Kindesschutzmassnahme gegen Zwangsverheiratung

Das Bundesgericht befasste sich im Urteil vom 14. Juli 2023 (5A_388/2022) mit Folgendem:

A. C.A.________ (geb. 2008) ist die Tochter von B.A.________ (Mutter) und A.A.________ (Vater). Im Anschluss an Gefährdungsmeldungen der Schule U.________ sowie der Kantonspolizei Luzern aufgrund des Verdachts auf eine geplante Zwangsheirat eröffnete die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kreis Emmen (KESB) ein Verfahren zur Prüfung von Kindesschutzmassnahmen.

Mit Entscheid vom 9. November 2021 entzog die KESB den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das Kind, brachte dieses in der Notaufnahme der Institution D.________ unter und errichtete eine Erziehungsbeistandschaft. Zudem ernannte sie eine Beiständin und umschrieb deren Auftrag. Die Beiständin wurde gebeten, spätestens am 31. Oktober 2023 einen Bericht einzureichen und nötigenfalls Antrag über die Weiterführung, Änderung oder Abschreibung der Massnahme zu stellen. Mehr über „Kindesschutzmassnahme gegen Zwangsverheiratung“ Lesen

Wenn die KESB über die Impfung entscheidet

1. Uneinige Kindeseltern
BGE vom 16. Juni 2020 (BGE 146 III 313)

Sind die sorgeberechtigten Eltern darüber entzweit (vgl. Art. 301 Abs. 1 ZGB), ob ihr Kind gegen die Masern geimpft werden soll, hat die zuständige Behörde gestützt auf Art. 307 Abs. 1 ZGB in pflichtgemässer Ausübung ihres Ermessens anstelle der Eltern über die Durchführung dieser Massnahme zum Schutz der Gesundheit des Kindes zu entscheiden. Von den Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit darf die Behörde nur abweichen, wenn sich die Masernimpfung aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Falls nicht mit dem Kindeswohl verträgt (E. 4 und 6). Mehr über „Wenn die KESB über die Impfung entscheidet“ Lesen

Anfechtung der Entschädigung der amtlichen Verteidigung

Das Bundesgericht ging im Urteil vom 20. März 2023 (6B_532/2022) von Folgendem aus:

A. Die Rechtsanwältin A.________ hatte die amtliche Verteidigung in einem Strafverfahren übernommen.

Mit Urteil vom 8. Juni 2021 entschädigte das Bezirksgericht Meilen A.________ mit total Fr. 16’021.45, wobei es ihr Honorar um Fr. 9’820.95 kürzte (Dispositiv-Ziff. 10 und 12).

Gegen dieses Urteil meldete A.________ im Namen ihres Mandaten am 21. Juni 2021 Berufung an (kantonale Akten, act. 54) und reichte am 4. Februar 2022 die Berufungserklärung ein, dies unter anderem mit dem Antrag, die Entschädigung für die amtliche Verteidigung sei auf Fr. 25’842.40 festzusetzen (kantonale Akten, act. 65). Mehr über „Anfechtung der Entschädigung der amtlichen Verteidigung“ Lesen

Berufsbeistand statt Eltern

Das Obergericht ging im Urteil vom 6. Juni 2023 (PQ230006-O) von folgendem Sachverhalt aus:

1. Mit Entscheid vom 11. Januar 2022 entschied die KESB Bezirk Pfäffikon (nachfolgend KESB) für C._____, geb. tt.mm.2003, eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung zu errichten. Sie wies den Antrag der Eltern, A._____ und B._____, auf Einsetzung als Mandatsträger in der Beistandschaft ab und setzte als Beistandsperson D._____, Sozialdienst Bezirk Pfäffikon ZH, ein (BR-act. 3).

