Der Zügelartikel ist kein Gefängnisartikel

Auf den 1. Juli 2014 trat die folgende Bestimmung des Zivilgesetzbuches in Kraft:

Art. 301a ZGB
B. Inhalt / II. Bestimmung des Aufenthaltsortes
1 Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
2 Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde, wenn:
a. der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt; oder
b. der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat.
3 Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den anderen Elternteil rechtzeitig darüber informieren.
4 Dieselbe Informationspflicht hat ein Elternteil, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.
5 Soweit dies erforderlich ist, verständigen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages. Können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde.

Da es sich um eine neue Gesetzesbestimmung handelt, musste zunächst richterlich geklärt werden, wie diese Bestimmung genau anzuwenden ist. Kann wegen des Zügelartikels der Kindsvater gegen den Umzug der Kindsmutter mit dem Kind sein Veto einlegen? Ist der Zügelartikel folglich eine Art Gefängnisartikel? Oder unter welchen Voraussetzungen soll es der Kindsmutter möglich sein, mit dem Kind den Wohnort zu wechseln?

Das Bundesgericht erwog im Urteil vom 11. März 2016 (5A_450/2015 = BGE 142 III 481) Folgendes:

2. Umstritten ist in erster Linie, ob der Mutter zu erlauben ist, den Aufenthaltsort der Kinder nach Graz zu verlegen. Dies richtet sich nach Art. 301a Abs. 2 lit. a ZGB, welcher auf den 1. Juli 2014 in Kraft getreten ist.

2.1. Die kantonalen Gerichte sind von der Tatsache ausgegangen, dass die Kinder hauptsächlich von der Mutter betreut werden, und haben erwogen, dass diesfalls die Verlegung des Aufenthaltsortes nur in Ausnahmefällen zu verweigern sei. Zwar könne das Besuchsrecht des Vaters durch die langen Reisewege weniger oft ausgeübt werden und würden spontane Besuche unmöglich. Auf der anderen Seite habe die Mutter ihren Umzugswunsch gut begründet. Sie wolle nach der Trennung zu ihren Wurzeln und in ihr Heimatland zurückkehren, zumal sie sich in der Schweiz nicht integriert fühle. Es sei nachvollziehbar, dass sie in Graz punkto Arbeitsbedingungen (Gastgewerbe), subjektives Wohlbefinden und Kinderfremdbetreuung bessere Perspektiven sehe. Im Übrigen seien dort ähnliche Lebensbedingungen zu erwarten und für die Kinder seien keine Gefahren ersichtlich, zumal sie österreichische Staatsbürger seien und es um das gleiche sprachliche Umfeld gehe. Was den Vater anbelange, zeige sich auch in den neusten Eingaben kein besonders inniges und vertrautes Verhältnis mit den Kindern. Die gelebte Betreuungssituation würde sich mit einem Wegzug nicht verändern; er verlange denn auch weiterhin „bloss“ ein übliches Besuchsrecht und wolle keine namhaften Betreuungsanteile übernehmen. Es wäre deshalb unangemessen, der Mutter den Wegzug zu verbieten; vielmehr sei das Besuchsrecht des Vaters an die beabsichtigte neue Situation anzupassen.

2.2. Der Vater macht beschwerdeweise geltend, die Kinder hätten das Recht auf Betreuung durch beide Elternteile und der Kontakt dürfe nicht durch einen Umzug faktisch vereitelt werden. Die Mutter habe den Umzug nicht sorgfältig geplant und überlegt; insbesondere könne sie für Graz weder eine Arbeit noch eine Wohnung nachweisen. Es sei völlig willkürlich, wenn das Kantonsgericht festgehalten habe, sie könne dies aufgrund der eingelegten Rechtsmittel nicht. Es sei im Übrigen zynisch zu sagen, Graz biete gute Arbeits-, Sozial- und Wohnverhältnisse; das Kindeswohl stehe bereits dann in Frage, wenn die Arbeits-, Wohn- und Betreuungssituation am neuen Ort nicht vollständig klar sei, zumal die Mutter in U. erwiesenermassen über eine Arbeit und eine Wohnung verfüge. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb sie sich trotz ihres langjährigen Aufenthaltes in der Schweiz nicht integriert fühle, er selbst sei ja auch Ausländer, sogar mit anderer Muttersprache, und habe sich problemlos integrieren können. Die Mutter verfüge in Graz nicht mehr über viele soziale Kontakte und es sei fraglich, ob sie sich dort ein Netz aufbauen könne. Sodann verfüge sie nicht über die nötige Bindungstoleranz; die gegenteiligen Feststellungen beruhten auf willkürlicher Beweiswürdigung. Im Übrigen werde sein Besuchsrecht mit einer Bewilligung des Umzuges in unzulässiger Weise beschnitten. Auch die Tatsache einer binationalen Ehe mache den Umzug nicht zulässig. Das Kantonsgericht missachte das Kindeswohl, wenn es den Umzug bewillige, zumal zweifelsfrei feststehen müsste, dass der Umzug wohl überlegt und nicht rechtsmissbräuchlich sei.

Die Mutter bringt vernehmlassungsweise vor, der Umzug in ihre Heimat sei wohl überlegt. Sie könne aber keinen Arbeits- und Mietvertrag unterzeichnen oder die Kinder in der Schule anmelden, solange aufgrund der väterlicherseits eingereichten Rechtsmittel nicht feststehe, wann sie ausreisen könne. Der Vater verlange deshalb Beweise, welche objektiv nicht erbracht werden könnten. Es gehe nicht um ein entlegenes, exotisches oder gefährliches Land, weshalb die Befürchtungen des Vaters unbegründet seien; die Kinder wären in Graz ebenso gut versorgt, beschult und betreut. Im Übrigen seien für sie die Arbeitsbedingungen in Graz besser; sie verliere ihre Arbeitsstelle in der Schweiz und werde ab 2016 zur Sozialhilfebezügerin, soweit sie nichts Neues finde.

2.3. Mit Bundesgesetz vom 21. Juni 2013, in Kraft getreten auf 1. Juli 2014 (AS 2014 357), wurde die elterliche Sorge und in diesem Zusammenhang auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend die Kinder einer Revision unterzogen. Das neue Recht statuiert als allgemeinen Grundsatz die gemeinsame elterliche Sorge, auch für geschiedene oder nicht miteinander verheiratete Eltern (zu den Ausnahmen vgl. BGE 141 III 472). Während unter altem Recht das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Obhutsrechtes aufzufassen war (vgl. BGE 136 III 353), bestimmt die Gesetzesnovelle, dass die elterliche Sorge das Recht einschliesst, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (Art. 301a Abs. 1 ZGB). Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts bzw. der Kindesschutzbehörde, wenn der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt oder der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat (Art. 301 Abs. 2 ZGB).

Grundgedanke dieser Norm ist, dass die Beziehung zu den Elternteilen vom Aufenthaltsort des Kindes abhängt und deshalb keiner alleine diesen verlegen können soll, wenn dadurch die Ausübung der Elternrechte des andern erheblich betroffen werden (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 16. November 2011, BBl 2011 9107 f.). Für die transnationale Verlegung des Aufenthaltsortes war zudem die Überlegung wesentlich, dass damit ein Wechsel der Jurisdiktion in Bezug auf die Kinderbelange verbunden ist (vgl. Art. 5 des Haager Kindesschutzübereinkommens, HKsÜ, SR 0.211.231.011, und Art. 5 Abs. 2 lit. a und c des Lugano-Übereinkommens, LugÜ, SR 0.275.12), weshalb unabhängig von der Distanz des neuen Aufenthaltsortes und dem konkreten Einfluss auf die Ausübung der elterlichen Sorge die Zustimmung des anderen Elternteils bzw. des Gerichtes oder der Kindesschutzbehörde erforderlich sein soll (Botschaft, BBl 2011 9108).

Die materielle Regelungszuständigkeit für die Fragen der elterlichen Sorge, der Obhut bzw. der Betreuung, des persönlichen Verkehrs und des Aufenthaltsbestimmungsrechtes obliegt bislang ausschliesslich dem nationalen Gesetzgeber. Zwar gibt es in diesem Sachbereich auf internationaler Ebene verschiedene Übereinkommen; diese betreffen aber einzig die Zuständigkeiten, das anwendbare Recht und die Urteilsanerkennung bzw. -vollstreckung. Sodann bestehen Rechtshilfeabkommen bei internationalen Kindesentführungen, namentlich das Haager Entführungsübereinkommen (HKÜ, SR 0.211.230.02). Dieses regelt die Folgen der Verletzung einer dem anderen Elternteil ausschliesslich oder gemeinsam zustehenden Sorgerechtsposition (Art. 3 HKÜ) bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechtes über das Kind (Art. 5 HKÜ). Wem in materieller Hinsicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, so dass es zu einer widerrechtlichen Verletzung im Sinn von Art. 3 und 5 HKÜ und somit zu einer Entführung im Sinn des HKÜ kommen kann, ist jedoch zwangsläufig nicht im Übereinkommen normiert; vielmehr bemisst sich dies nach dem Recht, welches gemäss dem internationalen Privatrecht im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes vor dem widerrechtlichen Verbringen Anwendung findet (vgl. Urteil 5A_764/2009 vom 11. Januar 2010 E. 3.1).

Was die materiellen Aspekte anbelangt, gibt es auf internationaler Ebene im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht und dem Wegzug von Kindern (sog. Relocation) erst verschiedene Bemühungen für eine mögliche künftige Vereinheitlichung, welche indes für den nationalen Gesetzgeber bislang in keiner Hinsicht verbindlich sind. Zu nennen ist die sog. Washingtoner Erklärung (Washington Declaration on International Family Relocation), welche von der internationalen Richterkonferenz (International Judicial Conference) im März 2010 verabschiedet wurde. Darin wird ein Katalog von Entscheidungskriterien aufgeführt, wenn sich die Eltern nicht über den Aufenthaltsort des Kindes im Wegzugsfall einigen können. Unter anderem werden die Möglichkeit der Aufrechterhaltung einer Beziehung zu beiden Elternteilen, die Wünsche des Kindes, die Vorschläge der Eltern, die Gründe für den Wegzug, die Erziehungskontinuität, die vorbestehende Sorge- und Umgangsrechtsregelung, die Vollstreckbarkeit der Vereinbarung und die Mobilität der Familienmitglieder als mögliche Kriterien genannt, wobei zwischen diesen ausdrücklich keine Hierarchie bestehen soll. Zu erwähnen ist weiter die Empfehlung des Europarates vom Mai 2011 betreffend Kinderrechte (Recommendation on the Rights and Legal Status of Children and Parental Responsibilities), deren „Principle 31“ sich der „Residence and Relocation“ widmet. Die darin enthaltenen Empfehlungen gehen dahin, dass die Staaten geeignete Mechanismen wie die Mediation fördern und im Streitfall die zuständige Behörde entscheiden soll, soweit das nationale Recht nichts anderes vorsieht; dabei sollte in erster Linie auf das Kindeswohl abgestellt, im Übrigen aber auch alle weiteren relevanten Faktoren gebührend berücksichtigt werden. Schliesslich sind auf der Haager Ebene Arbeiten im Gang, Grundlagen im Bereich der Relocation zu schaffen. Im Januar 2012 veröffentlichte das Ständige Büro (Permanent Bureau) der Haager Konferenz einen Vorbericht (Preliminary Note on International Family Relocation), in welchem es empfahl, dass die Spezialkommission (Special Commission) weitere Untersuchungen zum Thema anstellt (Preliminary Note, Rz. 83). Diese hielt im Januar 2012 fest, dass die Washingtoner Erklärung eine taugliche Basis für kommende Arbeiten bilde und weitere Grundlagenarbeit zu erbringen sei (Conclusions and Recommendations, Rz. 83 f.). Der erwähnte Vorbericht des Ständigen Büros hebt hervor, dass sich die jüngere sozio-psychologische Forschung keineswegs einig sei, ob dem Kindeswohl mit umfangreichem Kontakt zu beiden Elternteilen (was die Erlaubnis des Wegzuges tendenziell ausschliesst) am besten Rechnung getragen sei oder ob in erster Linie die Qualität des Kontaktes zum hauptbetreuenden Elternteil (was den Wegzug tendenziell erlaubt) für das Gedeihen des Kindes verantwortlich sei (Preliminary Note, Rz. 32). Weiter hält der Vorbericht fest, dass nur wenige Staaten die Relocation konkret geregelt und spezifische Verfahrensnormen aufgestellt hätten (Preliminary Note, Rz. 44 f.). Etliche Staaten gingen das Problem unter dem Aspekt des Sorge- bzw. Obhutsrechts und dessen Abänderung an (Preliminary Note, Rz. 46). Der Vorbericht weist ferner darauf hin, dass für den Ausgang des Wegzugsverfahrens entscheidend sein könne, ob bestimmte Vermutungen oder Beweislastregeln gälten oder die Beweise frei zu würdigen seien oder sogar die Offizialmaxime gelte (Preliminary Note, Rz. 48 ff.).

