Testament und Erbvertrag: Inhalt

1. Begünstigung von Personen

Personen können mittels Erbeinsetzung oder mittels Vermächtnis begünstigt werden. Ob jemand als Erbe oder nur als Vermächtnisnehmer am Nachlass partizipiert, ist sehr wichtig, da die rechtliche Stellung des Erben sehr viel besser ist.

Bsp. Erbeinsetzung: (1) Ich setze Daniel als Alleinerben ein. (2) Daniel soll die Hälfte des Nachlasses erhalten.

Bsp. Vermächtnis: Daniel erhält 100’000 Fr. in bar sowie die Rolex meines Ehemannes.

Testamente sind jedoch nicht immer eindeutig:

Bsp.: Ich vermache Daniel das Haus.

Das Verb „vermache“ deutet auf ein Vermächtnis hin. Wenn allerdings das Haus der einzige oder der wesentliche Vermögenswert des Nachlasses ist, ist eher – im Rahmen einer Auslegung – von einer Erbeneinsetzung (mit Teilungsvorschrift) auszugehen (vgl. Art. 483 Abs. 2 ZGB).

Es können nur Menschen, nicht jedoch Tiere begünstigt wird. Wird trotzdem ein Tier begünstigt, dann wird eine solche Zuwendung per Gesetzes wegen als Auflage verstanden, nämlich dass die Erben die Pflicht haben, für das Tier tiergerecht zu sorgen (Art. 482 Abs. 4 ZGB).

2. Erbeinsetzung

Die Erbeinsetzung eröffnet dem Erblasser die Möglichkeit, von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Man spricht von gewillkürter Erbfolge.

Art. 483 ZGB
C. Erbeinsetzung
1 Der Erblasser kann für die ganze Erbschaft oder für einen Bruchteil einen oder mehrere Erben einsetzen.
2 Als Erbeinsetzung ist jede Verfügung zu betrachten, nach der ein Bedachter die Erbschaft insgesamt oder zu einem Bruchteil erhalten soll.

(Gesetzliche und eingesetzte) Erben treten mit dem Tod des Erblassers sofort in dessen Rechtsstellung ein (sogenannte Universalsukzession) (Art. 560 ZGB). Die Erben sind Mitglieder der Erbengemeinschaft und sind folglich Gesamteigentümer des Nachlasses (Art. 602 ZGB).

3. Vermächtnis

Statt eine Person mittels Erbeinsetzung zu begünstigen, kann der Erblasser ihr auch einen Vermögensvorteil zuwenden oder bestimmte Sachen vermachen.

Art. 484 ZGB
D. Vermächtnis / I. Inhalt
1 Der Erblasser kann einem Bedachten, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil als Vermächtnis zuwenden.
2 Er kann ihm eine einzelne Erbschaftssache oder die Nutzniessung an der Erbschaft im ganzen oder zu einem Teil vermachen oder die Erben oder Vermächtnisnehmer beauftragen, ihm Leistungen aus dem Werte der Erbschaft zu machen oder ihn von Verbindlichkeiten zu befreien.
3 Vermacht der Erblasser eine bestimmte Sache, so wird der Beschwerte, wenn sich diese in der Erbschaft nicht vorfindet und kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist, nicht verpflichtet.

Der Vermächtnisnehmer ist nicht Mitglied der Erbengemeinschaft und somit auch nicht Gesamteigentümer des Nachlasses. Der Vermächtnisnehmer hat einen (obligatorischen) Anspruch gegenüber der Erbengemeinschaft auf Herausgabe eines bestimmten Geldbetrages oder eines bestimmten Gegenstandes (Art. 562 und 601 ZGB).

Bei der Testamentseröffnung erhält der Vermächtnisnehmer nicht das ganze Testament zugestellt, sondern nur den Ausschnitt des Testaments, den ihn betrifft (Vermächtnisanzeige). Zudem kann er nicht gegen die Ausstellung des Erbscheins Einsprache erheben (vgl. Art. 559 ZGB). Der Vermächtnisnehmer hat somit – im Gegensatz zu den Erben – keinen umfassenden Anspruch auf Information in Bezug auf den Nachlass.

