergibt.

Art. 364 D. Auslegung und Ergänzung
Die beauftragte Person kann die Erwachsenenschutzbehörde um Auslegung des Vorsorgeauftrags und dessen Ergänzung in Nebenpunkten ersuchen.

Art. 365 E. Erfüllung
1 Die beauftragte Person vertritt im Rahmen des Vorsorgeauftrags die auftraggebende Person und nimmt ihre Aufgaben nach den Bestimmungen des Obligationenrechts über den Auftrag sorgfältig wahr.
2 Müssen Geschäfte besorgt werden, die vom Vorsorgeauftrag nicht erfasst sind, oder hat die beauftragte Person in einer Angelegenheit Interessen, die denen der betroffenen Person widersprechen, so benachrichtigt die beauftragte Person unverzüglich die Erwachsenenschutzbehörde.
3 Bei Interessenkollision entfallen von Gesetzes wegen die Befugnisse der beauftragten Person.

Art. 366 F. Entschädigung und Spesen
1 Enthält der Vorsorgeauftrag keine Anordnung über die Entschädigung der beauftragten Person, so legt die Erwachsenenschutzbehörde eine angemessene Entschädigung fest, wenn dies mit Rücksicht auf den Umfang der Aufgaben als gerechtfertigt erscheint oder wenn die Leistungen der beauftragten Person üblicherweise entgeltlich sind.
2 Die Entschädigung und die notwendigen Spesen werden der auftraggebenden Person belastet.

Art. 367 G. Kündigung
1 Die beauftragte Person kann den Vorsorgeauftrag jederzeit mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist durch schriftliche Mitteilung an die Erwachsenenschutzbehörde kündigen.
2 Aus wichtigen Gründen kann sie den AuGrundsatz
ftrag fristlos kündigen.

Art. 368 H. Einschreiten der Erwachsenenschutzbehörde
1 Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die Erwachsenenschutzbehörde von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen.
2 Sie kann insbesondere der beauftragten Person Weisungen erteilen, diese zur Einreichung eines Inventars, zur periodischen Rechnungsablage und zur Berichterstattung verpflichten oder ihr die Befugnisse teilweise oder ganz entziehen.

Art. 369 I. Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit
1 Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
2 Werden dadurch die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet, so ist die beauftragte Person verpflichtet, so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben zu sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann.
3 Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde.

Der Bundesrat beschrieb diese Bestimmungen in der Botschaft vom 28. Juni 2006 wie folgt:

2.1.1 Der Vorsorgeauftrag

Art. 360 Grundsatz

Mit einem Vorsorgeauftrag kann die auftraggebende Person eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen, z.B. eine Bank oder eine Organisation wie die Pro Senectute, damit beauftragen, für den Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Sorge für die Person oder das Vermögen zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten (Abs. 1; vgl. auch Ziff. 1.3.1). Diese Aufgaben können kumulativ oder alternativ übertragen werden. Umfasst der Auftrag alle drei Bereiche − Personensorge, Vermögenssorge und Vertretung im Rechtsverkehr −, entspricht er einer umfassenden Beistandschaft (vgl. Art. 398). Bei der Errichtung eines Vorsorgeauftrags muss die auftraggebende Person handlungsfähig, das heisst volljährig und urteilsfähig sein (Art. 13).

Die auftraggebende Person muss die beauftragte Person namentlich bezeichnen und die ihr übertragenen Aufgaben möglichst genau umschreiben. Dabei kann sie Weisungen erteilen, wie die Aufgaben zu erfüllen sind (Abs. 2), und der beauftragten Person beispielsweise verbieten, bestimmte Vermögensanlagen vorzunehmen. Sie kann auch eine Person damit beauftragen, in ihrem Namen einer medizinischen Massnahme die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern. In diesem Fall muss es sich bei der beauftragten Person im Hinblick auf den sehr persönlichen Charakter eines solchen Auftrags − und weil es sich materiell um eine Patientenverfügung handelt (Art. 370 Abs. 2) − zwingend um eine natürliche Person handeln. Will die auftraggebende Person sicherstellen, dass ihre medizinischen Anweisungen im gegebenen Zeitpunkt berücksichtigt werden, so muss sie die Tatsache, dass sie einen Auftrag erteilt hat, sowie den Hinterlegungsort auf der Versichertenkarte eintragen lassen (Art. 371 Abs. 2 erster Satz und 372 Abs. 1 erster Satz).