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der nationale Gesetzgeber dazu aufgerufen, aber inhaltlich frei ist, das Aufenthaltsbestimmungsrecht in Bezug auf die Kinder, insbesondere im Zusammenhang mit der Frage des Wegzuges, zu regeln. Wie die mit der Gesetzesnovelle vom 21. Juni 2013 erfolgte Normierung aussieht, ist nachfolgend darzustellen.

2.4. Im Entwurf des Bundesrates war Art. 301a Abs. 2 ZGB dahingehend formuliert, dass der Wegzug des anderen Elternteiles und des Kindes zustimmungsbedürftig sei („Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil seinen Aufenthaltsort oder jenen des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung…“). Die Botschaft des Bundesrates vom 16. November 2011 betonte diesbezüglich, dass auch ein Ortswechsel nur des Elternteiles allein (insbesondere auch der Ortswechsel des nicht hauptbetreuenden Elternteils) des elterlichen Konsenses bedürfe (BBl 2011 9107).

Dass der Umzug einer erwachsenen Person aufgrund der Tatsache eines gemeinsamen Kindes von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein sollte, stiess in der Vernehmlassung auf Kritik und führte in der parlamentarischen Beratung zu Kontroversen (vgl. die nationalrätliche Debatte, AB 2012 N 1652 ff., und die ständerätliche Debatte, AB 2013 S 12 ff.), weil damit eine Anzahl von verfassungsmässigen Rechten (insbesondere die Niederlassungsfreiheit, Art. 24 BV, aber auch die persönliche Freiheit und die Gewerbefreiheit, vgl. TUOR/SCHNYDER/JUNGO, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 14. Aufl. 2015, S. 514), beeinträchtigt worden wären.

Die vorberatende Kommission des Ständerates bzw. der Ständerat trug der geäusserten Kritik dahingehend Rechnung (vgl. AB 2013 S 13 ff.), dass in Abs. 2 die Zustimmungsbedürftigkeit auf die Veränderung des Aufenthaltsortes des Kindes beschränkt und Art. 301a ZGB im Übrigen um die Absätze 3-5 ergänzt wurde (Informationspflicht bei alleinigem Sorgerecht; Informationspflicht in Bezug auf den eigenen Wohnsitzwechsel; Verständigung bzw. Entscheid über die Anpassung der Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltes). Der Nationalrat stimmte dieser Fassung von Art. 301a ZGB zu (AB 2013 N 704). Bundesrätin Sommaruga nahm im Ständerat zur Kritik an der ursprünglichen Fassung des Entwurfes wie folgt Stellung: Der Zweck der Norm bestehe in der Tat nicht darin, den Umzug eines Elternteils zu verhindern, sondern die Eltern dazu zu bewegen, vor einem Umzug dessen Auswirkungen auf die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu prüfen und wenn nötig die bestehende Regelung über die Kinderbelange anzupassen. Die ständerätliche Kommission habe sich wirklich bemüht, eine Lösung zu finden, die dieses Anliegen etwas besser zum Ausdruck bringe, und sie [Bundesrätin Sommaruga] dürfe heute sagen, dass dies der Kommission sehr gut gelungen sei (AB 2013 S 14).

2.5. Was die Auslegung von Art. 301a ZGB und dabei insbesondere die für die Wegzugsfrage relevanten Kriterien anbelangt, bildet der mit der verabschiedeten Fassung von Abs. 2 bewusst getroffene Entscheid des Gesetzgebers, dass die Niederlassungs- bzw. die Bewegungsfreiheit der Elternteile zu respektieren ist, den Ausgangspunkt.

Diese gesetzgeberische Wertung ist nicht nur im Zusammenhang mit den verfassungsmässigen Rechten der Eltern (Niederlassungsfreiheit, persönliche Freiheit, Gewerbefreiheit), sondern ebenso im Kontext mit dem Grundsatz der Familienautonomie, welcher das Zivilgesetzbuch prägt, zu lesen. Es besteht ein allgemeiner gesellschaftlicher Konsens, dass der Staat grundsätzlich nicht in die Lebensplanung der Eltern eingreifen soll. Dies gilt auch für die Aufenthaltsfrage der Kinder. Familien können beliebig herumziehen oder auswandern; es bestehen keinerlei Genehmigungspflichten, und der Staat enthält sich selbst dann einer Intervention, wenn die damit einhergehende Relocation des Kindes seinem Wohl abträglich ist oder gegen dessen ausdrücklichen Willen geschieht. Die Respektierung der privatautonomen elterlichen Entscheidung durch den Staat beruht letztlich auf der Annahme, dass die Eltern ihre Verantwortung wahrnehmen und am besten dazu berufen sind, die Maxime des Kindeswohles mit Inhalt zu füllen (vgl. sinngemäss COESTER-WALTJEN, Relocation – from Theory to Practice, in: iFamZ 2012, S. 312). Es wäre wenig einsichtig, weshalb für den Fall des elterlichen Dissenses in Bezug auf die Relocation des Kindes die Elternautonomie aufgehoben sein (COESTER-WALTJEN, a.a.O., S. 313) und es zu einer Diskussion über die Motive für den Wegzug und damit zu einer staatlichen „Gesinnungsschnüffelei“ (vgl. FASSBIND, Inhalt des gemeinsamen Sorgerechts, der Obhut und des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Lichte des neuen gemeinsamen Sorgerechts als Regelfall, in: AJP 2014 S. 699) durch den Richter oder die Kindesschutzbehörde kommen sollte.

Im Zusammenhang mit der Grundrechtsausübung ist schliesslich zu bemerken, dass es keineswegs nur um die Niederlassungsfreiheit, sondern ebenso sehr um die persönliche Freiheit bzw. die Freiheit der Lebensgestaltung an sich geht. Freilich können Betreuungspflichten zu einer Einschränkung dieser Rechte, aber insbesondere auch zu faktischen Schwierigkeiten bei der Ausübung dieser Freiheiten führen; dies ist bei zusammenlebenden Paaren nicht anders als bei alleinerziehenden Eltern. Die Tatsache, dass gemeinsame Kinder vorhanden sind, ist aber kein Grund, die Ausübung von Freiheitsrechten über das Konzept des Gesetzgebers hinaus zu beschneiden. Dies ergibt sich insbesondere auch aus einer Parallelwertung mit anderen familienrechtlichen Instituten, welche auf der Ausübung von Grundfreiheiten beruhen und die Lebensplanung betreffen. Beispielsweise hat der Gesetzgeber die Scheidungsfreiheit nicht beschränkt, nur weil aus der Ehe gemeinsame Kinder hervorgegangen sind; dem Scheidungsbegehren eines Elternteils ist selbst dann stattzugeben, wenn der andere Teil scheidungsunwillig ist oder es der grösste Wunsch der Kinder wäre, dass die Eltern zusammen bleiben. Es wird mit anderen Worten von der sich aus einseitiger Willensausübung ergebenden Scheidungstatsache ausgegangen und als Folge werden die Kinderbelange neu geregelt, wobei das Kindeswohl hierfür die Leitmaxime bildet (Art. 133 Abs. 2 ZGB). Ebenso wenig ist ein Elternteil daran gehindert, durch das Eingehen einer (neuen) Ehe von seiner Ehefreiheit Gebrauch zu machen, selbst wenn der frühere Partner damit nicht einverstanden ist oder sich die Kinder aus der früheren Beziehung dagegen auflehnen und eine Beeinträchtigung des Kindeswohls zur Debatte steht. Auch hier wird von der sich aus dem Heiratswillen des einen Elternteils ergebenden Tatsache der (Neu-) Verheiratung ausgegangen und sind als Folge gegebenenfalls die Belange der aus der früheren Beziehung stammenden Kinder anzupassen, wiederum unter Beachtung des Kindeswohl als oberster Maxime.

Aus dem gleichen Wertungsgedanken heraus hat der Gesetzgeber, was die Niederlassungsfreiheit der Elternteile anbelangt, den gegenüber dem Gesetzesentwurf geäusserten Bedenken durch eine bewusste Modifikation von Art. 301a Abs. 2 ZGB Rechnung getragen und dafür gesorgt, dass die Schweiz nicht aufgrund einer „faktischen Residenzpflicht“ (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S. 359) zu einem „Müttergefängnis“ (vgl. Entscheid des Obergerichtes des Kantons Bern vom 26. Mai 2014, in: FamPra.ch 2015, S. 252) wird. Das bedeutet, dass die – ohnehin kaum justiziablen – Motive des wegziehenden Elternteils grundsätzlich nicht zur Debatte stehen können. Vielmehr ist von der Hypothese auszugehen, dass der eine Elternteil wegzieht (so auch COESTER-WALTJEN, a.a.O., S. 314), und es ist als Folge die Eltern-Kind-Beziehung soweit nötig anzupassen (Art. 301a Abs. 5 ZGB). Insofern entspricht die vom Gesetzgeber verabschiedete Gesetzesfassung dem, was der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) für die internationale Relocation durch richterliche Rechtsfindung festgehalten hat:

In Deutschland finden sich im Gesetz keine die Wegzugsfrage direkt regelnde Normen. Anwendbar sind § 1631 Abs. 1 BGB, wonach die Personensorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind umfasst, in Verbindung mit § 1671 Abs. 1 BGB, wonach der getrennt lebende Elternteil beantragen kann, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil davon allein überträgt. Im Sinne einer Leitentscheidung hat der BGH im Beschluss XII ZB 81/09 vom 28. April 2010 -– betreffend einen Wegzug nach Mexiko – festgehalten, dass das Kindeswohl der Massstab sei (Rz. 17). Die verfassungsrechtlich in Art. 2 des Grundgesetzes garantierte allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils bestimme die tatsächliche Ausgangslage, denn für die Beurteilung des Kindeswohls sei nicht davon auszugehen, dass der hauptsächlich betreuende Elternteil mit dem Kind im Inland verbleibe, selbst wenn dies mit dem Kindeswohl am besten zu vereinbaren wäre, sondern dass er seinen Auswanderungswunsch in die Tat umsetze (Rz. 22). Die Motive für den Auswanderungsentschluss stünden nicht zur Überprüfung durch das Gericht; insoweit komme es nicht darauf an, ob der Elternteil triftige Gründe anführen könne (Rz. 23). Die Befugnisse des Gerichtes hätten sich darauf zu konzentrieren, wie sich die Auswanderung auf das Kindeswohl auswirke; verfolge der Elternteil mit der Übersiedlung den Zweck, den Kontakt zum anderen Elternteil zu vereiteln, stehe die Bindungstoleranz und somit die Erziehungseignung in Frage; bei schädlichen Auswirkungen der Auswanderung für das Kind sei die Erziehungseignung in Zweifel zu ziehen und könne sogar ein Entzug des Sorgerechts angebracht sein; bei einem ersichtlich unvernünftigen Vorhaben würden sich für die Kontinuität und die Qualität der Bindung zum Obhutselternteil nachteilige Folgen ergeben und sei das Sorgerecht bei bestehender Erziehungseignung gegebenenfalls dem anderen Elternteil zu übertragen (Rz. 24). Einer Auswanderung stehe nicht ohne weiteres entgegen, dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen gehöre; auch wenn durch die Auswanderung der Umgang mit dem anderen Elternteil wesentlich erschwert werde, ergebe sich daraus allein weder eine generelle noch eine vermutete Kindeswohlschädlichkeit (Rz. 25). Die Entscheidung des Gerichtes sei nicht durch tatsächliche oder rechtliche Vermutungen eingeengt; zu fragen sei, ob die Auswanderung mit dem hauptbetreuenden Elternteil oder der Verbleib des Kindes beim weiter im Inland ansässigen Elternteil die für das Kindeswohl bessere Lösung sei (Rz. 28). Analog zu den vorstehenden Erwägungen hat der Bundesgerichtshof auch im Entscheid XII ZB 407/10 vom 16. März 2011 argumentiert.

2.6. Ähnliche Überlegungen müssen, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, für die Auslegung und Anwendung von Art. 301a ZGB gelten. Wie gesagt ist von der Prämisse auszugehen, dass der eine Elternteil in Ausübung seiner Freiheitsrechte wegziehen will. Es ist mithin nicht ein Vorzustand zu perpetuieren, sondern eine neue Situation zu regeln (vgl. FASSBIND, a.a.O., S. 697). Die hierbei aufkommende Frage, wo sich im Rahmen der neuen Begebenheiten der Aufenthaltsort des Kindes befinden soll, ist ausgerichtet am Kindeswohl zu beantworten (vgl. Art. 301a Abs. 5 ZGB; Botschaft, BBl 2011 9108). Dieser Grundsatz geniesst Verfassungsrang (Art. 11 BV) und bildet für sämtliche Kindesbelange die oberste Richtschnur (BGE 129 III 250 E. 3.4.2 S. 255; 141 III 312 E. 4.2.4 S. 319; 141 III 328 E. 5.4 S. 340). Entsprechend liess sich die Rechtsprechung in Bezug auf die Relocation eines Kindes bereits unter dem alten Recht von der Maxime des Kindeswohls leiten (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S. 358 im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Wegzug nach Tschechien). Sie bildet auch in den umliegenden Ländern die Richtschnur für die Ausgestaltung der Eltern-Kind-Beziehung und die Frage des Aufenthaltsortes, dessen Verlegung bei Uneinigkeit der Eltern der richterlichen Entscheidung bedarf (Deutschland: vgl. in E. 2.5 zitierte Rechtsprechung; Frankreich: Art. 373-2 Abs. 3 CCfr, Entscheid der Cour de cassation Nr. 06-17869 vom 13. März 2007; Italien: Regelung in Art. 337ter und 337sexies CCit, insb. Art. 337ter Abs. 2 CCit; Österreich: Regelung in § 162 ABGB, insb. § 162 Abs. 3 ABGB).

Die vom Gericht oder der Kindesschutzbehörde zu beantwortende Frage lautet folglich nicht, ob es für das Kind vorteilhafter wäre, wenn beide Elternteile im Inland verbleiben würden. Die entscheidende Fragestellung ist vielmehr, ob sein Wohl besser gewahrt ist, wenn es mit dem auswanderungswilligen Elternteil wegzieht oder wenn es sich beim zurückbleibenden Elternteil aufhält (vgl. COESTER-WALTJEN, a.a.O., S. 314), wobei diese Frage unter Berücksichtigung der auf Art. 301a Abs. 5 ZGB gestützten Anpassung der Kinderbelange (Betreuung, persönlicher Verkehr, Unterhalt) an die bevorstehende Situation zu beantworten ist. Zwischen der Anpassung der Kinderbelange und der unter dem Aspekt des Kindeswohls zu beantwortenden Frage, ob die Verlegung des Aufenthaltsortes zu bewilligen ist, besteht nämlich eine enge Interdependenz (dazu E. 2.8).

2.7. Zu untersuchen ist im Folgenden, anhand welcher Kriterien die Frage des Kindeswohls zu prüfen ist.

Unter altem Recht hat das Bundesgericht diesbezüglich an die Rechtsprechung betreffend die Zuteilungskriterien im Trennungs- oder Scheidungsfall angeknüpft und – im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Wegzug der Mutter auf die Philippinen und einem angekündigten Stellenantritt des Vaters in Singapur – erwogen, dass für die Neuregelung der Eltern-Kind-Verhältnisse die Interessen der Eltern in den Hintergrund zu treten hätten; abzustellen sei auf die persönlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, auf ihre erzieherischen Fähigkeiten und die Bereitschaft, die Kinder in eigener Obhut zu haben und sie weitgehend persönlich zu betreuen und zu pflegen, sowie auf das Bedürfnis der Kinder nach der für eine harmonische Entfaltung in körperlicher, seelischer und geistiger Hinsicht notwendigen Stabilität der Verhältnisse, welches bei gleicher Erziehungs- und Betreuungsfähigkeit besonderes Gewicht erhalte (Urteil 5A_375/2008 vom 11. August 2008 E. 2).

Diese Kriterien können auf die Anwendung von Art. 301a ZGB übertragen werden. Weil es in der Regel um eine Anpassung der bestehenden Regelung an die neue Situation geht (vgl. Art. 301a Abs. 5 ZGB), wird das bisher gelebte Betreuungsmodell faktisch den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden. Sind die Kinder bislang von beiden Elternteilen weitgehend zu gleichen Teilen betreut worden (geteilte bzw. alternierende Obhut) und sind beide Teile weiterhin willens und in der Lage, persönlich oder im Rahmen eines im Kindeswohl liegenden Betreuungskonzeptes für das Wohl der Kinder zu sorgen, so ist die Ausgangslage gewissermassen neutral. Diesfalls ist anhand weiterer Kriterien (wie familiäres und wirtschaftliches Umfeld, Stabilität der Verhältnisse, Sprache und Beschulung, gesundheitliche Bedürfnisse, Meinungsäusserung älterer Kind) zu eruieren, welche Lösung im besten Interesse des Kindes liegt.

War hingegen der wegzugswillige Elternteil nach dem bisher tatsächlich gelebten Betreuungskonzept ganz oder überwiegend die Bezugsperson (namentlich beim klassischen Besuchsrechtsmodell), wird es tendenziell zum besseren Wohl der Kinder sein, wenn sie bei diesem verbleiben und folglich mit ihm wegziehen. Die für einen Verbleib der Kinder in der Schweiz notwendige Umteilung an den anderen Elternteil – welche ohnehin voraussetzt, dass dieser fähig und bereit ist, die Kinder bei sich aufzunehmen und für eine angemessene Betreuung zu sorgen – bedarf jedenfalls der sorgfältigen Prüfung, ob sie tatsächlich dem Kindeswohl entspricht.

Dabei kommt es wiederum auf die Umstände des Einzelfalles an. Sind die Kinder noch klein und dementsprechend mehr personen- denn umgebungsbezogen, ist eine Umteilung an den zurückbleibenden Elternteil angesichts des Grundsatzes der Betreuungs- und Erziehungskontinuität nicht leichthin vorzunehmen. Hingegen werden bei älteren Kindern zunehmend die Wohn- und Schulumgebung sowie der sich ausbildende Freundeskreis wichtig und vielleicht haben sie schon eine Lehrstelle in Aussicht; hier könnte der Verbleib in der Schweiz, soweit eine Umplatzierung zum anderen Elternteil möglich ist, dem Kindeswohl unter Umständen besser dienen.

Zu beachten sind auch alle weiteren Facetten der konkreten Situation. Beispielsweise ist es für ein Kind nicht dasselbe, ob es bereits bislang zweisprachig aufgewachsen ist oder ob es neu in einer ihm fremden Sprache beschult würde, und es ist mit Blick auf die Stabilität der Verhältnisse auch nicht dasselbe, ob beispielsweise der auswanderungswillige Elternteil in sein Heimatland bzw. in den angestammten Familienkreis (dem Kind bereits vertraute Grosseltern, Onkeln und Tanten etc.) zurückkehrt bzw. zu einem neuen Partner in ein wirtschaftlich und sozial abgesichertes Umfeld zieht oder ob es beispielsweise um Gewinnung von Abstand bzw. um Abenteuerlust und eine Lebensführung mit weitgehend offener Perspektive geht. Schliesslich wird bei älteren Kindern massgeblich auch auf die bei ihrer Anhörung geäusserten Wünsche und Vorstellungen abzustellen sein, soweit sich diese mit den konkreten Begebenheiten (tatsächliche Aufnahme- und Betreuungsmöglichkeiten des betreffenden Elternteils) vereinbaren lassen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass für die Beurteilung des Kindeswohls immer die konkreten Umstände des Einzelfalles massgeblich sind, indes dem wegzugswilligen Elternteil, welcher die Kinder bislang überwiegend betreut hat und dies auch in Zukunft tun wird, die Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder ins Ausland in der Regel zu bewilligen sein wird, wovon übereinstimmend auch die Lehre ausgeht (vgl. BUCHER, Elterliche Sorge, in: Familien in Zeiten grenzüberschreitender Beziehungen, Freiburg 2013, S. 63; CANTIENI/BIDERBOST, Reform der elterlichen Sorge aus Sicht der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) – erste Erfahrungen und Klippen, in: FamPra.ch 2015, S. 792; BÜCHLER/MARANTA, Das neue Recht der elterlichen Sorge, in: Jusletter vom 11. August 2014, Rz. 84 f.; FASSBIND, a.a.O., S. 697; wohl gl.M. SCHWENZER/COTTIER, in: Basler Kommentar, N. 14 f. zu Art. 301a ZGB).

In der Praxis wird der zurückbleibende Elternteil oft den Einwand erheben, dass der andere Teil mit dem Auswanderungswunsch das Ziel verfolge, ihm die Kinder zu entziehen und insofern ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliege, welches nicht geschützt werden dürfe. Solche Fälle können vorkommen, sie dürften aber selten sein (vgl. BUCHER, a.a.O., S. 63 unten). Es ist nachvollziehbar, dass dies dem zurückbleibenden Elternteil subjektiv anders vorkommen mag, denn die Aufrechterhaltung des Kontaktes zum Kind wird schwieriger und oftmals ist der geplante Wegzug die Folge der elterlichen Trennung, welche ihrerseits die Folge von Spannungen und Schwierigkeiten auf der Elternebene ist. Indes entspricht es keiner verbreiteten Realität, dass ein Elternteil ins Nichts wegzieht. Vielmehr ist im Zielland in der Regel eine ökonomische Basis oder Aussicht vorhanden und gibt es handfeste Gründe für den Wegzug wie beispielsweise die Rückkehr ins Heimatland oder den eigenen Familienkreis, das Zusammenziehen mit einem neuen Partner oder ein karriereförderndes Stellenangebot.