Wenn der Erblasser einem Erben einen bestimmten Vermögensgegenstand zuweist, ist diese Zuweisung von Gesetzes wegen als Teilungsvorschrift zu verstehen (Art. 608 Abs. 3 ZGB). Will der Erblasser dem Erbe diesen Vermögensgegenstand zusätzlich zu seinem Erbteil zuweisen (sogenanntes Vorausvermächtnis), so muss sich dies klar aus dem Testament (oder Erbvertrag) ergeben. Hat der Erblasser ein Vermächtnis zugunsten eines Erben ausgesprochen, so kann dieser das Vermächtnis auch beanspruchen, wenn er das Erbe ausgeschlagen hat (Art. 486 Abs. 3 ZGB).

4. Ersatzverfügung

Wenn ein eingesetzter Erbe oder ein Vermächtnisnehmer vor dem Erblasser verstorben ist, treten nicht dessen gesetzliche Erben an dessen Stelle, sondern es erben die gesetzlichen Erben des Erblassers (Art. 481 Abs. 2 ZGB), ausser der Erblasser sah in diesem Fall etwas anderes vor (Ersatzverfügung).

Art. 487 ZGB
E. Ersatzverfügung
Der Erblasser kann in seiner Verfügung eine oder mehrere Personen bezeichnen, denen die Erbschaft oder das Vermächtnis für den Fall des Vorabsterbens oder der Ausschlagung des Erben oder Vermächtnisnehmers zufallen soll.

Bsp.: Wenn Daniel den Erbfall nicht erlebt, dann erben seine Kinder zu gleichen Teilen. Hat er keine Nachkommen, so setze ich das Schweizerische Rote Kreuz und die Stiftung Sozialwerke Pfarrer Sieber zu gleichen Teilen als Erben ein.

In diesem Zusammenhang sollte der Erblasser den Ersatzerben nicht als „Nacherben“ bezeichnen, da mit diesem Begriff etwas anderes gemeint ist.

Eine Ersatzverfügung ist auch in Bezug auf den Willensvollstrecker möglich.

Bsp.: Ich setze Rechtsanwalt Maag als Willensvollstrecker ein. Sollte dieser den Erbgang nicht erleben oder sollte dieser das Mandat ablehnen, so setze ich die Zürcher Kantonalbank als Willensvollstreckerin ein.

5. Teilungsvorschriften

Der Erblasser kann den Erben verbindliche Vorschriften über die Teilung des Nachlasses machen.

Art. 608 ZGB
B. Ordnung der Teilung / I. Verfügung des Erblassers
1 Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen seinen Erben Vorschriften über die Teilung und Bildung der Teile zu machen.
2 Unter Vorbehalt der Ausgleichung bei einer Ungleichheit der Teile, die der Erblasser nicht beabsichtigt hat, sind diese Vorschriften für die Erben verbindlich.
3 Ist nicht ein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich, so gilt die Zuweisung einer Erbschaftssache an einen Erben als eine blosse Teilungsvorschrift und nicht als Vermächtnis.

Bsp.: Meine Ehefrau bekommt das Haus in Zollikon sowie das von der Zürcher Kantonalbank verwaltete Vermögen. Mein Sohn bekommt die Aktien der Familien-AG sowie die Ferienwohnung in Valbella.

6. Auflagen und Bedingungen

Verfügungen von Todes wegen können mit Auflagen und Bedingungen versehen werden.

Art. 482 ZGB
B. Auflagen und Bedingungen
1 Der Erblasser kann seinen Verfügungen Auflagen oder Bedingungen anfügen, deren Vollziehung, sobald die Verfügung zur Ausführung gelangt ist, jedermann verlangen darf, der an ihnen ein Interesse hat.
2 Unsittliche oder rechtswidrige Auflagen und Bedingungen machen die Verfügung ungültig.
3 Sind sie lediglich für andere Personen lästig oder sind sie unsinnig, so werden sie als nicht vorhanden betrachtet.
4 Wird ein Tier mit einer Zuwendung von Todes wegen bedacht, so gilt die entsprechende Verfügung als Auflage, für das Tier tiergerecht zu sorgen.