Nach dem Entwurf kann die auftraggebende Person Ersatzverfügungen treffen für den Fall, dass die beauftragte Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt (Abs. 3). So kann sie beispielsweise eine oder mehrere Ersatzpersonen bezeichnen, wie dies auch für den Willensvollstrecker im Erbrecht möglich ist. Sie kann aber auch anordnen, dass eine Beistandschaft errichtet wird.

Art. 361 Errichtung

Wer einen Vorsorgeauftrag errichtet, trifft eine Entscheidung von grosser Tragweite. Gewisse Formvorschriften sind deshalb unerlässlich. Der Vorentwurf sah vor, dass der Vorsorgeauftrag öffentlich beurkundet oder bei einer vom Kanton bezeichneten Stelle zu Protokoll gegeben werden sollte. Diese Lösung wurde indessen in der Vernehmlassung als zu kompliziert und zu kostspielig kritisiert. Einige Teilnehmer der Vernehmlassung wollten für den Vorsorgeauftrag einfache Schriftlichkeit genügen lassen, andere regten an, den Vorsorgeauftrag denjenigen Formvorschriften zu unterstellen, die für Verfügungen von Todes wegen gelten (Art. 499 ff. ZGB). Der Entwurf sieht nun vor, dass der Vorsorgeauftrag − entsprechend den Formerfordernissen für letztwillige Verfügungen − entweder eigenhändig zu errichten oder öffentlich zu beurkunden ist (Abs. 1). Diese Lösung vereinfacht die Situation, wenn Vorsorgeauftrag und letztwillige Verfügung zusammen errichtet werden. Nicht übernommen wird indessen die mündliche Erklärung, d.h. das Nottestament nach Art. 506 ff. ZGB, weil kaum ein praktisches Bedürfnis dafür bestehen dürfte.

Entsprechend Artikel 505 Absatz 1 ZGB muss der eigenhändige Vorsorgeauftrag von der auftraggebenden Person von Anfang bis Ende von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet werden (Abs. 2). Ein auf der Maschine oder mittels Computer geschriebener oder einer anderen Person diktierter Vorsorgeauftrag wäre ungültig. Mit dieser Lösung soll vermieden werden, dass insbesondere betagte Personen ein von Dritten verfasstes Papier einfach unterschreiben, ohne sich über dessen Inhalt Rechenschaft zu geben. 

Der öffentlich beurkundete Vorsorgeauftrag wird durch eine Urkundsperson, meistens einen Notar oder eine Notarin, entsprechend den Wünschen der auftraggebenden Person errichtet. Nicht prüfen muss die Urkundsperson, ob die bezeichnete Person bereit ist, den Auftrag anzunehmen und dafür geeignet erscheint. Eine solche amtliche Prüfung macht keinen Sinn, weil sich die Verhältnisse bis zur Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags ändern können und die beauftragte Person den Auftrag jederzeit kündigen kann (vgl. Art. 367). Diese Prüfung obliegt demgegenüber der Erwachsenenschutzbehörde, sobald der Vorsorgefall eingetreten ist (vgl. Art. 363).

Die auftraggebende Person muss dafür besorgt sein, dass bei Eintreten der Urteilsunfähigkeit die Erwachsenenschutzbehörde vom Vorsorgeauftrag Kenntnis erhält. Um dies sicherzustellen, kann sie die Tatsache, dass sie einen Vorsorgeauftrag errichtet hat, und den Hinterlegungsort beim Zivilstandsamt in die zentrale Datenbank «Infostar» eintragen lassen (Abs. 3 erster Satz). Dabei muss die auftraggebende Person zwar ihre Identität angeben, nicht jedoch den Vorsorgeauftrag aushändigen. Diese einfache, effiziente und wenig aufwändige Lösung soll verhindern, dass die Vorsorgeaufträge toter Buchstabe bleiben. Der Bundesrat erlässt die nötigen Bestimmungen, namentlich über den Zugang zu den Daten (Abs. 3 zweiter Satz).

