Zahnloser Zügelartikel

Auf den 1. Juli 2014 trat die folgende Bestimmung des Zivilgesetzbuches in Kraft:

Art. 301a B. Inhalt / II. Bestimmung des Aufenthaltsortes
1 Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
2 Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde, wenn:
a. der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt; oder
b. der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat. 3 Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den anderen Elternteil rechtzeitig darüber informieren.
4 Dieselbe Informationspflicht hat ein Elternteil, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.
5 Soweit dies erforderlich ist, verständigen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages. Können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde.

Wie ein Urteil des Bundesgerichts vom 6. November 2017 (5A_47/2017 = BGE 143 III xxx) zeigt, ist dieser Zügelartikel ziemlich zahnlos, wenn ein Elternteil mit dem Kind unberechtigt den Aufenthaltsort im Inland verlegt.

Das Bundesgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:

A. B. und A. (beide Jahrgang 1992) heirateten 2010. Sie haben die gemeinsamen Kinder C. (Jahrgang 2011) und D. (Jahrgang 2012). Anfang Juli 2016 zog die Mutter mit den Kindern während einer Abwesenheit des Vaters heimlich von der ehelichen Wohnung in U. (Kt. AG) nach Bellinzona.

B. Wenige Tage nach dem Wegzug beantragte die Mutter mit Eheschutzgesuch vom 15. Juli 2016 die Bewilligung des Getrenntlebens, die Zuweisung der ehelichen Wohnung an den Ehemann, die Belassung der elterlichen Obhut über die Kinder bei ihr, das einstweilige Absehen von einem Besuchsrecht und die Erteilung der Befugnis an die Beiständin zur Organisation eines begleiteten Besuchsrechts, ein Verbot an den Vater sich ihr und den Kindern auf weniger als 200 m zu nähern oder Kontakt aufzunehmen (telefonisch, schriftlich, etc.), das Festsetzen von Unterhaltsbeiträgen sowie die Verpflichtung zur Auskunftserteilung über die finanziellen Verhältnisse. Der Vater verlangte seinerseits die Feststellung der ehewidrigen Auflösung des gemeinsamen Haushaltes und die Obhut über die Kinder.

Mit Entscheid vom 28. September 2016 stellte das Bezirksgericht Bremgarten die Auflösung des ehelichen Haushaltes und die diesbezügliche Berechtigung fest, wies die eheliche Liegenschaft dem Ehemann zu, stellte die beiden Kinder unter die Obhut der Mutter, erteilte dieser die Weisung, bis zum 1. Februar 2017 ihren Wohnsitz gemeinsam mit den Kindern in einen Umkreis von 1,5 Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von U. zu verlegen, erklärte den Vater für berechtigt, bis dahin die Kinder jeden zweiten Sonntag, 13-18 Uhr, in Bellinzona zu besuchen und jährlich vier Wochen Ferien mit ihnen zu verbringen sowie ab dem Umzug von Mutter und Kindern in den Umkreis von U. diese jeden zweiten Sonntag, 10-18 Uhr, zu sich auf Besuch zu nehmen und jährlich mit ihnen vier Wochen Ferien zu verbringen. (…)

Mit Entscheid vom 15. Dezember 2016 hob das Obergericht des Kantons Aargau die Verpflichtung der Mutter, mit den Kindern in den Umkreis von U. zurückzukehren, ersatzlos auf. Es gewährte dem Vater ein Besuchsrecht an jedem zweiten Sonntag, 10-18 Uhr, unter Verpflichtung der Mutter, die Kinder alternierend (d.h. an jedem vierten Sonntag) um 10 Uhr am Treffpunkt Zürich HB zu übergeben und um 18 Uhr dort wieder in Empfang zu nehmen, sowie ein Ferienrecht von zwei Wochen pro Jahr ab Eintritt in die Schulpflicht. (…)

Zunächst erinnerte das Bundesgericht daran, dass die Zuteilung der Obhut nicht gleichbedeutend mit der Genehmigung zum Wechsel des Aufenthaltsortes ist:

4. Was die Frage des Aufenthaltsbestimmungsrechtes und die Auslegung von Art. 301a ZGB anbelangt, geht der Beschwerdeführer zu Recht davon aus, dass das Obergericht den Inhalt der betreffenden Norm in grundlegender Weise verkannt hat, wenn es die Auffassung vertritt, mit der Obhutszuteilung an die Mutter habe das Bezirksgericht die Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder gleichsam bewilligt. Eines der Kernelemente der Sorgerechtsnovelle war, das Aufenthaltsbestimmungsrecht von der Obhut zu lösen (zur früheren Rechtslage vgl. insbesondere BGE 120 Ia 260 E. 2a S. 263; 128 III 9 E. 4a S. 10; 136 III 353 E. 3.2 S. 356) und als direkte Komponente des Sorgerechts auszugestalten (vgl. Botschaft, BBl 2011 9107); dies findet Ausdruck in Art. 301a Abs. 1 ZGB. Indem das Obergericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht weiterhin an der Obhut aufhängt und damit den mit der Sorgerechtsrevision herbeigeführten Paradigmenwechsel ignoriert, wendet es die betreffende Norm willkürlich an, wie der Beschwerdeführer im Einzelnen zutreffend aufzeigt; allein massgeblich für die Frage der Aufenthaltsbestimmung ist die Sorgerechtslage.

Steht ein Kind – wie vorliegend – unter der gemeinsamen elterlichen Sorge, heisst dies freilich nicht durchwegs, dass der Elternteil, welcher den Aufenthaltsort der Kinder verlegen will, auf die Zustimmung des anderen Elternteils bzw. auf behördliche oder gerichtliche Genehmigung angewiesen ist, obwohl Art. 301a Abs. 1 ZGB dies nahelegen würde. Dies trifft einzig auf die von Art. 301a Abs. 2 lit. a ZGB geregelte Auswanderung zu. Hingegen bedarf gemäss Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB die binnenstaatliche Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder nur dann der Zustimmung, wenn dies eine erhebliche Auswirkung auf die Ausübung der elterlichen Sorge oder des Besuchsrechts hat. Dass dies vorliegend zutrifft – insbesondere die erheblichen Auswirkungen auf die Ausübung des väterlichen Besuchsrechts sind unverkennbar (vgl. dazu E. 7), aber auch im Zusammenhang mit der Ausübung der elterlichen Sorge sind die erheblichen Auswirkungen zu bejahen (vgl. dazu E. 6.4) –, wird von keiner Seite in Frage gestellt. Der Umzug der Kinder in den Tessin hätte deshalb der Zustimmung des Vaters bedurft und die Mutter hat durch ihr eigenmächtiges Handeln dessen Aufenthaltsmitbestimmungsrecht verletzt, welches ihm als Sorgerechtsinhaber zustand.

Das Bundesgericht hielt fest, dass es keine direkten Sanktionsmöglichkeiten bei einer unberechtigten Verlegung des Aufenthaltsortes gibt:

5. Das Obergericht baut seine weiteren Erwägungen im Wesentlichen auf den Umstand, dass die Missachtung von Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB bereits vor der Einleitung des Verfahrens durch heimliche Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder während einer Abwesenheit des Vaters erfolgt ist. Indes sieht Art. 301a ZGB auch bei einer Verletzung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, die während hängigem Verfahren oder im Nachgang zu einem den Wechsel des Aufenthaltsortes nicht genehmigenden Entscheid erfolgt, keine zivilrechtliche Sanktion vor (zur Sanktionslosigkeit der Norm siehe SCHWENZER/COTTIER, Basler Kommentar, N. 16 und 18 zu Art. 301a ZGB; AFFOLTER-FRINGELI/VOGEL, Berner Kommentar, N. 49 zu Art. 301a ZGB; BUCHER, Elterliche Sorge im schweizerischen und internationalen Kontext, in: Familien in Zeiten grenzüberschreitender Beziehungen, Zürich 2013, Rz. 150 und 180; BÜCHLER/MARANTA, Das neue Recht der elterlichen Sorge, in: Jusletter vom 11. August 2014, Rz. 91; FASSBIND, Inhalt des gemeinsamen Sorgerechts, der Obhut und des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Lichte des neuen gemeinsamen Sorgerechts als Regelfall, in: AJP 2014, S. 699; MAZENAUER, Elterliche Sorge, Obhut, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Kindesentführung, in: Kaleidoskop des Familien- und Erbrechts, Zürich 2014, S. 273; MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 5. Aufl., Genf 2014, Rz. 879). Mit anderen Worten gibt Art. 301a Abs. 2 ZGB unabhängig vom Zeitpunkt, in welchem der Aufenthaltsort der Kinder verlegt wird, dem anderen Elternteil keine zivilrechtliche Möglichkeit, die betreffenden Handlungen effektiv zu verhindern oder rückgängig zu machen.