Wenn ein Erbe mit einer Bedingung verknüpft ist, erbt der Erbe erst, wenn die Bedingung erfüllt ist. Wenn ein Erbe mit einer Auflage verknüpft ist, erbt der Erbe auch, wenn er die Auflage nicht erfüllt.

Bsp. Bedingung: Daniel erhält die Aktien der Familien-AG, wenn er sein Universitätsstudium mit dem Master abgeschlossen hat.

Bsp. Auflage: Daniel erhält 50’000.‒ Fr. Mit diesem Geld soll er seine Ausbildung finanzieren.

Sittenwidrige oder rechtswidrige Auflagen und Bedingungen machen die gesamte Verfügung ungültig (Art. 482 Abs. 2 ZGB). Das Testament (oder der Erbvertrag) ist folglich nichtig und entfaltet überhaupt keine Rechtswirkungen. Sind die Auflagen und Bedingungen dagegen einfach nur lästig, unsinnig oder gar unmöglich, so werden diese als nicht vorhanden betrachtet (Art. 482 Abs. 3 ZGB). Mit anderen Worten ist das Testament (oder der Erbvertrag) nicht vollkommen, sondern nur teilweise ungültig, nämlich bezüglich der Auflage oder der Bedingung. Ob am Schluss eine Bedingung als sittenwidrig oder nur als lästig zu bewerten ist, ist eine Auslegungsfrage, deren Beantwortung häufig schwierig ist.

Sittenwidrig ist namentlich eine Bedingung, welche die höchstpersönliche Sphäre des Begünstigten betrifft. So kann der Erblasser nicht verlangen, dass der eingesetzte Erbe nur erbt, wenn er im Erbfall verheiratet ist oder eine gewisse Anzahl Kinder hat oder dass der Erbe einer bestimmten Religion oder politischen Partei angehören müsse.

Bei rechts- und sittenwidrigen Bedingungen und Auflagen sind Testament und Erbvertrag nicht von Gesetzes wegen nichtig. Es gilt das Anfechtungsprinzip. Die Nichtigkeit muss mit der Ungültigkeitsklage festgestellt werden (Art. 519 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB).

Lästige, unsinnige und unmögliche Bedingungen sind dagegen von Gesetzes wegen nichtig. Dies ist eine Ausnahme von dem im Erbrecht vorherrschenden Anfechtungsprinzip.

Zulässig ist dagegen die sogenannte privatorische Klausel. Nach dieser kann der Erblasser verfügen, dass, wenn ein gesetzlicher Erbe das Testament anficht, dieser auf den Pflichtteil gesetzt wird.

7. Nacherbeneinsetzung

Mit einer Nacherbeneinsetzung kann der Erblasser testamentarisch die Begünstigung von zwei Personen miteinander verknüpfen. Zunächst erbt der Vorerbe, danach erbt der Nacherbe (Art. 488 Abs. 1 ZGB). Nacherbeneinsetzungen (ab Nacherbe Nr. 2) sind dagegen unzulässig (Art. 488 Abs. 2 ZGB).

Der Vorerbe ist grundsätzlich ein ganz normaler Erbe (Art. 491 Abs. 1 ZGB). Jedoch muss er die Vorerbschaft sicherstellen, damit sie später dem Nacherben ausgeliefert werden kann (Art. 491 Abs. 1 und Art. 490 Abs. 2 ZGB), allenfalls durch Anordnung der Erbschaftsverwaltung (Art. 490 Abs. 3 ZGB). Wenn der Vorerbe den Tod des Erblassers nicht erlebt oder die Erbschaft ausschlägt, so erbt der Nacherbe (Art. 492 Abs. 3 ZGB).

Der Nacherbe erwirbt die Erbschaft im Zeitpunkt, den der Erblasser bestimmt hat, in der Regel beim Tod des Vorerben (Art. 492 Abs. 1 i.V.m. Art. 489 ZGB). Wenn der Nacherbe diesen Zeitpunkt jedoch nicht erlebt, so verbleibt die Erbschaft beim Vorerben (Art. 492 Abs. 2 ZGB).