Art. 362 Widerruf

Der Vorentwurf sah vor, dass der Vorsorgeauftrag zehn Jahre nach seiner Errichtung von Gesetzes wegen erlischt, falls die auftraggebende Person nicht innerhalb dieser Frist urteilsunfähig wird oder den Vorsorgeauftrag erneuert. Diese Befristung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass sich die Verhältnisse seit Errichtung des Vorsorgeauftrags ändern können und deshalb eine periodische Überprüfung der getroffenen Anordnungen wichtig ist. In der Vernehmlassung wurde die Befristung indessen stark kritisiert. Der Entwurf verzichtet darauf, insbesondere im Hinblick auf das nicht zu unterschätzende Risiko, dass die auftraggebende Person vergessen könnte, ihren Auftrag rechtzeitig zu erneuern. Auch die letztwillige Verfügung verliert ihre Gültigkeit nicht nach einer bestimmten Zeit.

Solange die auftraggebende Person urteilsfähig ist, kann sie ihren Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen, und zwar in einer der beiden für die Errichtung vorgeschriebenen Formen (Abs. 1). Die auftraggebende Person kann den Auftrag zudem dadurch widerrufen, dass sie die Urkunde vernichtet (Abs. 2 erster Satz). So kann sie diese zerreissen, verbrennen oder darauf den Vermerk «widerrufen» anbringen. Wichtig ist, dass das Original und nicht eine Kopie vernichtet werden muss. Hat die auftraggebende Person den Auftrag öffentlich beurkunden lassen, so hat sie die Urkundsperson zu benachrichtigen (Abs. 2 zweiter Satz).

Absatz 3 stellt die Vermutung auf, dass ein bestehender Vorsorgeauftrag mit der Errichtung eines neuen ungültig wird, auch wenn die auftraggebende Person den bisherigen Auftrag nicht ausdrücklich widerrufen hat. Diese Vermutung entfällt – entsprechend der analogen Bestimmung im Erbrecht (Art. 511 Abs. 1 ZGB) −, wenn kein Zweifel besteht, dass der neue Auftrag lediglich den bisherigen ergänzt.

Art. 363 Feststellung der Wirksamkeit uGrundsatz
nd Annahme

Erfährt die Erwachsenenschutzbehörde, dass eine Person urteilsunfähig geworden ist, und ist ihr nicht bekannt, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt, so erkundigt sie sich beim Zivilstandsamt (Abs. 1). Ist kein Vertrag errichtet worden, so wird die Erwachsenenschutzbehörde Massnahmen nach Artikel 388 ff. ergreifen.

Liegt demgegenüber ein Vorsorgeauftrag vor, so muss die Erwachsenenschutzbehörde sich das Dokument beschaffen und prüfen, ob der Auftrag Wirkungen entfalten kann. Zu diesem Zweck muss sie sich vergewissern, ob der Vorsorgeauftrag gültig errichtet worden ist − z.B. in Bezug auf Urteilsfähigkeit oder die Einhaltung der Formvorschriften −, ob die Voraussetzungen für seine Wirksamkeit eingetreten sind und ob die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist (Abs. 2 Ziff. 1-3). Diese kann frei darüber entscheiden, ob sie den Auftrag annehmen will oder nicht. Die Behörde darf von sich aus nur dann vom Willen des Auftraggebers oder der Auftraggeberin abweichen, wenn offensichtlich ist, dass die bezeichnete Person ihren Aufgaben nicht gewachsen ist.

