Mein Porsche, mein Hund

Wenn ein Ehepaar sich trennt, wird regelmässig ein Eheschutzverfahren angestrengt, um die Modalitäten der Trennung zu regeln, namentlich Obhut und Betreuung der Kinder, Benützung der ehelichen Wohnung und des Hausrats, Unterhaltsbeiträge, Anordnung der Gütertrennung (Art. 176 ZGB).

Das Einzelgericht im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Zürich musste sich in einem Eheschutzverfahren mit sehr wohlhabenden Parteien auch mit etwas spezielleren Streitobjekten beschäftigen und entschied mit Urteil vom 17. Juni 2014 unter anderem Folgendes.

6. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, den Wagen Porsche 911 Carrera der Gesuchstellerin samt allen Schlüsseln auf erstes Verlangen auszuhändigen.

11. Der Gesuchsgegner wird für berechtigt erklärt, den Familienhund „E.“ jedes Wochenende mit gerader Wochenzahl von Freitagabend, 18.00 Uhr, bis Sonntagabend, 18.00 Uhr, zur Betreuung auf eigene Kosten zu sich zu nehmen.

Der Gesuchsgegner akzeptierte dieses Urteil nicht und verlangte im Berufungsverfahren die Zuteilung des Porsches. Zudem beantragte er neu, dass der Hund in seine Obhut gegeben wird.

Das Obergericht es Kantons Zürich wies in seinem 82-seitigen Urteil vom 16. April 2015 (LE140070-O ) die Anträge des Gesuchsgegners ab:

4. Porsche 911 Carrera

4.1 Die Vorinstanz hat das Fahrzeug Porsche 911 Carrera der Gesuchstellerin zur Benützung zugeteilt und diesbezüglich erwogen, der Gesuchsgegner habe keine tatsächliche Zweckmässigkeit geltend gemacht, sondern lediglich auf mögliche Standschäden verwiesen (…).

4.2 Der Gesuchsgegner macht im Berufungsverfahren geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht auf das Kriterium der besseren Nutzung abgestellt. Stehe die Zuteilung eines Luxusgutes in Frage, seien für die Zuteilung im Eheschutzverfahren die Eigentumsverhältnisse massgebend, sofern die Trennung der Eheleute nicht bloss provisorischen Charakter habe. Entgegen der Gesuchstellerin sei er, der Gesuchsgegner, Eigentümer des besagten Fahrzeuges. Zwar habe er beabsichtigt, der Gesuchstellerin den Porsche 911 Carrera zum 50. Geburtstag zu schenken. Dazu sei es aber aufgrund der Trennung nicht mehr gekommen und ein Eigentumsübergang habe nicht stattgefunden (…).

4.3 Dem Gesuchsgegner ist insoweit zuzustimmen, als dass es sich grundsätzlich rechtfertigt, bei der Zuteilung von Luxusgütern nicht auf das bessere Nutzungsrecht, sondern auf die Eigentumsverhältnisse abzustellen. Diese sind im vorliegenden Verfahren aber unklar. Der Gesuchsgegner hält dafür, er habe das Fahrzeug der Gesuchstellerin zwar schenken wollen, was sich mit der Trennung aber erledigt habe. Nichtsdestotrotz ist unbestritten, dass die Gesuchstellerin und nicht der Gesuchsgegner als Fahrzeughalterin eingetragen ist und Letztere über eine Wechselnummer für ihren Mini Cooper und den Porsche 911 Carrera verfügt. Es deutet damit einiges darauf hin, dass der Gesuchsgegner seine unbestrittene Schenkungsabsicht bereits in die Tat umgesetzt hat und das Eigentum am Porsche 911 Carrera auf die Gesuchstellerin übergegangen ist. Eine abschliessende Klärung der Frage kann im vorliegenden summarischen Eheschutzverfahren unter diesen Umständen nicht erfolgen. Aus diesem Grund erscheint es nicht sachgemäss, auf die (unklaren) Eigentumsverhältnisse abzustellen. Dass die Gesuchstellerin das Fahrzeug während des ehelichen Zusammenlebens benutzt hat, ist unbestritten. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, hat der Gesuchsgegner seinerseits einzig die Vermeidung von Standschäden als Motiv für eine Zuteilung an ihn angegeben und damit keine tatsächliche Zweckmässigkeit geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund ist die von der Vorinstanz vorgenommene Zuteilung des Fahrzeuges an die Gesuchstellerin nicht zu beanstanden. Der Gesuchsgegner ist entsprechend zu verpflichten, der Gesuchstellerin das Fahrzeug Porsche 911 Carrera mit samt allen Schlüsseln auf erstes Verlangen auszuhändigen.

Bei der Zuteilung eines Luxusgutes wird also grundsätzlich nicht auf die Zweckmässigkeit, sondern auf die Eigentumsverhältnisse abgestellt. Da die Eigentumsverhältnisse vorliegend jedoch erstaunlicherweise unklar gewesen sind, wurde stattdessen dennoch auf das Zweckmässigkeitsargument abgestellt.

