Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierung zur Durchsetzung von Kontakten zum nicht obhutsberechtigten Elternteil

Nicht selten streiten sich die Kindeseltern bei Gericht oder bei der KESB um die Betreuung der Kinder. Sollte keine Einigung erzielt werden können, müssen schliesslich das Gericht oder die KESB eine Betreuungsregelung autoritativ festsetzen. Was passiert jedoch, wenn sich ein Elternteil, meist die Mutter, sich nicht an die Betreuungsregel hält und den Kontakt des anderen Elternteils, meist der Vater, zum Kind hintertreibt? Leider nicht viel! Die Kindesmutter hat wegen ihres Kindeswohl gefährdenden Verhaltens wenig zu befürchten. In Konfliktsituationen werden zwar regelmässig Beistandspersonen eingesetzt, aber diese sind vollkommen machtlos, weil sie auf die Kooperation der Kindeseltern angewiesen sind. Zudem wird meist auf Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung der Betreuungsregung verzichtet, da das Gericht oder die KESB den Aufwand scheuen bzw. da diese sich hinter dem Argument verstecken, dass Zwangsmassnahmen selbst kindeswohlgefährdend seien. Eine Betreuungsregung kann somit praktisch gar nicht vollstreckt werden, wenn sich die Kindesmutter dagegen wehrt. Ohne deren Goodwill bleibt auch die bestgemeinte Betreuungsregelung toter Buchstabe. Allein die Kindesmutter bestimmt schliesslich, ob und wie viel Kontakt der Kindesvater mit seinem Kind haben kann.

Damit Betreuungsregelungen überhaupt vollstreckt werden können, muss zunächst in einem Vollstreckungsverfahren (Art. 335 ff. ZPO) ein Vollstreckungstitel erstritten werden. Erst damit kann die Betreuungsregelung überhaupt vollstreckt werden. In strittigen Fällen, bei denen befürchtet werden muss, dass der Betreuungsregelung nicht nachgelebt wird, können bereits das in der Sache zuständige Gericht bzw. KESB mit dem Entscheid über die Betreuung Zwangsmassnahmen verfügen.

Art. 236 ZPO
Endentscheid
(…)
3 Auf Antrag der obsiegenden Partei ordnet es Vollstreckungsmassnahmen an.

Art. 337 ZPO
Direkte Vollstreckung
1 Hat bereits das urteilende Gericht konkrete Vollstreckungsmassnahmen angeordnet (Art. 236 Abs. 3), so kann der Entscheid direkt vollstreckt werden.
(…)

Das Obergericht hielt in einem Urteil vom 2. September 2019 (PQ190029) fest, dass der persönliche Kontakt mit Zwang durchgesetzt werden könne:

Art. 273 ZGB, Art. 307 ZGB, Kontakte werden notfalls erzwungen. Wenn ein Elternteil die Kontakte des Kindes zum andern konsequent hintertreibt, kann notfalls Zwang angewendet werden.

2.4.3.2. Vorab ist festzuhalten, dass Besuche/Kontakte von Gino zum Vater im Rahmen, wie diese bis gegen Ende 2016 stattgefunden haben und was der Vater gerne umgesetzt haben möchte, einstweilen nicht angeordnet werden können. Dies gründet aber klarerweise nicht in mangelnder Erziehungskompetenz des Vaters oder darin, dass er sich gravierender Verfehlungen schuldig gemacht hätte. Die Abweisung regulärer Besuchskontakte ist einzig der ablehnenden Haltung der Mutter geschuldet bzw. dem Umstand, dass wegen Ginos Weigerung seit 2 2/3 Jahren kein Kontakt mehr stattgefunden hat. Dies hat bereits der Bezirksrat unter Bezugnahme auf das Gutachten zu Recht erwogen.
(…)
2.4.4.2. Der Rechtsvertreter des Vaters beantragt wie erwähnt zur Durchführung der Erinnerungskontakte den Ausbau der Kompetenzen der Beiständin. Nach Art. 236 Abs. 3 ZPO i.V.m. Art. 337 Abs. 1 ZPO kann das Gericht auf Antrag der obsiegenden Partei – in Kinderbelangen auch von Amtes wegen (Art. 296 Abs. 3 ZPO) – Vollstreckungsmassnahmen anordnen.