Sind aber tatsächlich keine plausiblen Gründe ersichtlich und zieht ein Elternteil offensichtlich nur weg, um das Kind dem anderen Elternteil zu entfremden, ist die Bindungstoleranz und damit Erziehungsfähigkeit des betreffenden Elternteils in Frage gestellt mit der Folge, dass die Umteilung des Kindes in Erwägung zu ziehen ist (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S. 359; Urteil 5A_923/2014 vom 27. August 2015 E. 5.1, nicht publ. in: BGE 141 III 472; vgl. sodann Urteil 5A_202/2015 vom 26. November 2015 E. 3.4 a.E., zur Publ. bestimmt; siehe auch den vorstehend zitierten BGH-Entscheid XII ZB 81/09 vom 28. April 2010). Insofern können die Auswanderungsmotive beschränkt auf Einzelfälle indirekt doch eine Rolle spielen. Auch in solchen Konstellationen setzt freilich die Umteilung der Kinder an den anderen Elternteil voraus, dass dieser erziehungsfähig ist und er die Kinder tatsächlich bei sich aufnehmen und betreuen kann.

2.8. Aus dem gesetzlichen Konzept ergibt sich, dass das Gericht bzw. die Kindesschutzbehörde – mit Wirkung ab dem tatsächlichen Wegzug des auswandernden Elternteils – soweit nötig die Betreuungs-, Besuchsrechts- und Unterhaltsregelung anzupassen hat (vgl. Art. 301a Abs. 5 ZGB), und zwar gegebenenfalls auch für den Fall eines negativen Entscheides, d.h. wenn das Kind in der Schweiz verbleibt und der auswandernde Elternteil alleine wegzieht. Materiell bildet die Regelung im Sinn von Art. 301a Abs. 5 ZGB einen notwendigen Bestandteil des Entscheides über den Wegzug, weil nach dem Gesagten die konkrete Ausgestaltung der Betreuung und des persönlichen Verkehrs die Frage beeinflusst, welchen Aufenthaltsort das Kind in seinem besten Interesse haben soll. Im internationalen Verhältnis lassen sich diese Fragen auch aus prozessualen Gründen schlecht abspalten, weil mit dem Wegzug des Kindes in der Regel die schweizerische Entscheidzuständigkeit in Bezug auf die Ausgestaltung der Eltern-Kind-Beziehung verloren geht (vgl. Art. 5 Abs. 2 HKsÜ und ferner Art. 5 Ziff. 2 lit. a und c LugÜ). In der Botschaft wurde die Zustimmungsbedürftigkeit für den Wegzug des Kindes ins Ausland gerade mit dem Wechsel der Jurisdiktion begründet (BBl 2011 9108). Die legislatorischen Motive würden unterlaufen, wenn ausschliesslich über die Frage des Wegzuges des Kindes befunden und dem zurückbleibenden Elternteil zugemutet würde, notwendige Anpassungen in Bezug auf die Eltern-Kind-Beziehung im Ausland einzuklagen.

Was die konkrete Regelung der Kinderbetreuung und Ausgestaltung des persönlichen Verkehrs anbelangt, ist vorauszuschicken, dass oft kein Idealzustand zu erreichen sein wird, und zwar unabhängig davon, ob das Kind wegzieht oder ob es in der Schweiz verbleibt. Gerade bei grösseren Distanzen sind Modelle mit geteilter Betreuung unmöglich und wird auch die Frequenz und Intensität von Besuchen zwangsläufig nicht in gleichem Umfang aufrecht erhalten werden können. Angesichts des zeitlichen und finanziellen Aufwandes für die Ausübung des persönlichen Verkehrs sowie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kinder wird die Neuregelung bei grösseren Distanzen meist darauf hinauslaufen, dass eine kleinere Kadenz von Wochenendbesuchen durch längere einzelne Wochenendeinheiten und/oder längere Ferienaufenthalte (teil-) kompensiert wird (vgl. BGE 136 III 353 E. 3.3 S. 359). Indes wären bei Kleinkindern – bei welchen sich der physische Kontakt auch nicht hinreichend mit anderen Kommunikationskanälen wie Skype substituieren lässt -– eigentlich häufige und kurze Besuchsintervalle ohne Übernachtungen ideal (GLOOR/SIMONI, Wohnortswechsel mit Kinder nach Trennung und Scheidung, Siebte Schweizer Familienrecht§Tage 2014, S. 251).

In dieser Situation sind die Gerichte gehalten, eine der neuen Situation angepasste Betreuungs- und Kontaktregelung zu treffen, welche verbindlich und durchsetzbar ist und mit welcher der konventionsrechtlichen Vorgabe von Art. 9 Abs. 3 der UN-Kinderrechtskonvention (KRK, SR 0.107) nachgelebt wird. Diese sieht vor, dass ein jeder Vertragsstaat das Recht des von einem oder beiden Elternteilen getrennten Kindes achtet, regelmässige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen. Es entspricht sodann kinderpsychologischer Erkenntnis, dass aufgrund des schicksalhaften Eltern-Kind-Verhältnisses die Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen wichtig ist und bei dessen Identitätsfindung eine entscheidende Rolle spielen kann (BGE 130 III 585 E. 2.2.2 S. 590; 131 III 209 E. 4 S. 211 f.). Deshalb haben im Übrigen beide Elternteile mit Blick auf das Wohl des Kindes die Pflicht, eine gute Beziehung zum jeweils anderen Elternteil zu fördern; namentlich hat der hauptbetreuende Elternteil das Kind positiv auf Besuche, auf Skype-Kontakte, etc. beim oder mit dem anderen Elternteil vorzubereiten (Urteil 5A_202/2015 vom 26. November 2015 E. 3.4, zur Publ. bestimmt; Urteil 5A_505/2013 vom 20. August 2013 E. 6.3).

Weil der behördliche Entscheid über die Aufenthaltsverlegung und die Anpassung der Eltern-Kind-Beziehung eine Einheit bilden, ist auch klar, dass es nicht abstrakt um einen Wegzug aus der Schweiz, sondern immer konkret um eine Übersiedelung in eine bestimmte Gegend und in ein bestimmtes Umfeld geht. Es ist für die Frage des Kindeswohls und die Neugestaltung des persönlichen Verkehrs nicht einerlei, ob ein Wegzug in einen benachbarten oder in einen entlegenen Staat geplant ist. Es ist aber auch nicht einerlei, ob ein Wegzug von Basel nach Lörrach oder nach Berlin zur Debatte steht. Im einen Fall könnte sogar das Modell einer geteilten Obhut aufrecht erhalten oder eingerichtet werden, während im anderen Fall ganz andere Lösungen gefragt sind. Selbstredend können vom auswanderungswilligen Elternteil nicht Details wie genaue Wohn- und Schuladresse etc. verlangt werden, weil dieser für die Umsetzung seiner Pläne oft auf den bewilligenden Behördenentscheid angewiesen sein wird. Indes müssen die Konturen des Wegzuges feststehen, weil die Zustimmung des anderen Elternteils bzw. der behördliche Entscheid, mit welchem die Zustimmung des anderen Elternteils substituiert werden soll, auf konkreten Grundlagen fussen muss. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass der auswandernde Elternteil, welchem die Verlegung des Aufenthaltsortes der Kinder bewilligt wird, nur dann vor einem Rückführungsverfahren sicher sein kann, wenn sich der bewilligende Entscheid auf einen konkreten Umzug bezieht.

2.9. Im vorliegenden Fall stellt der Beschwerdeführer fast ausschliesslich die Motive der Mutter für den von ihr beabsichtigten Wegzug in Frage. Nach dem Gesagten unterliegen diese aber nicht der gerichtlichen Überprüfung. Insofern geht auch das Eventualbegehren um Rückweisung an das Kantonsgericht zu näheren diesbezüglichen Abklärungen fehl.

Was die Frage des Kindeswohles anbelangt, kann das sinngemässe Vorbringen, dass den Kindern in Graz Gefahren drohen, nicht ernsthaft sein. Die Lebensqualität in Graz ist vergleichbar mit derjenigen in U., die Kinder werden in der gleichen Sprache beschult und sie sind in einem Alter, in welchem sie sich am neuen Ort umgehend einleben werden. Sie können in Graz ebenso glücklich aufwachsen wie in der Schweiz.

Dass der persönliche Verkehr weniger häufig wird stattfinden können und für alle Beteiligten mit erhöhtem Aufwand verbunden ist, trifft zu. Dies ist aber für sich genommen kein Grund, den Wegzug der Kinder zu verbieten. Unzutreffend ist sodann die Behauptung, mit dem Wegzug werde das Kontaktrecht verunmöglicht (Beschwerde, S. 15 unten) und komme es zu einer sofortigen Entfremdung der Kinder (Beschwerde, S. 18), erlaubt doch die kantonale Besuchsrechtsregelung monatliche Kontakte und damit das Aufrechterhalten einer tragfähigen Beziehung.

All diese Elemente sind vorliegend ohnehin wenig entscheidtragend insofern, als der Vater auch für die Zukunft ausdrücklich ausschliesst, die Kinder selbst zu betreuen (angefochtenes Urteil, S. 12; Beschwerde, S. 15), und er sich darauf beschränkt, ein umfangreicheres Besuchsrecht zu verlangen (dazu im Einzelnen E. 3). Damit ist die Sachverhaltsbehauptung, es sei völlig unbelegt, dass er die Erziehung und Alltagsbetreuung seit jeher der Mutter überlassen hätte (Beschwerde, S. 14), mit Blick auf den zutreffenden Entscheid ebenso unerheblich wie die Beanstandung in Bezug auf die Beweiswürdigung zum Vater-Kinder-Verhältnis (Beschwerde, S. 15). In rechtlicher Hinsicht ist der Entscheid, wo sich der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder befinden soll, imperativ präjudiziert, wenn nur ein Elternteil bereit ist, die Betreuung der Kinder zu übernehmen, denn eine nähere Diskussion des Kindeswohls läuft bei dieser Ausgangslage letztlich ins Leere (vgl. E. 2.7).

Angesichts der Tatsache, dass nur die Mutter bereit ist, die Kinder überwiegend zu betreuen, und im Übrigen die kantonalen Gerichte eine situationsadäquate Lösung in Bezug auf die Neugestaltung des persönlichen Verkehrs für die Zeit ab dem Wegzug nach Graz gefunden haben (dazu E. 3), ist die Erlaubnis, den Aufenthaltsort der Kinder dorthin zu verlegen, bundesrechtskonform.

Das Bundegericht hielt somit fest, dass der Zügelartikel kein Gefängnisartikel darstelle. Die Niederfassungsfreiheit sei grundsätzlich garantiert. Die Gründe für den Umzug seien deshalb unbeachtlich. Einziges Kriterium bilde das Kindeswohl. Die Frage sei somit, wo das Kindeswohl besser gewährleistet werde, nämlich, wenn das Kind mit wegziehenden Elternteil wegzieht oder mit dem zurückbleibenden Elternteil zurückbleibt?