Eine Nacherbeneinsetzung ist auch in Bezug auf Vermächtnisse möglich (Art. 488 Abs. 3 ZGB: Vorvermächtnisnehmer, Nachvermächtnisnehmer).

Das Hauptproblem der Nacherbeneinsetzung ist, dass der Vorerbe nicht frei über die Vorerbschaft verfügen kann. Seine Rechtsstellung ist vergleichbar mit der eines Nutzniessers. Darum muss sichergestellt werden, dass die Vorerbschaft vom sonstigen Vermögen unterschieden werden kann, weshalb ein teures Nacherbschaftsinventar durch den Einzelrichter im summarischen Verfahren angeordnet werden muss (Art. 490 Abs. 1 ZGB), der mit der Erstellung den zuständigen Notar beauftragt.

Der Erblasser kann den Vorerben jedoch von der Sicherstellungspflicht auch entbinden (Art. 490 Abs. 2 ZGB). Man spricht hier von einer Nacherbeneinsetzung „auf den Überrest“. Der Nacherbe erbt dann nur noch das, was von der Vorerbschaft noch vorhanden ist. In diesem Fall wird praxisgemäss auf Sicherungsmassnahmen verzichtet.

Insgesamt sind Nacherbeneinsetzungen nicht zu empfehlen, da sie kompliziert und teuer sind. Besser ist eine Lösung mittels Erbvertrag anzustreben, namentlich machen Nacherbeneinsetzungen „auf den Überrest“ wenig Sinn.

8. Erbverzicht

Ein Erbverzicht kann nur in einem Erbvertrag erfolgen (Art. 495 Abs. 1 ZGB). Da nur der Erbe aufs Erbe verzichten kann, kann logischerweise in einem Testament kein Erbverzicht erfolgen.

Ein Erbverzicht kann unentgeltlich oder entgeltlich (Erbauskauf) erfolgen. Beim Erbauskauf wird dem Erben ein gewisser Vermögensvorteil (zu Lebzeiten oder im Erbfall) zugewendet, dafür verzichtet er jedoch auf weitergehende erbrechtliche Ansprüche.

Der Erbverzicht hat namentlich zur Folge, dass der Verzichtende bei der Testamentseröffnung nicht als Erbe betrachtet wird (Art. 495 Abs. 2 ZGB). Der Erbverzicht wirkt auch gegenüber den Nachkommen des Verzichtenden, ausser der Erbvertrag sieht etwas anderes vor (Art. 495 Abs. 3 ZGB).

9. Delegation von Entscheidungen

Es ist unzulässig, dass der Erblasser im Testament oder Erbvertrag Entscheidungen an Erben oder andere Personen delegiert, weil dies nicht der gesetzlichen Form von Verfügungen von Todes wegen entspricht.

Bsp.: Meine Ehefrau kümmert sich um die Aufteilung des Nachlasses und bestimmt, wer was bekommt.

Bsp.: Daniel bestimmt, wenn Anna vorverstorben ist, wer an ihrer Stelle erben soll.

10. Rechtswahl („professio iuris“)

Ausländer mit letztem Wohnsitz in der Schweiz können den Nachlass ihrem Heimatrecht unterstellen. Damit kann man die gesetzliche Erbfolge beeinflussen oder sogar das schweizerische Pflichtteilsrecht ausschalten.

Art. 90 IPRG
(…)
2 Ein Ausländer kann jedoch durch letztwillige Verfügung oder Erbvertrag den Nachlass einem seiner Heimatrechte unterstellen. Diese Unterstellung fällt dahin, wenn er im Zeitpunkt des Todes diesem Staat nicht mehr angehört hat oder wenn er Schweizer Bürger geworden ist.

Schweizer mit letztem Wohnsitz im Ausland können den Nachlass dem Recht des letzten Wohnsitzes unterstellen.

Art. 91 IPRG
(…)
2 Soweit nach Artikel 87 die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig sind, untersteht der Nachlass eines Schweizers mit letztem Wohnsitz im Ausland schweizerischem Recht, es sei denn, der Erblasser habe in der letztwilligen Verfügung oder im Erbvertrag ausdrücklich das Recht an seinem letzten Wohnsitz vorbehalten.