Aufgrund der von der Mutter eingenommenen Weigerungshaltung kann nicht angenommen werden, dass sie Gino nur schon zu einem Erstgespräch mit Frau Dr. F. bringen wird, welche die Erinnerungskontakte durchzuführen sich bereit erklärt hat und welche auch bereit ist, das Erstgespräch mit Gino in den Räumlichkeiten der KESB X abzuhalten. Die Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB ist allein ebenfalls nicht zielführend, da damit noch kein Erstgespräch zustande kommt. Im Übrigen ist die Durchführung dieser Erinnerungskontakte dringlich, da seit mehr als 2 ½ Jahren kein Kontakt mehr zwischen Vater und Sohn stattgefunden hat und der zunehmende Zeitablauf die Ängste nicht verkleinert, sondern vergrössert, und die Weigerungshaltung zementiert. Damit das vorgesehene Erstgespräch überhaupt möglich wird, ist die Kantonspolizei Zürich unter Hinweis auf Art. 343 Abs. 1 lit. d ZPO i.V.m. § 147 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 GOG zu beauftragen, nach vorgängig terminlicher Absprache der Beiständin mit Frau Dr. F. Gino vorerst zum vorgesehenen Erstgespräch und hernach zu den anberaumten Erinnerungskontakten zu bringen, sofern sich die Mutter weigern sollte, Gino das Erstgespräch und die Erinnerungskontakte zu ermöglichen. Die Kantonspolizei Zürich ist hierbei zu ermächtigen, Gino dort abzuholen, wo er sich aufhält, und zu den vereinbarten Erinnerungskontakten zu bringen und die erforderlichen Zwangsmassnahmen anzuwenden. Es ist darauf hinzuweisen, das dieser Entscheid mit seiner Eröffnung vollstreckbar wird, da einer Beschwerde an das Bundesgericht keine aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 103 Abs. 1 BGG).
(…)

Es wird erkannt:

1. Das Dispositiv des Entscheides des Bezirksrates X vom 8. März 2019 wird durch folgende Fassung ersetzt:

„I. Es werden für Gino … und [den Vater] für das Jahr 2019 zwei und für das Jahr 2020 vier Erinnerungskontakte bei Dr. phil. F., angeordnet.

II. Doris R. wird die Weisung erteilt, dafür besorgt zu sein, dass Gino an allen im Zusammenhang mit den Erinnerungskontakten stehenden Terminen teilnimmt, unter Androhung von Strafe gemäss Art. 292 StGB. Art. 292 StGB lautet „Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft“.

Überdies wird die Kantonspolizei Zürich ermächtigt, Gino dort abzuholen, wo er sich aufhält, und zum Erstgespräch und den Erinnerungskontakten bei Dr. phil. F. zu bringen, und die dafür erforderlichen Zwangsmassnahmen anzuwenden.

III. [dem Vater] wird die Weisung erteilt, an allen im Zusammenhang mit der Erinnerungskontakten stehenden Terminen teilzunehmen.

IV. Doris R. und [dem Vater] wird die Weisung erteilt, ihre Elternkonflikte sowohl direkt als auch indirekt von Gino fernzuhalten.
(…)

Zwangsmassnahmen sind zwar schön und recht, was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass mit polizeilichen Mitteln nur eine kleine Anzahl von Kontakten durchgesetzt werden kann. Man kann ja nicht jedes Mal die Polizei vorbeischicken. Längerfristig sind polizeiliche Zwangsvollstreckungen deshalb keine erfolgversprechende Lösung. Die obstruierende Kindesmutter kann deshalb trotz Zwangsmassnahmen schliesslich ihren eigenen Willen trotzdem durchsetzten. Auch die Androhung einer Strafe wegen Missachtung von behördlichen Verfügungen bewirkt nicht viel. Verlierer sind das Kind und der Kindesvater.