Das Bundesgericht bestätigte in einem Urteil vom 7. Juli 2016 (5A_945/2015, schriftliche Begründung ausstehend) diese Rechtsprechung. Es ging um ein geschiedenes Elternpaar, das ihr Kind je zur Hälfte betreute. Die Mutter wollte mit der Tochter nach Spanien ziehen, was ihr jedoch in diesem Fall nicht bewilligt worden ist. Eine Auswanderung nach Spanien liege nicht im Kindesinteresse, namentlich aus sprachlichen und kulturellen Gründen.

Update 5.8.2016

Heute wurde die schriftliche Begründung des Urteils vom 7. Juli 2016 (5A_945/2015 = BGE 142 III 498) veröffentlicht. Das Bundesgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:

A.a. A. (Mutter) und B. (Vater) sind die nicht verheirateten Eltern einer gemeinsamen Tochter namens C. (geb. 2009). Die Eltern leben seit 2010 getrennt; sie sind beide sorgeberechtigt und betreuen ihre Tochter seit deren Kindergarteneintritt im August 2014 je zur Hälfte.

A.b. Mit Schreiben vom 23. März 2015 teilte die Mutter der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern mit, sie beabsichtige den Lebensmittelpunkt nach Spanien, Provinz U., zu verlegen. Der Vater erklärte sich mit einer Ausreise zusammen mit dem Kind nicht einverstanden.

B. Mit Entscheid vom 10. Juni 2015 wies die KESB das Gesuch der Mutter um Zustimmung zum Wechsel des Aufenthaltsortes ihrer Tochter ab. Mit Entscheid vom 21. Oktober 2015 gab das Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht (nachfolgend: Obergericht) der von der Mutter gegen den Kammerentscheid eingelegten Beschwerde nicht statt.

C. Die Mutter (Beschwerdeführerin) hat am 26. November 2015 (Postaufgabe) gegen den obergerichtlichen Entscheid beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt sinngemäss, ihr die Ausreise mit ihrer Tochter nach Spanien (Provinz U.) zu bewilligen. Eventualiter sei die Ausreise mit Auflagen zu verbinden. Subeventualiter sei der Entscheid aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen. (…)

Das Bundesgericht zog unter anderem Folgendes in Erwägung:

2. Das Obergericht hat zusammengefasst erwogen, der Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes sei grundsätzlich zu genehmigen, soweit das Kindeswohl dadurch nicht erheblich gefährdet werde. Die Literatur sowie die Rechtsprechung zu dieser Problematik bezögen sich indes durchwegs auf Fälle, in denen dem umzugswilligen Elternteil die alleinige Obhut zustehe resp. er die Hauptbetreuung übernommen habe. In solchen Fällen erscheine es gerechtfertigt, einen Wegzug nur dann zu verweigern wenn das Kindeswohl erheblich gefährdet sei. Anders zu entscheiden bedeutete eine unzulässige Einschränkung der verfassungsmässigen Rechte des umzugswilligen Elternteils, zumal ihm aufgrund der Verweigerung der Zustimmung ein Umzug faktisch verunmöglicht werde.

Vorliegend sei die Situation jedoch eine andere: Die Eltern hätten das gemeinsame Sorgerecht über die Tochter und betreuten diese unbestrittenermassen seit August 2014 je zur Hälfte. Die Beschwerdeführerin könne ohne die Tochter auswandern und sie unter der alleinigen Obhut des Beschwerdegegners belassen, was einer hauptbetreuenden Person nicht ohne weiteres möglich sei. In der Situation wie der vorliegenden seien die berechtigten Interessen beider Elternteile gleichermassen zu berücksichtigen. Es könne nicht einfach darauf abgestellt werden, ob der Wegzug das Kindeswohl erheblich gefährde oder nicht. Vielmehr sei für das Kind diejenige Lösung zu finden, die nach den gesamten Umständen bessere Gewähr dafür biete, dass es sich in geistig-psychischer, körperlicher und sozialer Hinsicht altersgerecht entfalten könne; gefordert sei eine Lösung, die dem Kindeswohl eher entspreche.

Gemäss dem Bericht des F. sei die Tochter bei beiden Elternteilen gut aufgehoben und seien die von der Beschwerdeführerin bezüglich der Erziehungsfähigkeit des Beschwerdegegners geäusserten Bedenken nicht bestätigt worden. Eine Gefährdung des Kindeswohls sei nicht zu befürchten, gleichgültig bei wem das Kind verbleibe. Die Beschwerdeführerin sei nicht spanische Staatsangehörige und müsse die spanische Sprache erst noch erlernen; ferner habe sie dort zur Zeit keine Arbeitsstelle; die Beziehung zu ihrer Partnerin werde als Fernbeziehung gelebt, zumal sie U. bisher nur zu Ferienzwecken besucht habe. Eine Verlegung des Wohnsitzes nach Spanien sei daher als risikohaft und instabil zu betrachten. Anderseits seien auch die knappen finanziellen Verhältnisse und die unsicheren beruflichen Pläne des Beschwerdegegners zu berücksichtigen. Diesen Umständen könne indes mit geeigneten Mitteln wie einer Beistandschaft begegnet werden. Es entspreche daher den Interessen der Tochter, ihr gewohntes Umfeld und die vertraute Umgebung behalten zu können. Unter Würdigung dieser Umstände sei die Tochter beim Beschwerdegegner zu belassen.

4.1. Die Beschwerdeführerin beanstandet im Weiteren die obergerichtliche Auslegung von Art. 301a ZGB. Zur Begründung bringt sie zusammengefasst vor, die Vorinstanz habe weder die Stossrichtung der Norm noch deren Sinn und Zweck ermittelt. Sie bestimme lediglich den Aufenthaltsort des Kindes, ohne sich die Frage zu stellen, ob der Beschwerdeführerin generell der Wegzug bewilligt werden könne. Das grundsätzliche Zustimmungsgebot werde nicht gewichtet. Auszugehen sei von einer grundsätzlichen Zustimmung. Das Parlament habe „en connaissance de cause“ des gemeinsamen elterlichen Sorgerechts Art. 301a ZGB ins Gesetz eingefügt. Durch die Lesart des Obergerichts werde diese Bestimmung zu einem toten Buchstaben mutiert. Das Obergericht habe ferner zu Unrecht nicht beachtet, dass das Land, in welches die Beschwerdeführerin auszuwandern gedenke, zum ersten Rechtskreis (Länder der Europäischen Union) gehöre. Damit habe es das Bestreben um eine Einheit der Rechtsordnung nicht berücksichtigt. Sodann sei in diesem Zusammenhang auch wesentlich, ob ein Entscheid anderswo vollstreckt werden könne. Das Dreikreise-Modell, das im Ausländerrecht entwickelt worden sei, könne auch hier zur Anwendung gelangen. Eine Gleichstellung aller Länder sei nicht vertretbar. Das Obergericht habe dieses Argument nicht beachtet. Ein weiteres kaum gewichtetes Element sei die Selbstbetreuung durch den Elternteil. Beim Beschwerdegegner werde fortan die Fremdbetreuung überwiegen, während bei der Beschwerdeführerin ein intaktes und stabiles Umfeld vorhanden sei. Schliesslich habe das Obergericht nicht geprüft, ob die Zustimmung unter gewissen Auflagen hätte erfolgen und so eine verhältnismässigere Lösung hätte gefunden werden können, die dem Kindeswohl besser entspricht.

4.2. Mit Bundesgesetz vom 21. Juni 2013, in Kraft getreten auf 1. Juli 2014 (AS 2014 357), wurde die elterliche Sorge und in diesem Zusammenhang auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend die Kinder einer Revision unterzogen. Das neue Recht statuiert als allgemeinen Grundsatz die gemeinsame elterliche Sorge, auch für geschiedene oder nicht miteinander verheiratete Eltern (zu den Ausnahmen vgl. BGE 141 III 472). Während unter altem Recht das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Obhutsrechtes aufzufassen war (vgl. BGE 136 III 353), bestimmt die Gesetzesnovelle, dass die elterliche Sorge das Recht einschliesst, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (Art. 301a Abs. 1 ZGB). Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes ins Ausland verlegen, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts bzw. der Kindesschutzbehörde (Art. 301 Abs. 2 ZGB).

Während der Bundesrat in seinem Entwurf nicht nur die Zustimmung für den Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes vorsah, sondern auch für den Wechsel des Aufenthaltsortes des Elternteils (Botschaft des Bundesrates zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Elterliche Sorge] vom 16. November 2011, BBl 2011 9107), beschränkte das Parlament die Zustimmungsbedürftigkeit auf die Veränderung des Aufenthaltsortes des Kindes und ergänzte Art. 301a ZGB im Übrigen um die Absätze 3 bis 5 (Informationspflicht bei alleinigem Sorgerecht; Informationspflicht in Bezug auf den eigenen Wohnsitzwechsel; Verständigung bzw. Entscheid über die Anpassung der Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltes). Anlass zu diesem Schritt gaben Bedenken, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung eine Anzahl von verfassungsmässigen Rechten, wie die Niederlassungsfreiheit (Art. 24 BV), die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) aber auch die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV), die auch Eltern zustehen, beschränken würde.

4.3. Der mit der verabschiedeten Fassung von Abs. 2 bewusst getroffene Entscheid des Gesetzgebers, dass die Niederlassungs- bzw. die Bewegungsfreiheit der Elternteile zu respektieren ist, bildet den Ausgangspunkt für die Auslegung von Art. 301a ZGB und insbesondere für die Beurteilung der für die Wegzugsfrage relevanten Kriterien.

Die vom Gericht oder der Kindesschutzbehörde zu beantwortende Frage lautet folglich nicht, ob es für das Kind vorteilhafter wäre, wenn beide Elternteile im Inland verbleiben würden. Die entscheidende Fragestellung ist vielmehr, ob sein Wohl besser gewahrt ist, wenn es mit dem auswanderungswilligen Elternteil wegzieht oder wenn es sich beim zurückbleibenden Elternteil aufhält, wobei diese Frage unter Berücksichtigung der auf Art. 301a Abs. 5 ZGB gestützten Anpassung der Kinderbelange (Betreuung, persönlicher Verkehr, Unterhalt) an die bevorstehende Situation zu beantworten ist (vgl. dazu einlässlich das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.6). Die hierbei aufkommende Frage, wo sich im Rahmen der neuen Begebenheiten der Aufenthaltsort des Kindes befinden soll, ist ausgerichtet am Kindeswohl zu beantworten (vgl. Art. 301a Abs. 5 ZGB; Botschaft, a.a.O., S. 9108). Dieser Grundsatz geniesst Verfassungsrang (Art. 11 BV) und bildet für sämtliche Kindesbelange die oberste Richtschnur (BGE 129 III 250 E. 3.4.2 S. 255; 141 III 312 E. 4.2.4 S. 319; 141 III 328 E. 5.4 S. 340). Zwischen der Anpassung der Kinderbelange und der unter dem Aspekt des Kindeswohls zu beantwortenden Frage, ob die Verlegung des Aufenthaltsortes zu bewilligen ist, besteht eine enge Interdependenz.