Indirekt eine Sanktionierung bewirken könnte eine Obhutsumteilung, wie sie im Zusammenhang mit dem auf missbräuchlichen Motiven beruhenden Wegzug des hauptbetreuenden Elternteils allenfalls zu prüfen ist (Art. 301a Abs. 5 ZGB; BGE 142 III 481 E. 2.7 S. 495; 142 III 502 E. 2.5 S. 511). Das setzt indes voraus, dass das Kind angesichts der gesamten Umstände beim anderen Elternteil besser aufgehoben wäre und dieser das Kind auch tatsächlich betreuen kann und will (BGE 142 III 481 E. 2.7 S. 495). Dass dies vorliegend der Fall sein könnte, hat schon das Bezirksgericht verneint (besondere Arbeitszeiten des Vaters, fehlendes Betreuungskonzept, etc.), und der Vater verlangte die Obhutszuteilung bereits im Berufungsverfahren nicht mehr, weshalb die betreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid an der Sache vorbeigehen.

Da Bundesgericht hielt schliesslich fest, dass eine Weisung eine Kindesschutzmassnahme sei, was eine Kindeswohlgefährdung voraussetze. Das sei jedoch in dieser Konstellation der absolute Ausnahmefall. Eine Weisung sei kein Sanktionsmittel gegen einen unberechtigten Wegzug. Schliesslich könne eine Kindeswohlgefährdung nur in Hinblick auf die Verletzung des Willkürverbotes geprüft werden:

6. Zur Diskussion steht allein die in der Beschwerde breit angelegte und im folgenden zu prüfende Frage einer auf Art. 307 Abs. 3 ZGB gestützten Weisung an die Mutter betreffend den Aufenthaltsort der Kinder.

Die Möglichkeit einer entsprechenden Massnahme wird im Zusammenhang mit Art. 301a ZGB in der Literatur im befürwortenden Sinn diskutiert (AFFOLTER-FRINGELI/VOGEL, a.a.O., N. 28 zu Art. 301a ZGB; BUCHER, a.a.O., Rz. 148 und 181; MAZENAUER, a.a.O., S. 273; MEIER/STETTLER, a.a.O., Rz. 875 und 881; CANTIENI/BIDERBOST, Reform der elterlichen Sorge aus Sicht der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, in: FamPra.ch 2015, S. 793). Es ist jedoch zu beachten, dass es sich dabei nicht um ein den Wegzugsentscheid nach Art. 301a ZGB begleitendes Instrument handelt, mit welchem sich ein aus der Gebotsmissachtung oder aus einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen ergebender elterlicher Handlungsunwert sanktionieren liesse (vgl. analog für die Sorgerechtszuteilung BGE 142 III 197 E. 3.7 S. 201). Vielmehr geht es um eine Kindesschutzmassnahme, bei welcher ausschliesslich die Frage der Kindeswohlgefährdung Prüfungsgegenstand und auch Prüfungsmassstab ist. Die auf Art. 301a Abs. 1 ZGB basierende Wegzugsautonomie der Elternteile (BGE 142 III 481 E. 2.4-2.6 S. 487 ff.; 142 III 502 E. 2.5 S. 511) bleibt deshalb grundsätzlich unberührt. Höchstens indirekt kann eine Rückwirkung auf die Niederlassungsfreiheit gegeben sein insofern, als gegebenenfalls eine Platzierung der Kinder anders als im Haushalt des wegzugswilligen Elternteils nicht in Frage kommt, die Veränderung des Aufenthaltsortes die Kinder in unmittelbare Gefahr gebracht hat und das Rückgängigmachen der Ortsveränderung diese Gefahr beseitigen würde. Eine solche Konstellation wird in der Praxis der absolute Ausnahmefall sein und der Anwendungsbereich von Art. 307 Abs. 3 ZGB ist entsprechend klein.