Meines Erachtens sollten Gerichte und KESB viel härter einschreiten und als ultimo ratio auch nicht davor zurückschrecken, der obstruierenden Kindesmutter – zumindest zeitweise – die Obhut zu entziehen und das Kind beim Kindesvater oder fremd zu platzieren, selbst wenn dies eine grosse Belastung für das Kind darstellt. Nur eine klare Ansage kann die nicht kooperative Kindesmutter allenfalls zu einer Verhaltensänderung bewegen. Da es sich regelmässig um Fälle des elterlichen Entfremdungssyndroms (PAS) handelt, sind solche massiven Eingriffe notwendig, um den Teufelskreis durchbrechen zu können. Wenn man schon von Anfang an auf Zwangsmassnahmen verzichtet, weil dadurch angeblich das Kindeswohl gefährdet sei oder man nicht an deren Erfolg glaubt, kommt das einer Kapitulation des Rechtsstaates gleich. Das Kindeswohl ist erst recht gefährdet, wenn man das Kind seiner gestörten Mutter überlässt. Einzig in Rahmen von internationalen Kindesentführungen greift die Justiz durch, denn dort spielt das Kindeswohl nur eine untergeordnete Rolle. Was bei internationalen Kindesentführungen möglich ist, sollte auch bei der Durchsetzung von Betreuungsregelungen möglich sein.

Die KESB Basel-Stadt versuchte in einem hochstrittigen Fall, durch eine Fremdplatzierung der Tochter die obstruierende Kindesmutter zur Raison zu bringen, jedoch wurde die KESB schliesslich vom Appellationsgericht zurückgepfiffen (Urteil vom 28. November 2018, VD.2018.86). Eine obstruierende Kindesmutter wurde folglich einmal mehr geschützt. Die Message, welche das Gericht an alle gestörten Mütter sendet, ist, dass sich Obstruktion lohnt. Und das Kindeswohl bleibt endgültig auf der Strecke. Und der Kindesvater auch.

I. C, geboren am […] 2009, ist die Tochter von A (Beschwerdeführerin, Mutter) und B (Beigeladener, Vater). Die ehemals verheirateten und laut Akten seit 2014 geschiedenen Eltern leben bereits seit August 2009 getrennt. Der Mutter wurde im Rahmen der Regelung des Getrenntlebens mit Entscheid des Einzelgerichts in Familiensachen vom 14. Dezember 2009 die Obhut über ihre Tochter übertragen und dem Vater ein minimales Besuchsrecht von jedem Mittwoch- und Samstagnachmittag von je viereinhalb Stunden eingeräumt, mit der Möglichkeit der Abänderung durch individuelle Abrede. (…)

II. Es entwickelte sich rasch eine Auseinandersetzung um das Besuchsrecht. (…)

Allerdings gestaltete sich die Durchführung der Besuche, trotz dieser Unterstützungen, weiterhin sehr schwierig (vgl. Bericht Beiständin vom 4. Juni 2015, act. 8 S. 1015 ff.). (…)

III. (…)
Die Verhandlung der KESB fand am 16. März 2018 in Abwesenheit der Beschwerdeführerin und ihres Vertreters statt (Verhandlungsprotokoll, act. 8 S. 408 ff.). Im Anschluss an die Verhandlung wurde der Mutter mit Beschluss der KESB vom gleichen Tag (act. 1) gestützt auf Art. 310 Abs. 1 ZGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht über C entzogen und die Platzierung des Kindes im Übergangsheim […], Basel, angeordnet. Die Beiständin wurde ersucht, für C einen geeigneten längerfristigen Platzierungsort zu finden und der Kindesschutzbehörde einen Antrag auf Umplatzierung zu stellen (Ziff. 1). Der Beiständin wurde gestützt auf Art. 450g Abs. 3 ZGB die Befugnis erteilt, für die Umsetzung dieser Umplatzierung, soweit erforderlich, polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls die Mitwirkungspflicht zwangsweise durchzusetzen zu lassen (Ziff. 7). Gleichzeitig wurde eine Überprüfung dieser Anordnung nach acht Monaten in Aussicht genommen (Ziff. 2). Für die Dauer der Unterbringung von C wurde die Beiständin beauftragt und ermächtigt, die Besuchskontakte der Elternteile in Zusammenarbeit mit dem P in Bezug auf Umfang, Dauer und Frequenz festzulegen, wobei grundsätzlich beide Elternteile gleichberechtigt sein sollen (Ziff. 3). Weiter wurde die Beiständin ersucht, schnellstmöglich für C eine kinderpsychiatrische Begleitung in die Wege zu leiten (Ziff. 4). Die Eltern wurden gemäss Art. 307 ZGB angewiesen, bei einer von der Kindesschutzbehörde noch zu benennenden Fachstelle je einzeln eine psychotherapeutische Begleitung zur Aufarbeitung der Konfliktgeschichte und zur künftigen Ermöglichung einvernehmlicher Besuchsregelungen in Anspruch zu nehmen (Ziff. 5). (…)