4.4. Die Kriterien, die das Bundesgericht im Zusammenhang der Obhutszuteilung im Trennungs- oder Scheidungsfall entwickelt hat, können auf die Anwendung von Art. 301a ZGB übertragen werden. Für die Neuregelung der Eltern-Kind-Verhältnisse haben die Interessen der Eltern in den Hintergrund zu treten; abzustellen ist auf die persönlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, auf ihre erzieherischen Fähigkeiten und die Bereitschaft, die Kinder in eigener Obhut zu haben und sie weitgehend persönlich zu betreuen und zu pflegen, sowie auf das Bedürfnis der Kinder nach der für eine harmonische Entfaltung in körperlicher, seelischer und geistiger Hinsicht notwendigen Stabilität der Verhältnisse, welches bei gleicher Erziehungs- und Betreuungsfähigkeit besonderes Gewicht erhält (Urteil 5A_375/2008 vom 11. August 2008 E. 2).

4.5. Im konkreten Fall haben die Parteien das Modell der hälftigen Betreuung ihrer Tochter gewählt. Beide Eltern haben bislang ihr Kind persönlich betreut und gedenken, in Zukunft zu arbeiten. Während die Beschwerdeführerin in Spanien zu 60 % einer ausserhäuslichen Arbeit nachgehen will, beabsichtigt der Beschwerdegegner zu 70-80 % als … tätig zu sein. Damit aber sind beide Parteien auf Fremdbetreuung angewiesen und erweist sich das Element der Eigenbetreuung als wertneutral.

Die Tochter der Parteien wurde im Juni dieses Jahres sieben Jahre alt. Sie ist damit tendenziell noch personenorientiert; jedenfalls lässt sich nicht von einer gefestigten Umgebungsverbundenheit und einem Freundeskreis usw. sprechen. Auch die Einschulung dürfte erst bevorstehen und wäre grundsätzlich auch in Spanien möglich. Es ist jedoch zu beachten, dass die Beschwerdeführerin die Sprache nicht spricht, in Spanien keine Wurzeln und abgesehen von der Beziehung zur Partnerin keine Bezugspunkte zu diesem Land hat. Der vorliegende Fall, in dem die Beschwerdeführerin in ein auch für sie fremdes Land auswandert, ist nicht mit jenem vergleichbar, in dem ein Elternteil in sein Heimatland und seinen eigenen Familienkreis zurückkehren will. Im letzteren Fall sind die Kinder in aller Regel schon bisher zweisprachig aufgewachsen, mit der anderen Kultur vertraut und mit der dortigen Familie (Grosseltern, Onkeln und Tanten etc.) bekannt. Der Aspekt der Kontinuität der Verhältnisse spricht vorliegend für einen Verbleib der Tochter in der Schweiz.

Die Beschwerdeführerin hält dem Beschwerdegegner vor, er könne der Tochter einen weniger stabilen Rahmen bieten; das Obergericht ist der Auffassung, dass die (bisher als Fernbeziehung geführte) Beziehung der Beschwerdeführerin zu ihrer Partnerin in Spanien wenig gefestigt sei. Die Fachbehörden halten beide Elternteile für fähig, das Kind zu erziehen. Dieser Aspekt dürfte – soweit Prognosen überhaupt möglich sind – mit Bezug auf die Frage der Bewilligung des Wegzuges zusammen mit der Tochter in etwa wertneutral sein. Dass der Vater momentan arbeitslos ist, darf keine ausschlaggebende Rolle spielen; dem Kind droht dadurch keine Gefahr. Auf der anderen Seite kann der Beschwerdeführerin weder vorgehalten werden, dass die Partnerschaft erst zwei Jahre dauert, noch dass sie noch eine Arbeitsstelle wird finden müssen: Es geht nicht um einen Wegzug ins Nichts; die Beschwerdeführerin zieht vielmehr zu ihrer Partnerin nach Spanien in deren familiäres Umfeld. In Bezug auf die Stabilität der Verhältnisse darf und muss aber im Zusammenhang mit dem Kindeswohl berücksichtigt werden, dass es sich nicht um eine registrierte Partnerschaft handelt, sodass die Beschwerdeführerin bei deren Auflösung (bzw. bei einem Scheitern des tatsächlichen Zusammenlebens, welches bislang noch nicht stattgefunden hat) ungeschützt wäre. Weil Spanien ihr selbst (auch sprachlich) ein fremdes Land ist, würde sie diesfalls wohl in die Schweiz zurückkehren, was mit einem grundsätzlich nicht wünschbaren Hin und Her für das Kind verbunden wäre. Insofern ist es nicht zu beanstanden, dass das Obergericht auch diese Aspekte als für einen Verbleib des Kindes in der Schweiz sprechend ansah.

Die Tochter spricht sich für einen Verbleib in der Schweiz aus, wobei sie an beiden Elternteilen hängt und weiterhin engen Kontakt mit beiden möchte. Bei der Anhörung dürfte sie rund 6-jährig gewesen sein. Das Obergericht hat zutreffend festgehalten, sie habe sich deshalb noch kein umfassendes Bild darüber machen können, was ein Wegzug bedeuten würde. Indes spiegeln die betreffenden Äusserungen bei einem 6-jährigen Kind seine verständliche Angst, aus seiner gewohnten Umgebung herausgelöst, in ein fremdes Land geschickt zu werden und dort in einer ihm unbekannten Sprache zur Schule gehen zu müssen. Ein abrupter Wechsel an einen nicht vertrauten Ort und die Einschulung in einer unvertrauten Sprache sind nicht im Interesse des Kindes.

Den bisherigen Ausführungen zufolge sind beide Elternteile nach Einschätzung der Fachstellen erziehungsgeeignet und haben dies auch langjährig durch Tat bewiesen. Weder bei einem Verbleib in der Schweiz und damit beim Beschwerdegegner noch bei einem Wegzug mit der Beschwerdeführerin droht eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls. Vor dem Hintergrund, dass die Eltern ihre Tochter bislang je hälftig betreut haben, sind nach den zutreffenden Überlegungen des Obergerichtes weitere Kriterien beizuziehen. Die vorstehend angestellten Überlegungen zum Kindeswohl sprechen überwiegend zugunsten eines Verbleibes des Kindes am bisherigen Ort.

4.6. Auch die übrigen, noch nicht behandelten Vorbringen der Beschwerdeführerin lassen den angefochtenen Entscheid nicht als bundesrechtswidrig erscheinen: Entgegen ihrer Behauptung hat die Vorinstanz die Stossrichtung von Art. 301a ZGB richtig erkannt und hat im Ergebnis der bundesgerichtlichen Auslegung von Art. 301a ZGB entsprechend den Überlegungen des Kindeswohls den massgebenden Stellenwert eingeräumt. Aufgrund des aufgezeigten Gesetzgebungsprozesses lässt sich auch das von der Beschwerdeführerin zum Grundsatz erklärte voraussetzungslose Zustimmungsgebot nicht vertreten. Bezüglich des von der Beschwerdeführerin angesprochenen Dreikreise-Modells, das im Ausländerrecht Anwendung findet und zwischen Ländern verschiedener Kreise unterscheidet, genügt ein Hinweis auf Art. 301 Abs. 2 lit. a ZGB. Diese Bestimmung spricht ganz allgemein vom Aufenthaltsort im Ausland und unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Ländern. Der Gesetzgeber liess sich dabei von der Überlegung leiten, dass ein Wegzug ins Ausland regelmässig zur Begründung einer ausländischen Jurisdiktion führt und sich daher die spätere Durchsetzung einer in der Schweiz getroffenen Regelung der elterlichen Sorge entsprechend schwieriger gestaltet (Botschaft, a.a.O., S. 9107). Schliesslich lässt sich auch eine Zustimmung unter Auflagen weder mit den Materialien noch dem Gesetzeswortlaut vereinbaren.

4.7. Zusammenfassend hält der angefochtene Entscheid den gesetzlichen Anforderungen von Art. 301a ZGB stand. Der Vorwurf der Verletzung von Bundesrecht erweist sich als unbegründet.

Update 14.9.2016

In einem Urteil vom 11. August 2016 (5A_581/2015 = BGE 142 III 502) erläuterte das Bundesgericht nochmals die Grundsätze in Bezug die Umzugsbewilligung. Konkret wollte die Mutter mit dem Kind aus der Region Interlaken nach Solothurn ziehen. Im Gegensatz zu einem Umzug ins Ausland ist bei einem Inlandumzug nicht zwingend eine Erlaubnis notwendig, sondern nur dann, wenn der Umzug erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge oder auf den persönlichen Verkehr hat. Schliesslich hob das Bundesgericht die Umzugsbewilligung auf, weil die Vorinstanz den Sachverhalt ungenügend festgestellt sowie mit der Umzugsbewilligung die Betreuung nicht neu geregelt hat.

2. In der Sache geht es um die Bewilligung der Veränderung des Aufenthaltsortes des gemeinsamen Kindes sowie um die Frage der entsprechenden Neuregelung des Eltern-Kind-Verhältnisses. Der Beschwerdeführer macht geltend, es seien die Interessen des Kindes (gesamtes bisheriges Leben und gute Integration in U.; enge Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen, die mit einem Wegzug vereitelt werde, namentlich aufgrund der beruflich speziellen Situation des Vaters) nicht näher beleuchtet, sondern bloss eine eigentliche Gefährdung des Kindeswohls verneint und im Übrigen festgehalten worden, der Wegzug der Mutter sei nachvollziehbar, obwohl gar nicht abgeklärt worden sei, ob ihre Arbeitsmöglichkeiten in Solothurn im Vergleich zum bisherigen Wohnort besser wären. Sodann liege eine Verletzung von Art. 301a Abs. 5 ZGB vor, indem die kantonalen Instanzen trotz seiner von Anfang an explizit gestellten Begehren weder die Anpassung der Obhuts- bzw. Betreuungsregelung noch überhaupt eine (bislang nicht vorhandene) Regelung des persönlichen Verkehrs vorgenommen, sondern sich auf die blosse Bewilligung der Aufenthaltsverlegung des Kindes beschränkt hätten.

2.1. Unbekümmert um die Vorschriften von Art. 105 Abs. 1 und Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG enthält der angefochtene Entscheid keinerlei Sachverhaltsfeststellungen, sondern lediglich eine Zusammenfassung der Parteistandpunkte. Danach betreibt der Vater eine Firma, wobei er 70 % seines Umsatzes an den Wochenendtagen erwirtschaftet. Er sah seine Tochter mindestens an drei Tagen pro Woche, wobei nicht hervorgeht, in welchem Rahmen; in der kantonalen Beschwerde hatte der Vater das Verhältnis so geschildert, dass sie jeweils die Zeit von Sonntagnachmittag bis Montagabend, den Mittwochnachmittag sowie einen weiteren Tag pro Woche mit bzw. bei ihm verbracht habe. Weiter lässt sich den Akten entnehmen, dass der Vater vor der KESB anbot, im Rahmen einer alternierenden Obhut insbesondere die Betreuung an den einkommensschwachen Wochentagen von Montag bis Donnerstag zu übernehmen. Gemäss Zusammenfassung der Parteistandpunkte im angefochtenen Entscheid ist die Sichtweise der Mutter, dass das Kind einen stabilen Lebensmittelpunkt braucht und dieser bisher bei ihr bestanden habe. In ihrer Vernehmlassung an das Obergericht hatte sie überdies festgehalten, dass sie in Solothurn aufgewachsen sei und keinen Bezug zum Berner Oberland habe; seit fünf Jahren sorge sie jeden Tag für das Kind und sie werde dies auch weiterhin tun. Ferner lässt sich aus verschiedenen Aktenstücken erstellen, was in Lit. A wiedergegeben ist.