D. Zuteilung des Familienhundes E.

1. Vor Vorinstanz waren sich die Parteien einig, dass der Familienhund E. bei der Gesuchstellerin bleiben sollte, und strittig war einzig das Betreuungsrecht des Gesuchsgegners. Die Vorinstanz gestand dem Gesuchsgegner ein Betreuungsrecht für den Hund E. an jedem Wochenende mit gerader Wochenzahl von Freitag Abend, 18:00 Uhr, bis Sonntag Abend, 18:00 Uhr, zu (Urk. 86 Dispositiv-Ziffer 11). Während sich die Gesuchstellerin im Rahmen ihrer Berufung gegen ein solches Betreuungssrecht des Gesuchsgegners ausspricht (…), beantragt dieser in seiner Berufungsantwort neu, der Familienhund E. sei ihm zuzuteilen. Er begründet dies damit, dass die Gesuchstellerin neuerdings eine Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule absolviere und daher tagsüber ausser Hause und zur persönlichen Betreuung von E. nicht mehr in der Lage sei. Demgegenüber sei die Betreuung von E. durch ihn jederzeit sichergestellt (…).

2. Der neue Antrag des Gesuchsgegners stellt eine zulässige Klageänderung im Sinne von Art. 317 Abs. 2 ZPO dar. Die Betreuung von E. war bereits vor Vorinstanz Thema, womit der Antrag auf Zuteilung ohne Zweifel in einem sachlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Anspruch auf zeitweilige Betreuung des Hundes steht. Ausserdem beruht der Antrag auf der neuen Tatsache, dass die Gesuchstellerin eine tagesfüllende Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule absolviert. Inhaltlich hat der Antrag des Gesuchsgegner indes keine Aussicht auf Erfolg. Massgebend für die Zuteilung eines Haustieres ist in erster Linie das Tierwohl. Den Vorrang soll haben, wer für eine bessere Unterbringung sorgt (Art. 651a Abs. 1 ZGB). Dies wird je nach Eigenart des Tieres die Person sein, die mehr mit ihm vertraut ist, oder diejenige, welche in seinem gewohntem Lebensraum bleibt (Vetterli, in: Schwenzer [Hrsg.], FamKomm, Scheidung, Band I: ZGB, 2. Auflage, Bern 2011, Art. 176 N 19). Der Hund E. hat seit jeher in der ehelichen Wohnung an der …strasse … in Zürich gelebt, weshalb dies seinem gewohnten Umfeld entspricht. Dass die Gesuchstellerin und insbesondere die beiden Töchter, für welche der Familienhund in erster Linie angeschafft wurde, mit E. vertraut sind, steht ausser Frage. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, E. aus seinem gewohnten Lebensraum zu reissen. Die Argumentation des Gesuchsgegners, wonach eine Umteilung von E. aufgrund der ausbildungsbedingten Abwesenheit der Gesuchstellerin tagsüber zu erfolgen habe, verfängt nicht. Zum einen arbeitet auch der Gesuchsgegner in einem 100%-Pensum, weshalb eine persönliche Betreuung von E. durch den Gesuchsgegner ebenfalls nicht immer gewährleistet wäre. Hinzu kommt, dass die Betreuung von E. im Haushalt der Gesuchstellerin von drei Personen übernommen werden kann, da die beiden Töchter D. und C. bei der Gesuchstellerin wohnen. Auch wenn D. und C. Tagesschulen besuchen, ist die Wahrscheinlichkeit einer persönlichen Betreuung damit höher. Zudem verhält sich der Gesuchsgegner widersprüchlich, wenn er im vorinstanzlichen Verfahren die Zuteilung von E. an die Gesuchstellerin befürwortet, obwohl er gleichzeitig von der Gesuchstellerin die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im 100%-Pensum verlangt hat. Ob die Gesuchstellerin aufgrund ihrer Ausbildung oder infolge einer Erwerbstätigkeit abwesend ist, macht keinen Unterschied, weshalb nicht verständlich ist, warum der Gesuchsgegner im einen Fall die Zuteilung von E. an ihn verlangt und im anderen Fall nicht. Gesamthaft gesehen besteht damit kein Anlass, an der Zuteilung von E. an die Gesuchstellerin etwas zu ändern.

3. Ebenfalls keiner Korrektur bedarf das von der Vorinstanz für den Gesuchsgegner festgesetzte Betreuungsrecht. Dass sich E. beim Gesuchsgegner nicht wohl fühle (so die Gesuchstellerin in Urk. …), ist durch nichts erhärtet. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesuchsgegner nicht in der Lage wäre, E. eine geeignete Unterbringung und eine artgerechte Betreuung zu bieten. Der blosse Umstand, dass die Gesuchstellerin und die beiden Töchter den Familienhund an den Wochenenden nicht missen möchten, reicht nicht aus, um dem Gesuchsgegner ein Betreuungsrecht abzusprechen, nachdem auch der Gesuchsgegner einen Anspruch auf regelmässigen Umgang mit dem Familienhund hat.

Als ich die Begründung des Obergerichts las, fragte ich mich, ob ein Hund eigentlich ein Mensch sei. Die Argumentation ist jedenfalls absolut analog zur Regelung der Betreuung des Kindes, man muss nur Tierwohl durch Kindeswohl und Familienhund durch Kind ersetzten.