4.2 Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Beschwerdeführerin über ihre Tochter aufgehoben und sich dabei auf Art. 310 Abs. 1 ZGB gestützt.

Zur Begründung hat die Vorinstanz im Wesentlichen erwogen, dass ein Kind gemäss der genannten Bestimmung den Eltern wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen sei, wenn seiner Gefährdung nicht anders begegnet werden könne. Dabei wies die Vorinstanz zunächst darauf hin, dass von allen Fachleuten und involvierten Parteien sowie deren Umfeld mannigfach bestätigt und betont wurde, dass die Mutter C adäquat pflege und ihre Grundbedürfnisse decke (Entscheid KESB Ziff. 54). Vorliegend bestehe zwischen den Eltern ein seit Jahren andauernder Konflikt um die Ausübung des Besuchsrechts zwischen der Tochter und ihrem Vater. Trotz angeordneten, seit anfangs 2011 durch die Mutter selbst oder verschiedenste Fachpersonen begleiteten Besuchskontakten habe die Mutter bei keiner der ambulanten Regelungen dauernd und konstruktiv mitgewirkt. In den letzten zwei Jahren habe der Vater seine Tochter bloss noch sechs Mal sehen dürfen, wobei der letzte Kontakt am 2. Juni 2017 stattgefunden habe (Ziff. 49). Soweit die Beschwerdeführerin dem Vater vorgeworfen habe, gegenüber seiner Tochter nach der Trennung im Jahr 2010 sexuelle Übergriffe verübt zu haben, bezog sich die Vorinstanz auf die Abklärung dieser Vorwürfe durch Dr. F und lic. phil. G im Gutachten E vom 25. Oktober 2011. Den Gutachterinnen seien dabei damals die extrem unangemessenen und überfordernden Erwartungen der Mutter an ihr Kind aufgefallen. So habe sie von C Aussagen zu Erlebnissen mit dem Vater in einem Zeitraum erwartet, in welchem dem Kind die Sprachfähigkeit gefehlt hat. Es bestehe nicht der geringste Anhaltspunkt im Gutachten, dass ein Missbrauch stattgefunden haben könnte.