Sind die Formvorschriften nicht eingehalten, so kann der Vorsorgeauftrag nicht wirksam werden. Errichtet deshalb die Erwachsenenschutzbehörde eine Beistandschaft, so hat sie aber zu prüfen, ob die im Vorsorgeauftrag bezeichnete Person nach Artikel 401 Absatz 1 als Beistand in Frage kommt. Die Feststellung, ob und in welchem Umfang der Vorsorgeauftrag wirksam wird, ist wichtig, da die Erwachsenenschutzbehörde die zum Schutz der urteilsunfähigen Person notwendigen Massnahmen treffen muss (Abs. 2 Ziff. 4), wenn der Auftrag nicht zum Tragen kommt oder nur einen Teilbereich der Aufgaben erfasst, die für die urteilsunfähige Person erledigt werden müssen.

Sind sämtliche für die Wirksamkeit des Vorsorgeauftrages notwendigen Voraussetzungen erfüllt, so macht die Erwachsenenschutzbehörde die beauftragte Person auf ihre Pflichten aufmerksam (Art. 365) und händigt ihr eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt, die ihr als Vertreterin oder Vertreter der urteilsunfähigen Person zukommen (Abs. 3).

Sind die Formvorschriften nicht eingehalten, so kann der Vorsorgeauftrag nicht wirksam werden. Errichtet deshalb die Erwachsenenschutzbehörde eine Beistandschaft, so hat sie aber zu prüfen, ob die im Vorsorgeauftrag bezeichnete Person nach Artikel 401 Absatz 1 als Beistand in Frage kommt. Die Feststellung, ob und in welchem Umfang der Vorsorgeauftrag wirksam wird, ist wichtig, da die Erwachsenenschutzbehörde die zum Schutz der urteilsunfähigen Person notwendigen Massnahmen treffen muss (Abs. 2 Ziff. 4), wenn der Auftrag nicht zum Tragen kommt oder nur einen Teilbereich der Aufgaben erfasst, die für die urteilsunfähige Person erledigt werden müssen. Sind sämtliche für die Wirksamkeit des Vorsorgeauftrages notwendigen Voraussetzungen erfüllt, so macht die Erwachsenenschutzbehörde die beauftragte Person auf ihre Pflichten aufmerksam (Art. 365) und händigt ihr eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt, die ihr als Vertreterin oder Vertreter der urteilsunfähigen Person zukommen (Abs. 3).

Art. 364 Auslegung und Ergänzung

Es kann vorkommen, dass gewisse Punkte des Vorsorgeauftrags unklar sind. Grund dafür kann auch sein, dass sich die Verhältnisse seit der Errichtung in einzelnen Punkten unerwartet geändert haben. Weil solche Unklarheiten für die beauftragte Person eine Quelle von Unsicherheiten sind und eine zweckmässige Fürsorge gefährden können, sieht der Entwurf vor, dass die Erwachsenenschutzbehörde auf Ersuchen hin den Auftrag auslegen und ihn in Nebenpunkten ergänzen kann. Damit lässt sich vermeiden, dass für Nebensächlichkeiten zusätzlich zum Vorsorgeauftrag noch eine behördliche Massnahme angeordnet werden muss.

Art. 365 Erfüllung

Nach Absatz 1 hat sich die beauftragte Person auf die Aufgaben zu beschränken, die ihr im Vorsorgeauftrag übertragen worden sind. Sie nimmt ihre Aufgaben nach den Bestimmungen des Obligationenrechts über den Auftrag (Art. 394 ff. OR) sorgfältig wahr. Insbesondere muss sie zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, Rechenschaft über ihre Geschäftsführung abzulegen (Art. 400 OR). Der Verweis auf das Auftragsrecht erfasst auch die Vorschriften über die Haftung des Beauftragten (Art. 398 ff. OR).