2.2. Mit Bundesgesetz vom 21. Juni 2013, in Kraft getreten auf 1. Juli 2014 (AS 2014 357), wurde die elterliche Sorge und in diesem Zusammenhang auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend die Kinder einer Revision unterzogen. Das neue Recht statuiert als allgemeinen Grundsatz die gemeinsame elterliche Sorge, welche das Recht einschliesst, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (Art. 301a Abs. 1 ZGB). Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes verlegen, so bedarf dies im Inlandverhältnis der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts bzw. der Kindesschutzbehörde, wenn der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den anderen Elternteil hat (Art. 301 Abs. 2 lit. b ZGB).

2.3. Was die Frage der „erheblichen Auswirkungen“ anbelangt, ging das Obergericht stillschweigend davon aus, dass diese bei einem Wechsel von U. (in der Nähe von Interlaken) nach Solothurn gegeben sind, ansonsten es nicht materiell über den Wegzug entschieden hätte. Aufgrund des Fehlens von Sachverhaltsfeststellungen und rechtlichen Ausführungen zu diesem Thema ist allerdings nicht klar, ob das Obergericht dies in der Annahme tat, dass vor dem Wegzug faktisch so etwas wie eine alternierende Obhut praktiziert worden ist, oder ob es von einer alleinigen Betreuung und Obhut der Mutter, aber davon ausging, dass aufgrund der beruflichen Situation des Vaters (stark wochenendorientierte Tätigkeit) die Ausübung eines klassischen Wochenend-Besuchsrechtes mit grossen Schwierigkeiten verbunden wäre und damit eine erhebliche Auswirkung im Sinn von Art. 301 Abs. 2 lit. b ZGB verbunden sein könnte. Jedenfalls für den Fall, dass ein Besuchsberechtigter übliche Arbeitszeiten unter der Woche hat, wären nämlich beim klassischen Besuchsrechtsmodell „erhebliche Auswirkungen“ im Zusammenhang mit dem persönlichen Verkehr nicht auf Anhieb ersichtlich, lassen sich doch Besuche, welche üblicherweise an jedem zweiten Wochenende stattfinden, bei einer Distanz von 100 km normalerweise gut bewerkstelligen, soweit hierfür elterlicher Wille vorhanden und keine besondere Situation gegeben ist (beispielsweise komplizierter Reiseweg, kein eigenes Auto, äusserst knappe finanzielle Verhältnisse). Anders sieht es freilich beim Modell der alternierenden Obhut aus, welche insbesondere bei schulpflichtigen Kindern unmöglich auf eine Distanz von 100 km beibehalten werden kann (vgl. im Einzelnen E. 2.4.1).

2.4. In rechtlicher Hinsicht sind verschiedene Fragen im Zusammenhang mit dem Wortlaut von Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB zu klären, insbesondere auch, ob die verabschiedete Fassung dem wirklichen Sinn entspricht, welchen der Gesetzgeber der Norm zugedacht hat.

Der bundesrätliche Entwurf vom 17. November 2011 enthielt die Formulierung „erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge durch den anderen Elternteil“. Der Nationalrat als behandelnder Erstrat erweiterte Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB dahingehend, dass sich die erheblichen Auswirkungen „auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den anderen Elternteil“ zu beziehen haben. Der Ständerat änderte die Norm noch in anderer Hinsicht (dazu zur Publ. bestimmtes Urteil 5A_450/2016 vom 11. März 2016 E. 2.4) und der Nationalrat stimmte der ständerätlichen Fassung schliesslich zu (AB 2013 N 704).

In Bezug auf den vorliegend interessierenden unbestimmten Rechtsbegriff der „erheblichen Auswirkungen“ stellen sich insbesondere die beiden folgenden Fragen: Zum einen, auf welche Komponenten der elterlichen Sorge sich die „erheblichen Auswirkungen“ in der ersten Tatbestandsvariante beziehen (dazu E. 2.4.1); zum anderen, ob es dem wirklichen Willen des Gesetzgebers entspricht, wenn die „erheblichen Auswirkungen“ aufgrund der Verwendung der Konjunktion „und“ (statt „oder“) kumulativ im Zusammenhang mit zwei Tatbestandsvarianten gegeben sein müssen (dazu E. 2.4.2).

2.4.1. Die Botschaft des Bundesrates bezieht sich noch auf den im Entwurf vorgeschlagenen Wortlaut, gemäss welchem die „erheblichen Auswirkungen“ auf die „Ausübung der elterlichen Sorge durch den anderen Elternteil“ beschränkt und folglich solche im Zusammenhang mit der Ausübung des Besuchsrechts belanglos gewesen wären. Das Besuchsrecht ist nämlich keine Komponente der elterlichen Sorge. Es steht den Eltern vielmehr um ihrer Persönlichkeit willen zu (BGE 122 III 404 E. 3a S. 406; 123 III 445 E. 3b S. 451; Urteile 5C.250/2005 vom 3. Januar 2006 E. 3.1.1; 5C.298/2006 vom 21. Februar 2007 E. 2.2) und knüpft gesetzlich gerade daran, dass die elterliche Sorge dem anderen Elternteil nicht oder jedenfalls nicht zusammen mit der Obhut zusteht (vgl. Art. 273 Abs. 1 ZGB). Entgegen dem, was die Botschaft insinuiert – es lägen dann keine erheblichen Auswirkungen auf die Wahrnehmung der elterlichen Sorge vor, wenn die Eltern nicht in der gleichen Gemeinde lebten und sich der Reiseweg durch den Umzug nur geringfügig verlängere oder sogar verkürze (BBl 2011 9107) – wäre deshalb beim Besuchsrechtsmodell der Umzug selbst an einen entlegenen Ort innerhalb der Schweiz nicht zustimmungsbedürftig gewesen. Dies hat die vorberatende Kommission des Nationalrates erkannt, weshalb sie eine entsprechende Ausdehnung von Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB durch Schaffung einer zweiten Tatbestandsvariante vorgeschlagen hat, welche schliesslich Gesetz geworden ist.

Die „erheblichen Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge“ können sich nicht in jeweils gleichem Mass auf sämtliche Komponenten des Sorgerechtes beziehen, zu welchen namentlich die Entscheidungsbefugnis in zentralen Fragen der Lebensplanung (d.h. insbesondere Grundfragen der Erziehung, Art. 302 Abs. 1 ZGB, Religionszugehörigkeit, Art. 303 ZGB, Namensgebung, Art. 301 Abs. 4 ZGB, allgemeine und berufliche Ausbildung, Art. 302 Abs. 2 ZGB, und weitere Punkte wie medizinische Eingriffe, Ausübung von Hochleistungssport etc., vgl. BGE 136 III 353 E. 3.2 S. 357), die Vertretung des Kindes (Art. 304 ZGB), die Vermögensverwaltung für das Kind (Art. 318 Abs. 1 ZGB) und aufgrund der Sorgerechtsnovelle das Aufenthaltsbestimmungsrecht (Art. 301a Abs. 1 ZGB) gehören. Zwar ist dieses ganze Bündel an Rechten bei gemeinsamer elterlicher Sorge an sich gemeinsam auszuüben. Gerade für die Komponente des Aufenthaltsbestimmungsrechts gilt dieser Grundsatz aber insofern nur begrenzt, als der binnenstaatliche Umzug nach der Regelung in Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB nicht in jedem Fall zustimmungsbedürftig ist, obwohl die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bei einem Umzug in das Nachbardorf nicht anders beschlagen ist als einem Umzug an einen entfernten Ort.

Die „erheblichen Auswirkungen“ können sich folglich nur auf anderweitige Komponenten der elterlichen Sorge beziehen, und auch hier vernünftigerweise nur auf solche, welche im jeweiligen Einzelfall in direkter Abhängigkeit zur Distanz und den konkreten Umständen des Wegzuges betroffen sind. In erster Linie ist an den Fall zu denken, dass nicht bloss ein Besuchsrecht ausgeübt, sondern ein Betreuungsanteil wahrgenommen wird. Am extremsten äussert sich dies beim Modell der ungefähr zu gleichen Teilen ausgeübten alternativen Obhut, welche je nach konkreter Ausgestaltung und Alter des Kindes bereits ab einer geringen Distanz illusorisch wird. Indes kann die Schwelle zu „erheblichen Auswirkungen bei der Ausübung der elterlichen Sorge“ auch bei asymmetrischen Betreuungsanteilen relativ bald erreicht sein, jedenfalls wenn mit der Betreuung ein Bringen und Abholen des Kindes von der Krippe oder Schule verbunden ist. Dabei kommt es wie gesagt immer auf den Einzelfall an. Je nach Betreuungsmodell (einschliesslich der Frage der teilweisen Betreuung durch Grosseltern etc.), Anzahl, Alter und konkreten Bedürfnissen der Kinder sowie zeitlicher Flexibilität der Eltern u.ä.m. haben die konkreten Umstände des Wegzuges, insbesondere die Frage der Entfernung, kleinere oder grössere Auswirkungen, welche eine Zustimmungsbedürftigkeit für die Veränderung des Aufenthaltsortes des Kindes auslösen, sobald sie die Schwelle der „Erheblichkeit“ überschreiten.

Demgegenüber stehen die weiteren Komponenten der elterlichen Sorge eher im Hintergrund. Die Vertretung des Kindes gegenüber Dritten lässt sich meist auch auf eine gewisse Distanz wahrnehmen. Noch mehr trifft dies auf die Vermögensverwaltung für das Kind zu, welche in der Regel keine örtliche Nähe erfordert. Auch die Komponente der Entscheidungsbefugnis im Sinn eines Mitentscheidungsrechts bei zentralen Fragen der Lebensplanung des Kindes lässt sich angesichts der heutigen Kommunikationsmittel problemlos über grössere Distanzen hinweg ausüben (vgl. GLOOR/SCHWEIGHAUSER, Die Reform des Rechts der elterlichen Sorge – eine Würdigung aus praktischer Sicht, in: FamPra.ch 2014, S. 21), soweit zwischen den Eltern die Kommunikation einigermassen funktioniert. In diesem Sinn hat das Bundesgericht in einem neulich publizierten Entscheid dem im Zusammenhang mit einem Wegzug von Mutter und Kind nach Katar gestellten Begehren um Alleinzuteilung der elterlichen Sorge nicht stattgegeben (vgl. BGE 142 III 1).

Die „erheblichen Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge“ sind nach dem Gesagten in erster Linie im Zusammenhang mit dem vor dem Umzug konkret gelebten Betreuungsmodell zu sehen, während bei anderen Komponenten der elterlichen Sorge „erhebliche Auswirkungen“ zwar denkbar sind, aber nicht im Vordergrund stehen. Massgeblich ist mithin im Regelfall, ob sich das bisherige Betreuungsmodell in unveränderter Form bzw. mit geringen Anpassungen weiterführen lässt oder ob dies aufgrund des Umzuges nicht der Fall ist (sinngleich SCHWENZER/COTTIER, in: Basler Kommentar, N. 9 zu Art. 301a ZGB; leicht abweichend: BÜCHLER/MARANTA, Das neue Recht der elterlichen Sorge, in: Jusletter vom 11. August 2014, Rz. 80).

2.4.2. Was die zweite Frage anbelangt, so wurde der nationalrätliche Mehrheitsantrag, wonach Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB um den „persönlichen Verkehr“ zu erweitern sei, in der parlamentarischen Debatte als „strengere Formulierung“ angesehen (Markwalder, AB 2012 N 1652) und damit begründet, dass das Besuchsrecht des anderen Elternteils durch den Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes nicht de facto vereitelt werden dürfe (Schwander, AB 2012 N 1653).