Zur Beurteilung des Vorliegens einer erheblichen, nicht anders abwendbaren Kindeswohlgefährdung durch die bestehende Störung des Kontakts von C zu ihrem Vater bezog sich die Vorinstanz insbesondere auf das Gutachten E vom 25. Oktober 2011, auf den Bericht J von Dr. K vom 21. September 2012, einen Bericht von Dr. L vom I vom 20. Dezember 2013 (act. 8 S. 1093; nachfolgend Bericht Dr. L) und den Zwischenbericht P vom 25. Oktober 2017 sowie auf die Aussagen des Sachverständigen O anlässlich der vorinstanzlichen Verhandlung. Gestützt darauf kam die Vorinstanz mit dem Sachverständigen O zum Schluss (vgl. Entscheid KESB Ziff. 62 ff.), dass C in der Obhut ihrer Mutter nicht so geschützt und gefördert werde, wie es für ihre geistige Entfaltung nötig wäre. Es liege „eine latente sowie erhebliche Kindeswohlgefährdung durch die fehlende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft sowie Bindungsfähigkeit“ der Mutter vor. Die Erfahrungen seit Dezember 2010 hätten gezeigt, dass ambulante Kindesschutzmassnahmen von Seiten der Mutter nicht in dem Masse unterstützt werden könnten, dass sie über längere Zeit funktionierten. Die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs sowie die Ängste der Mutter, dass der Vater C nicht adäquat betreuen und beschützen könne, seien letztlich, selbst wenn von der Mutter tatsächlich so wahrgenommen und gefühlt, Ausflüchte, um ihre Verweigerungshaltung gegenüber dem Ausbau einer gelebten Vater-Tochter-Beziehung zu legitimieren. Eine weitere, unsichere Besuchsregelung würde zur Fortsetzung eines unerträglichen Zustands führen. Deshalb sei der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts von C im jetzigen Zeitpunkt nötig und verhältnismässig, um ihr mit der Platzierung an einem neutralen Ort die Gleichberechtigung beider Elternteile aufzeigen zu können. Da diese Fremdplatzierung für C eine einschneidende Veränderung mit sich bringe, sei eine kinderpsychiatrische Begleitung für sie in die Wege zu leiten. Zudem seien die Eltern gestützt auf Art. 307 ZGB anzuweisen, bei einer von der Kindesschutzbehörde noch zu benennenden Fachstelle je einzeln eine psychotherapeutische Begleitung zur Aufarbeitung der Konfliktgeschichte sowie zur Gewährleistung von künftig einvernehmlichen Besuchsregelungen wie auch zur bestmöglichen Unterstützung ihrer Tochter während der Fremdplatzierung in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens hält die Vorinstanz an dieser Auffassung fest.
(…)
10.3 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Kindeswohl von C durch die mangelnde Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft sowie die eingeschränkte Bindungstoleranz der Beschwerdeführerin in Bezug auf den Vater beeinträchtigt ist.

Auffallend ist weiter die grosse Symbiose zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter. So hat C, immerhin bald 10 Jahre alt, anlässlich ihrer Anhörung im November 2018 erklärt, sie übernachte ungefähr die Hälfte der Zeit im Bett der Mutter – obwohl sie eigentlich oft alleine einschlafen wolle und dies auch sage. Die Mutter vergesse dies aber, und dann sei sie auch schon eingeschlafen. Der Gutachter hat diesbezüglich nachvollziehbar festgehalten, dass insoweit die für den Individualisierungsprozess des Kindes wichtige Abgrenzung der Mutter fehle und dass dies ein Hinweis auf eine symbiotische Beziehung sei (vgl. Verhandlungsprotokoll S. 10, 21). Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin den Wunsch der Tochter nach Abgrenzung ignoriert, unterstreicht den Eindruck, dass sie wichtige seelische und psychische Bedürfnisse der Tochter teilweise übergeht.
(…)
11.1 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob diese bestehende Kindeswohlgefährdung die angeordnete Massnahme der Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Fremdplatzierung zu rechtfertigen vermag. Diese Frage wird insbesondere unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit zu klären sein. So muss die Massnahme geeignet, also tauglich zur Behebung der Kindeswohlgefährdung, und zumutbar sein, also dem Grad der Bedrohung des Kindes entsprechen sowie den erstrebten Nutzen und mögliche Nachteile vernünftig abwägen (vgl. Biderbost , in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Auflage 2016, Art. 307 N 11 ff.). Ausserdem sind die Prinzipien der Subsidiarität, der Komplementarität und der Proportionalität zu wahren (vgl. oben E. 5.1 und BGer 5A_724/2015 vom 2. Juni 2016 E. 6.3 mit Hinweisen).

11.4.1 Es ist oben bereits erwähnt worden, dass auch Schreiner (a.a.O., Anh. Psych N 354) anerkennt, dass die klinische Praxis Fallkonstellationen kenne, die durch eine Zwangsmassnahme, wozu auch der Antrag auf Entzug der Obhut zu zählen ist, in Kombination mit klärenden und stützenden Beratungsgesprächen und einem alternativen Handlungsplan eine Aufweichung der festgefahrenen Situation und eine erneute Etablierung von Kontakten ermöglichen können. Die von der Vorinstanz angeordnete und vom Sachverständigen empfohlene Kindeschutzmassnahme könnte somit grundsätzlich geeignet sein, der Gefährdung des Kindeswohls von C zu begegnen.