Selbst wenn der Vorsorgeauftrag nur für einen Teilbereich errichtet worden ist, obliegt der beauftragten Person eine besondere Sorgfaltspflicht bei der Interessenwahrung für die urteilsunfähige Person. Stellt sie fest, dass Geschäfte besorgt werden müssen, die vom Vorsorgeauftrag nicht erfasst werden, so hat sie unverzüglich die Erwachsenenschutzbehörde zu benachrichtigen, damit diese die notwendigen Massnahmen trifft (Abs. 2), beispielsweise eine Beistandschaft errichtet und die beauftragte Person als Beistand oder Beiständin einsetzt.

Hat die beauftragte Person in einer Angelegenheit Interessen, die denen der betroffenen Person widersprechen, so benachrichtigt sie unverzüglich die Erwachsenenschutzbehörde; bei Interessenkollision entfallen ihre Befugnisse von Gesetzes wegen (Abs. 2 und 3).

Art. 366 Entschädigung und Spesen

Der Entwurf schreibt nicht vor, ob der Vorsorgeauftrag entgeltlich oder unentgeltlich ist. Er überlässt die Entscheidung darüber der auftraggebenden Person. Die beauftragte Person muss dann entscheiden, ob sie unter den vorgegebenen Bedingungen den Vorsorgeauftrag annehmen will oder nicht.

Enthält der Vorsorgeauftrag keine Anordnung über die Entschädigung der beauftragten Person, so legt die Erwachsenenschutzbehörde eine angemessene Entschädigung fest, wenn dies mit Rücksicht auf den Umfang der Aufgaben als gerechtfertigt erscheint oder wenn die Leistungen der beauftragten Person üblicherweise entgeltlich sind (Abs. 1). Dabei sind die gesamten Umstände zu berücksichtigen. So kann beispielsweise von einem nahen Verwandten eher eine unentgeltliche Leistung erwartet werden als von einem professionellen Vermögensverwalter.

Die Entschädigung und die notwendigen Spesen werden der auftraggebenden Person belastet (Abs. 2).

Art. 367 Kündigung

Die beauftragte Person kann den Vorsorgeauftrag jederzeit mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist durch schriftliche Mitteilung an die Erwachsenenschutzbehörde kündigen (Abs. 1). Diese Kündigungsfrist war im Vorentwurf noch nicht vorgesehen. Sie soll einerseits für die beauftragte Person Klarheit schaffen, wann ihre Befugnisse erlöschen. Andererseits muss die Erwachsenenschutzbehörde genügend Zeit haben, um die notwendigen Massnahmen zu ergreifen und einen Beistand oder eine Beiständin zu ernennen, sofern der Auftraggeber oder die Auftraggeberin keine Ersatzverfügung getroffen hat. Die Kündigung bedarf keiner Begründung.

Liegen wichtige Gründe vor, kann die beauftragte Person den Auftrag kündigen, ohne die Kündigungsfrist einzuhalten (Abs. 2). Als wichtige Gründe gelten Umstände wie beispielsweise eine Krankheit, deretwegen nach Treu und Glauben nicht erwartet werden kann, dass der Auftrag weitergeführt wird (vgl. Art. 337 Abs. 2 OR).

Art. 368 Einschreiten der Erwachsenenschutzbehörde

Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die Erwachsenenschutzbehörde die erforderlichen Massnahmen. Sie kann von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahe stehenden Person tätig werden (Abs. 1). Während der Vorentwurf lediglich den Widerruf des Auftrags vorsah, will der Entwurf den Willen der auftraggebenden Person so weit wie möglich wahren. Absatz 2 zählt Massnahmen auf, welche die Behörde ergreifen kann. Die Aufzählung ist nicht abschliessend.

Art. 369 Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit

Diese Bestimmung trägt einer Anregung aus der Vernehmlassung Rechnung und orientiert sich an Artikel 405 OR über den Auftrag.

Wird die auftraggebende Person wider Erwarten wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag von Gesetzes wegen seine Wirksamkeit (Abs. 1). Eine Mitteilung an die beauftragte Person oder ein Einschreiten der Erwachsenenschutzbehörde ist nicht nötig.