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Blau, Blau, Polizei

Als Anwalt habe ich regelmässig mit der Kantons- oder der Stadtpolizei zu tun. Ich habe da ein entspanntes Verhältnis zur Polizei, denn ich weiss, was deren Aufgabe ist. Ich höre schon den berechtigten Einwand, dass ich gut so reden könne, da ich die Polizei nicht als Beschuldigter kenne. Allerdings sollte sich auch jeder Beschuldigte über die Funktion der Polizei bewusst sein. Somit geht der Slogan „ ACAB“ (All Cops are Bastards, oder auf gut Deutsch: Alle Bullen sind Schweine) an der Realität vorbei. Da Polizisten das staatliche Zwangsmonopol repräsentieren, haben sie eine Vorbildfunktion. Sie sind ein Role Model, weswegen ihr Leumund tadellos sein muss. Jedoch menschelt es auch bei der Polizei, weshalb nicht alle Polizisten diesem Anspruch gerecht werden können. Auch bei der Polizei gibt es schwarze Schafe. Mehr über „Blau, Blau, Polizei“ Lesen

Der Rückschaufehler

Corona-Skeptiker sind Leute, die sich von einem rationalen und evidenzbasierten Denken verabschiedet und sich in eine Parallelwelt mit alternativen Fakten und alternativen Experten geflüchtet haben. Da eine gemeinsame Basis mit dem Rest der Gesellschaft fehlt, ist eine Diskussion mit diesen nicht möglich.

Um ihr eigenes Weltbild durchzusetzen, ist der Rückschaufehler eine beliebte Masche der Corona-Skeptiker. Dabei wird die Rechtmässigkeit von Corona-Massnahmen mit späteren Erkenntnissen in Frage gestellt. Richtig dagegen ist, dass Massnahmen immer auf dem Stand des Wissens im Zeitpunkt des Erlasses geprüft werden müssen. Mehr über „Der Rückschaufehler“ Lesen

Der leichte Fall beim unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe

Art. 148a StGB
1 Wer jemanden durch unwahre oder unvollständige Angaben, durch Verschweigen von Tatsachen oder in anderer Weise irreführt oder in einem Irrtum bestärkt, sodass er oder ein anderer Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe bezieht, die ihm oder dem andern nicht zustehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
2 In leichten Fällen ist die Strafe Busse.

Art. 148a Abs. 1 StGB ist ein Vergehen (Art. 10 Abs. 3 StGB). Art. 148a Abs. 2 StGB ist dagegen nur eine Übertretung (Art. 103 StGB). Diese Unterscheidung manifestiert sich in der Strafandrohung. Noch wichtiger ist jedoch, dass eine Verurteilung wegen Art. 148a Abs. 1 StGB eine obligatorische Landesverweisung nach sich zieht (Art. 66a Abs. 1 Bst. e StGB). Deshalb stellt sich die Frage, was unter einem leichten Fall zu verstehen ist, zumal eine gesetzliche Definition fehlt. Mehr über „Der leichte Fall beim unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe“ Lesen

Vertretungskosten in Kindesschutzverfahren

Es kommt immer wieder vor, dass Anwälte zu viel bzw. ungerechtfertigten, nicht nötigen Aufwand produzieren, den sie abrechnen wollen.

Das Obergericht beschäftigte sich in einem Urteil vom 3. März 2023 (PQ230009) mit der Beschwerde einer Rechtsanwältin, die sich gegen die Kürzung der Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin gewehrt hatte: Mehr über „Vertretungskosten in Kindesschutzverfahren“ Lesen

Morales c. Suisse

Herr Morales befindet sich in einer langjährigen Auseinandersetzung mit der Kindesmutter und der KESB wegen des gemeinsamen Sohnes. Weil die Kindeseltern nicht verheiratet waren, war die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und nicht das Bezirksgericht sachlich zuständig. Herr Morales wandte sich schliesslich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg, weil ihm das Obergericht des Kantons Bern im Beschwerdeverfahren eine persönliche Anhörung verweigert hatte. Mehr über „Morales c. Suisse“ Lesen