11.4.2 Allerdings hat Dr. O an der Verhandlung vor Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass man ab dem Zeitpunkt, an welchem das Kind keine positiven Anteile des anderen Elternteiles mehr sieht, nicht mehr fremdplatzieren kann, und dass man sich diesem Zeitpunkt nähere (Verhandlungsprotokoll S. 11, 16). Bereits bei ihrer Anhörung im November 2018 hat C allerdings nichts mehr Positives an ihrem Vater ausmachen können. Vor diesem Hintergrund scheinen die Aussichten einer Fremdplatzierung beeinträchtigt und somit die Eignung der angefochtenen Massnahme im jetzigen Zeitpunkt ohnehin fraglich.

11.4.3.1 Bei der Wahl geeigneter Massnahmen zum Schutz des Kindeswohls ist zu beachten, dass auch die Stabilität und die Kontinuität der Betreuung eines Kindes für dessen Entwicklung von zentraler Bedeutung sind.
(…)
11.4.3.4 Mit einer Fremdplatzierung würde die Kontinuität und die Stabilität der Verhältnisse zumindest für deren in Aussicht genommene Dauer von 8 Monaten unterbrochen. Eine Umteilung der Obhut, erst recht aber eine Fremdplatzierung eines Kindes in eine Institution oder in eine Pflegefamilie, ist schon per se ein heikles Unterfangen. Zudem fällt auch der Faktor Zeit ins Gewicht: Je länger ein Verfahren dauert, desto problematischer wird eine Obhutsumteilung gegen den Kindeswillen und desto mehr gewinnt das Kriterium der Stabilität der Verhältnisse an Bedeutung (vgl. BGer 5A_354/2010 vom 6. April 2011 E. 4.3). C lebt seit ihrer Geburt, das heisst seit über 9 Jahren, bei ihrer Mutter; seit rund 8 Jahren bestehen Streitigkeiten um das Besuchsrecht und ein entsprechender Loyalitätskonflikt. Seit März 2018, d.h. seit rund 8 Monaten, lebt sie gar in der Ungewissheit über eine allfällige Heimplatzierung. Unter diesen Umständen wäre eine Fremdplatzierung, und sei sie auch bloss temporär, zweifellos eine enorme Belastung für das Kind.

Darüber hinaus kann den Ausführungen des Gutachters anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung entnommen werden, dass die Reaktion der Beschwerdeführerin auf eine solche Massnahme nicht abgeschätzt werden kann. Diesbezüglich ist festzustellen, dass ihr die Fähigkeit zur Bearbeitung ihrer eigenen Haltungen vom Gutachter weitgehend abgesprochen wird. Im Gutachten wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin auch in Zukunft nicht bereit sein werde, die väterlichen Kontakte von C zu unterstützen (Zwischenbericht P vom 25. Oktober 2017 S. 53 f.). Auch an der Verhandlung vor Verwaltungsgericht hat der Gutachter festgehalten, dass die Möglichkeit bestehe, dass sich bei der Haltung und der Sichtweise der Mutter keine Veränderung einstelle, was dann Auswirkungen auf die Frage: „wie weiter“ habe (Verhandlungsprotokoll S. 12).

Dem entspricht auch, dass die Beschwerdeführerin in eine Umgebung eingebunden ist, die sich stark mit ihr solidarisiert und ihre feindselige Ablehnung des Vaters ihrer Tochter offensichtlich uneingeschränkt teilt. Dies fängt an bei ihren eigenen Eltern, denen ein wesentlicher Einfluss nachgesagt wird. Zu dieser Umgebung zählen aber auch die Kinderärzte von C und insbesondere die Schule und das schulische Umfeld. Das Umfeld teilt die Sicht der Mutter und übernimmt auch deren Annahme, dass das Kind beim Vater sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen ist und sein wird (vgl. Schreiben Eltern A und B vom 2. Oktober 2017, act. 8 S. 597; Aktennotiz betreffend Telefonat mit AA vom 17. Oktober 2017, act. 8 S. 584 f.) oder solidarisiert sich unter Annahmen, deren Grundlage nicht erkennbar ist, so etwa die Einschätzung der Schuleltern, die Mutter sei „stetig bemüht, den Kontakt zum Vater immer wieder auf Neue aufrecht zu erhalten“ (Schreiben vom März 2018, act. 8 S. 286). Selbst vor dem Hintergrund der drohenden Fremdplatzierung während des vorinstanzlichen Verfahrens und sogar nach dem entsprechenden Entscheid der Vorinstanz war die Beschwerdeführerin nicht bereit und in der Lage, ihre eigenen Haltungen zu bearbeiten. Trotz bestehenden Kontaktrechts des Vaters und trotz ihrer Verantwortung als Mutter mit alleinigem Sorgerecht hat sie nichts Zielführendes unternommen, um ihrer Tochter auch bloss einen minimalen Besuchskontakt während den laufenden Verfahren zu ermöglichen.