Allerdings kann es vorkommen, dass die auftraggebende Person zwar wieder urteilsfähig wird, aber nicht sofort in der Lage ist, die Aufgaben wahrzunehmen, mit denen sie die beauftragte Person betraut hatte, z.B. im Fall einer Hospitalisierung im Ausland nach einem Unfall. Gefährdet deshalb das Erlöschen des Auftrags die Interessen der auftraggebenden Person, so soll der Auftrag entsprechend den Bestimmungen des Obligationenrechts (Art. 405 Abs. 2 OR) verlängert werden: Die beauftragte Person muss so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann (Abs. 2).

Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde (Abs. 3). Die Geschäfte gelten als rechtsgültig abgeschlossen, auch wenn die Vertretungsbefugnis fehlt. Diese Vorschrift entspricht den Artikeln 37 und 406 OR.

Im Weiteren verweise ich auf die Erläuterung des Vorsorgeauftrages durch die KESB im Kanton Zürich.

Wie wir aus dem gesetzlichen Konzept sehen, kann die auftraggebende Person nicht im Alleingang bestimmen, was bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit passieren solle. Vielmehr ist ein Zusammenwirken zwischen der auftraggebenden Person und der KESB vorgesehen. Die KESB muss prüfen, ob der Vorsorgeauftrag der gesetzlichen Form entspricht, ob der Vorsorgefall (Urteilsunfähigkeit) eingetreten und ob die beauftragte Person für die Aufgabe geeignet ist (Art. 363 Abs. 2 Ziff. 1-3). Ausserdem ist es erforderlich, dass die beauftragte Person den Auftrag annimmt (Art. 363 Abs. 3 ZGB). Schliesslich hat die KESB zu prüfen, ob allenfalls weitere Erwachsenenschutzmassnahmen nötig sind (Art. 363 Abs. 2 Ziff. 4 ZGB). Erst wenn die KESB die Rechtmässigkeit des Vorsorgeauftrages festgestellt hat, kann dieser Wirkung entfalten. Schon aus rein praktischen Gründen ist ein behördlicher Entscheid unverzichtbar, da die beauftragte Person im Rechtsverkehr mit Drittpersonen etwas in der Hand haben muss, damit sie nachweisen kann, dass sie zur Vertretung berechtigt ist (vgl. Art. 363 Abs. 3 ZGB), denn allein das Vorliegen eines Vorsorgeauftrages bietet offensichtlich nicht die notwendige Rechtssicherheit.

Wer einen Vorsorgeauftrag erteilen will, sollte sich zunächst gründlich überlegen, was der genaue Inhalt des Vorsorgeauftrages sein soll. Die Aufgaben der beauftragten Person sollten möglichst exakt umschrieben werden. Deshalb ist zur Erarbeitung eines Vorsorgeauftrages rechtliche Beratung sehr empfehlenswert. Ausserdem muss die beauftragte Person angefragt werden, ob sie bereit sei, den Vorsorgeauftrag wahrzunehmen.

Der Vorsorgeauftrag ist entweder durch die auftraggebende Person vollständig handschriftlich zu verfassen oder öffentlich zu beurkunden (Art. 361 Abs. 1 und 2 ZGB). Vorsorgeaufträge in anderen Formen sind ungültig. Die eigenhändige Ausfertigung orientiert sich an der letztwilligen Verfügung. Aus der Praxis ist jedoch bekannt, dass Testamente häufig unklar oder widersprüchlich formuliert sind, was zu grossen Auslegungsproblemen führt. Da Vorsorgeaufträge regelmässig sehr viel komplexer und umfangreicher als Testamente sind, ist für die Abfassung eines Vorsorgeauftrages die öffentliche Beurkundung sehr zu empfehlen. Im Kanton Zürich sind für die öffentliche Beurkundung die Notariate zuständig. Durch die rechtliche Beratung der Notariate wird sichergestellt, dass im Vorsorgeauftrag die wesentlichen Punkte geregelt werden. Zudem werden durch die klare Regelung Auslegungsprobleme und Regelungsdefizite vermieden. Das erleichtert auch die Validierung des Vorsorgeauftrages durch die KESB.