Ob vor dem Hintergrund des soeben Gesagten die obergerichtliche Verneinung einer Kindeswohlgefährdung gegen das Willkürverbot verstösst, ist im Folgenden zu prüfen.

6.1. Das Obergericht hat die auf Art. 307 Abs. 3 ZGB gestützte bezirksgerichtliche Weisung ersatzlos gestrichen mit der Begründung, im Zusammenhang mit der Aufenthaltsbestimmung sei die Interventionsschwelle von Art. 310 ZGB zu beachten und mithin nur bei einer auf Extremfälle beschränkten Kindeswohlgefährdung einzuschreiten, etwa bei einem Wegzug in ein Krisengebiet. Vorliegend sei für die Kinder aufgrund des Wegzuges in den Tessin keine Gefährdung ersichtlich, auch nicht im Zusammenhang mit allfälligen anfänglichen Integrationsschwierigkeiten der Kinder oder mit dem erschwerten Besuchsrecht des Vaters, weil die Kinder zweisprachig seien und folglich die deutsche Sprache nicht mehr verlieren würden, so dass sie weiterhin guten Kontakt zum Vater pflegen könnten.

6.2. Diesbezüglich rügt der Beschwerdeführer eine mit der willkürlichen Ausblendung des von der Mutter herbeigeführten Rechtsmissbrauches verbundene willkürliche Anwendung von Art. 307 Abs. 3 ZGB. Insbesondere sei bei Rechtsmissbrauch entgegen den sinngemässen Ausführungen des Obergerichts nicht nur eine allfällige Obhutsumteilung, sondern als mildere Massnahme auch der Erlass von Weisungen im Sinn von Art. 307 Abs. 3 ZGB zu prüfen. Vorliegend führe insbesondere der Wechsel der Hauptsprache zu einer wesentlichen Veränderung; im Gegensatz zum Obergericht sei davon auszugehen, dass die Kinder angesichts ihres Alters die Deutschkenntnisse schnell verlernen würden und deshalb eine Entfremdung drohe, obwohl er vorher eine sehr enge und intensive Beziehung zu ihnen gepflegt und einen grossen Betreuungsanteil wahrgenommen habe. Die Mutter habe ja auch allein aus diesem Grund den Aufenthaltsort der Kinder in den Tessin verlegt, was einen Rechtsmissbrauch und eine Gefährdung des Kindeswohles darstelle.

6.3. Was zunächst den Sachverhalt und diesbezüglich die Rüge des Beschwerdeführers anbelangt, das Obergericht habe in willkürlicher Weise das rechtsmissbräuchliche Handeln der Mutter ausgeblendet, so ist Folgendes festzuhalten: Die Bezugnahme des Obergerichtes auf BGE 142 III 481 E. 2.5 S. 490, wonach die elterlichen Wegzugsmotive grundsätzlich nicht zur Debatte stünden und auch kaum justiziabel wären, sowie auf BGE 142 III 481 E. 2.7 S. 494, wonach ein allein auf Entfremdung der Kinder zielendes rechtsmissbräuchliches Verhalten in der Praxis selten sei, geht im vorliegenden Fall an der Sache vorbei. Diese Erwägungen gründen auf dem Umstand, dass der Gesetzgeber mit einer bewussten Wertung die Niederlassungsfreiheit der Elternteile respektieren wollte (dazu BGE 142 III 481 E. 2.4-2.6 S. 487 ff.), und zielen darauf, dass keine langwierige Auseinandersetzung um die meist nur schwer zu eruierenden elterlichen Wegzugsmotive stattfinden soll. Vor Bezirksgericht waren diese aber nicht umstritten; vielmehr hat die Mutter in der Parteibefragung den allein durch das Unterbinden von Kontakten zum Vater motivierten Wegzug selbst dargelegt (vgl. im Einzelnen E. 3.2). Der Sachverhalt war mithin gar nie umstritten und das vom Bezirksgericht festgestellte rechtsmissbräuchliche Handeln der Mutter offenkundig. Im vorliegenden Sachzusammenhang hat dieser Umstand indes keinen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens (grundsätzliche Sanktionslosigkeit des Verstosses gegen Art. 301a ZGB, vgl. E. 5; keine Kindeswohlgefährdung im konkreten Fall, vgl. E. 6.4), so dass sich weitergehende Äusserungen dazu erübrigen.