Vor diesem Hintergrund ist eine Veränderung ihrer Haltung während einer mehrmonatigen Fremdplatzierung mehr als fraglich (vgl. auch Verhandlungsprotokoll S. 12). Daraus folgt, dass eine weitere negative Beeinflussung von C durch die Mutter in ihrem Verhältnis gegenüber dem Vater sowohl während dieser Platzierung wie auch über deren Dauer hinaus als wahrscheinlich erwartet werden muss. Es erscheint daher prognostisch als überaus fraglich, ob bei der Wahl der Handlungsalternative Fremdplatzierung eine spätere Rückplatzierung von C zu ihrer Mutter überhaupt in Frage kommen kann, will man nicht eine erneute Belastung von C mit dem Beziehungskonflikt der Eltern in Kauf nehmen. An der Verhandlung vor Verwaltungsgericht hat der Gutachter dazu erklärt, dass, wenn sich keine Haltungsänderung der Mutter ergebe, „ehrlicherweise keine Rückplatzierung zur Mutter erfolgen könne (Verhandlungsprotokoll S. 16). Es besteht somit das Risiko, dass C schliesslich die Beziehung zur Beschwerdeführerin verlieren würde, was nach dem Gesagten ihr Wohl auch tangieren würde.
(…)
11.4.3.7 Insgesamt ist daher festzustellen, dass der vorinstanzliche Entscheid zu einer erheblichen Belastung von C führen wird, was notabene auch die Vorinstanz erkannt und deshalb die Einleitung einer kinderpsychiatrischen Begleitung von C angeordnet hat.

Diese erhebliche Belastung des Kindes durch die Fremdplatzierung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts allerdings ihrerseits geeignet, das Kindeswohl von C zu gefährden. So erwogen bereits Dr. F und lic.phil. G in ihrem Gutachten vom 25. Oktober 2011, „sollte die elterliche Obhut der Mutter entzogen werden, wäre dies eine Veränderung von Cs Lebensverhältnissen, was eine sicher grosse Belastung darstellen würde“. Aufgrund der seither gelebten jahrelangen Betreuung durch die Mutter und der unterdessen erfolgten Einschulung von C wäre diese Belastung heute umso grösser. Die Massnahme der Fremdplatzierung erscheint somit zwar grundsätzlich als geeignet, die Beziehung des Kindes zu seinem Vater ohne das diesbezüglich belastende Umfeld bei der Beschwerdeführerin neu zu begründen, wobei die Eignung im jetzigen Zeitpunkt ohnehin fraglich ist (E. 11.4.2) Gleichzeitig muss mit einer erheblichen Belastung des Kindes aufgrund des Bruchs mit dem Betreuungsumfeld bei der Mutter und dem Schulumfeld, somit letztlich mit dem gesamten aktuellen sozialen Umfeld, angenommen werden. Dabei erscheint überdies ungewiss, ob mit der Massnahme auf Dauer ein dem Kindeswohl gerechtes Setting etabliert werden könnte, welches nicht vom unbestrittenen Schock der gewählten Massnahme für das Kind belastet bleibt. Dieses Dilemma kann auch nicht durch eine kinderpsychiatrische Begleitung von C aufgehoben werden.

11.4.4 In Abwägung der gesamten Umstände erscheinen eine Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes der Beschwerdeführerin und die Fremdplatzierung von C nicht (mehr) geeignet und nicht verhältnismässig, um der Gefährdung ihres Kindeswohls angemessen zu begegnen. Das Verwaltungsgericht hebt unter diesen Umständen den angefochtenen Entscheid der KESB auf.