6.4. Zu prüfen bleiben die Willkürrügen im Zusammenhang mit der Auslegung und Anwendung von Art. 307 Abs. 3 ZGB. Diese gehen dahin, dass die Kinder angesichts ihres Alters von vier bzw. fünf Jahren im Zeitpunkt des Wegzuges und vor dem Hintergrund der fehlenden Bindungstoleranz der Mutter die deutsche Sprache, zu welcher sie aufgrund der konkreten Umstände nur noch wenig Bezug haben (italienischsprachige Wohngegend; italienischsprachige Mutter; in Italienisch erfolgende Einschulung; wenig Besuchsgelegenheiten mit dem Vater), verlernen könnten und somit eine Kommunikationsunfähigkeit drohe.

Die Ausführungen sind aus der Perspektive des Vaters, welcher mangels entsprechender Sprachkenntnisse auch kaum inhaltlichen Zugang zu den für eine wirksame Sorgerechtsausübung wichtigen und zwangsläufig in italienischer Sprache verfassten Unterlagen (schulische, medizinische und anderweitige Belange) haben wird, nachvollziehbar. Entscheidend für die Frage der Kindeswohlgefährdung ist jedoch, ob den Kindern selbst eine unmittelbare Gefahr oder ein Schaden droht. Dies ist nicht der Fall: Sie waren bereits im Zeitpunkt des Wegzuges (auch) italienischsprachig und es bestehen keine aktenkundigen Hinweise, dass ihnen in Bellinzona irgendwelche Mängel drohen könnten. Im Übrigen lässt sich der vom Vater befürchteten sprachlichen und physischen Entfremdung auch mit einer angepassten Ausgestaltung des Besuchs- und Ferienrechts entgegenwirken (dazu E. 7). Ein auf Art. 307 Abs. 3 ZGB gestütztes Wegzugsverbot bzw. Rückkehrgebot, wie es dem Beschwerdeführer in der konkreten Situation vorschwebt, würde im Übrigen darauf hinauslaufen, dass verbreitet dem hauptbetreuenden Elternteil der Wegzug in eine andere Sprachregion und damit gegebenenfalls die Rückkehr in sein Heimatland vereitelt würde. Das ist nicht, was der Gesetzgeber mit der verabschiedeten Fassung von Art. 301a Abs. 2 ZGB intendiert hat (dazu ausführlich BGE 142 III 481 E. 2.4 S. 488 und E. 2.5 S. 490).

Insgesamt hält es, insbesondere vor dem Hintergrund einer angepassten Besuchsrechtsregelung (dazu E. 7), ohne Weiteres vor dem Willkürverbot stand, wenn das Obergericht vom Erlass der Weisung, dass die Mutter den Aufenthaltsort der Kinder in einen Umkreis von 1,5 Stunden ab U. verlegen muss, abgesehen hat.

Die Rechtslage ist sehr stossend. Der Gesetzgeber regelt zwar die Voraussetzungen des Wechsels des Aufenthaltsortes, sieht jedoch keine effektive Sanktionsmöglichkeit vor, wenn ein Elternteil unberechtigt mit dem Kind umzieht.

Bei einer Verbringung des Kindes ins Ausland (Art. 301a Abs. 2 Bst. a ZGB) kommt allerdings das Haager Übereinkommen über zivilrechtliche Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (HKÜ) (0.211.230.02) zur Anwendung. Damit kann die Rückführung des Kindes in die Schweiz erreicht werden.

Auch wenn der Zügelartikel zahnlos ist, sollte man sich nicht darauf verlassen, dass eine Verletzung der Umzugsbestimmung wirklich nie eine Sanktion nachzieht. Gericht und KESB können es in solch einem Fall durchaus anders sehen und im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen (Art. 261 ZPO) etwas anderes entscheiden. Und bis die Rechtmässigkeit einer solchen Massnahme überprüft worden ist, kann es lange dauern, währenddessen die vorsorgliche Massnahme weiter gilt. Allerdings fragt sich, ob solch eine vorsorgliche Massnahme auch wirklich vollstreckt werden kann, da zum Beispiel eine polizeiliche Vollstreckung regelmässig selbst kindeswohlgefährdend ist. Im Grossen und Ganzen hat man somit bei einem unberechtigten Umzug im Inland wenig zu befürchten.