Daraus erhellt, dass die Mehrheit des Parlamentes die Bestimmung dahingehend erweitern wollte, dass zusätzlich auch bei erheblichen Auswirkungen des Wegzuges auf das Besuchsrecht die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich sein sollte. Der Gesetzgeber hatte damit offensichtlich das klassische Besuchsrechtsmodell vor Augen, bei welchem grundsätzlich der eine Elternteil die Betreuung des Kindes übernimmt und die Obhut inne hat, während der andere Elternteil im Rahmen des Besuchsrechts Kontakt mit dem Kind pflegen kann (Art. 273 Abs. 1 ZGB).

Der Inhalt des Sorgerechts konzentriert sich beim besuchsberechtigten Elternteil auf die Komponente der Entscheidungsbefugnis im Sinn eines Mitentscheidungsrechts bei zentralen Fragen der Lebensplanung des Kindes sowie allenfalls auf vertretungs- und vermögensrechtliche Fragen. Folglich liegen beim Besuchsrechtsmodell, welches bei nie eingegangenem oder aufgehobenem gemeinsamem Haushalt auch heute noch vorherrschend ist, in der Regel nicht gleichzeitig für beide der in Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB genannten Tatbestandsvarianten „erhebliche Auswirkungen“ vor. Die Konjunktion „und“ würde deshalb zum sinnwidrigen Ergebnis führen, dass beim Besuchsrechtsmodell auch der Wegzug an einen entlegenen Ort innerhalb der Landesgrenzen nicht zustimmungsbedürftig wäre. Die gesetzgeberische Absicht, durch eine Erweiterung des Gesetzeswortlautes genau dies zu verhindern, hätte sprachlich die Konjunktion „oder“ erfordert. Damit die Intention des Gesetzgebers nicht in ihr Gegenteil verkehrt wird, muss Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB mithin dahingehend teleologisch reduziert werden (zur Zulässigkeit der teleologischen Auslegung vgl. BGE 128 I 34 E. 3b S. 41; 140 I 305 E. 6.2 S. 311; 140 II 80 E. 2.5.3 S. 87; 140 II 495 E. 2.3.2 S. 500), dass die Konjunktion „oder“ in die Bestimmung zu lesen ist und somit alternativ die eine oder andere Tatbestandsvariante (erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge oder erhebliche Auswirkungen auf den persönlichen Verkehr) den Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes zustimmungsbedürftig macht (in diesem Sinn auch GLOOR/SCHWEIGHAUSER, a.a.O., S. 22).

2.5. Was sodann die Frage anbelangt, nach welchen Grundsätzen die Frage der Wegzugsbewilligung durch das Gericht oder die zuständige Behörde zu entscheiden ist, hat sich das Bundesgericht hierzu ausführlich im zur Publikation bestimmten Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.3-2.8 sowie zusammenfassend auch im öffentlich beratenen und ebenfalls zur Publikation vorgesehenen Urteil 5A_945/2015 vom 7. Juli 2016 E. 4.2-4.4 geäussert. Beide Entscheide ergingen zu einem Wegzug des Kindes ins Ausland, die zentralen Erwägungen sind aber gleichermassen auch für die binnenstaatliche Verlegung des Aufenthaltsortes von Kindern unter gemeinsamem Sorgerecht relevant. Die bundesgerichtliche Kernerwägung geht dahin, dass die im Ständerat eingebrachte und angesichts der verabschiedeten Fassung von Art. 301a Abs. 2 ZGB vom Gesetzgeber bewusst getroffene Wertung, die Niederlassungs- bzw. die Bewegungsfreiheit der Elternteile zu respektieren, den Ausgangspunkt für die Auslegung der Norm bildet. Es ist mithin nicht nach den Motiven für den elterlichen Wegzug zu forschen, sondern von dieser Prämisse auszugehen. Dementsprechend lautet die vom Gericht oder der Kindesschutzbehörde zu beantwortende Frage nicht, ob es für das Kind vorteilhafter wäre, wenn beide Elternteile am angestammten Ort verbleiben würden; die entscheidende Fragestellung ist vielmehr, ob sein Wohl besser gewahrt ist, wenn es mit dem wegzugswilligen Elternteil geht oder wenn es sich beim zurückbleibenden Elternteil aufhält (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.6), was allenfalls eine Umteilung der Obhut impliziert (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.6).

Die Antwort auf die genannte Frage hat sich – wie dies der Beschwerdeführer zutreffend geltend macht – nicht an der Interventionsschwelle der Kindesgefährdung, sondern an der Maxime des Kindeswohls auszurichten (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.6 und 2.7) und sie kann weder losgelöst vom bisher gelebten (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.7 und 2.9) noch losgelöst vom zukünftig zur Debatte stehenden Betreuungsmodell gefunden werden (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.6 und E. 2.8). Das bisherige Betreuungsmodell bildet, unter Vorbehalt veränderter Verhältnisse, den Ausgangspunkt der Überlegungen. Ist das Kind von beiden Elternteilen in ähnlichem Umfang betreut worden und sind auch weiterhin beide Teile dazu bereit, ist die Ausgangslage gewissermassen neutral und ist anhand weiterer Kriterien zu eruieren, welche Lösung im besten Interesse des Kindes liegt. War hingegen der umzugswillige Elternteil nach dem bisher tatsächlich gelebten Betreuungskonzept ganz oder überwiegend die Bezugsperson, wird es tendenziell zum besseren Wohl des Kindes sein, wenn dieses mit dem betreffenden Elternteil umzieht. Massgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalles, wozu namentlich auch das Alter des Kindes gehört (für die einzelnen Kriterien und alle weiteren Ausführungen vgl. Urteil 5A_450/2016 vom 11. März 2016 E. 2.7, welches zu einem internationalen Wegzug ergangen, aber gleichermassen auf den landesinternen Umzug zu übertragen ist). Sodann besteht eine enge Interdependenz zwischen dem zukünftigen Betreuungskonzept und der Bewilligung des Umzuges (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.6).

Dies leitet über zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die kantonalen Instanzen hätten mit der Weigerung, die Obhuts- bzw. Betreuungsregelung anzupassen oder wenigstens den persönlichen Verkehr zu regeln, gegen Art. 301a Abs. 5 ZGB verstossen.

2.6. Soweit dies erforderlich ist, verständigen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages; können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde (Art. 301a Abs. 5 ZGB).

Diese Regelung geht zurück auf einen Vorschlag der ständerätlichen Kommission zu Art. 301a ZGB, mit welchem nicht nur eine Modifikation von Abs. 2, sondern auch die zusätzliche Aufnahme der Abs. 3-5 angeregt wurde (vgl. AB 2013 S 13). Bundesrätin Sommaruga führte im Ständerat zu Abs. 5 aus, es werde ausdrücklich festgehalten, dass die Eltern in allen Fällen (gemeint: welche zustimmungsbedürftig im Sinn von Abs. 2 sind) die Notwendigkeit der Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhalts prüfen müssten und ersatzweise das Gericht oder die Kindesschutzbehörde darüber zu entscheiden habe (vgl. AB 2013 S 14).

Auch das Bundesgericht ist explizit von einer Einheit der Bewilligung des Wegzuges und der Prüfung der Anpassung des Eltern-Kind-Verhältnisses ausgegangen (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.8). Es hat hierfür mehrere Gründe angeführt, wobei der im Zusammenhang mit der Bewilligung eines internationalen Wegzug des Kindes genannte Verlust der schweizerischen Entscheidzuständigkeit für dem Umzug innerhalb der Landesgrenzen nicht topisch ist. Für den nationalen wie internationalen Umzug gleichermassen relevant sind aber die weiteren Gründe, welche eine einheitliche Beurteilung von Wegzug und Anpassung des Eltern-Kind-Verhältnisses erfordern.

Zunächst entspricht die Konzentration aller zu beurteilender Aspekte in einem einzigen Entscheid dem Konzept des Gesetzgebers, wie es in der parlamentarischen Beratung deutlich zum Ausdruck gekommen ist und in der verabschiedeten Gesetzesfassung Niederschlag gefunden hat. Die Marginalie zu Art. 301a ZGB lautet „Bestimmung des Aufenthaltsortes“ und der betreffende Artikel regelt in mehreren Absätzen, über welche Fragen in diesem Zusammenhang insgesamt zu befinden ist. Dies ist konsequent, weil zwischen der Anpassung der Kinderbelange und der unter dem Aspekt des Kindeswohls zu beantwortenden Frage, ob die Verlegung des Aufenthaltsortes zu bewilligen ist, eine enge Interdependenz besteht (Urteil 5A_450/2015 vom 11. März 2016 E. 2.6). Der andere Elternteil kann nämlich ebenso wenig wie das Gericht oder die Kindesschutzbehörde über die Zustimmung oder Verweigerung des Wegzuges des Kindes im luftleeren Raum befinden. Vielmehr bedarf es einer konkreten Entscheidungsbasis, welche bei gericht licher oder behördlicher Entscheidung aufgrund der in allen Kinderbelangen zur Anwendung gelangenden Offizial- und Untersuchungsmaxime von Amtes wegen durch aktives Erforschen zu erstellen ist (Art. 296 ZPO bzw. Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 446 ZGB; BGE 128 III 411 E. 3.1 und 3.2.1 S. 412 f.; 142 III 153 E. 5.1.1 S. 519). Ein tragfähiger Entscheid über die Frage, ob ausgehend vom Wegzug des einen Elternteils ein Mitgehen oder ein Verbleib des Kindes beim anderen Elternteil zu seinem besseren Wohl ist, kann nur getroffen werden, wenn eine Vorstellung darüber besteht, in welche Umgebung der Umzug erfolgen soll und wie das zukünftige Betreuungs- bzw. Besuchskonzept einerseits bei einem Mitgehen des Kindes und andererseits bei einem Verbleib beim anderen Elternteil aussehen würde. Selbstredend können vom wegzugswilligen Elternteil unter Umständen nicht Details wie genaue Wohn- und Schuladresse etc. verlangt werden, weil dieser für die Umsetzung seiner Pläne oftmals gerade auf die Zustimmung des anderen Elternteils bzw. auf den bewilligenden Behördenentscheid angewiesen ist. Indes müssen die Konturen des Wegzuges feststehen, weil die Zustimmung oder Verweigerung durch den anderen Elternteil bzw. durch das Gericht oder die Kindesschutzbehörde auf konkreten Grundlagen fussen muss (Urteil 5A_450/2016 vom 11. März 2016 E. 2.8).

Das Obergericht hat zur Begründung für das Absehen von der (Neu-) Regelung des Eltern-Kind-Verhältnisses angeführt, dass zwar im Zustimmungsentscheid auch über die Anpassung der Kinderbelange zu befinden sei, gemäss SCHWENZER/COTTIER, Basler Kommentar, N. 13 zu Art. 301a ZGB, jedoch nur „in der Regel“, weshalb die KESB ein Ermessen und sie dieses in casu willkürfrei ausgeübt habe (angefochtener Entscheid, S. 8). Es mögen besondere Konstellationen denkbar sein, in welchen eine Durchbrechung des Grundsatzes der Entscheideinheit angezeigt sein könnte (BÜCHLER/MARANTA, a.a.O., Rz. 90). Dies setzt aber eine Begründung voraus, weshalb die konkrete Situation eine Ausnahme erfordert. Hierzu genügt nicht, wenn ohne jede Begründung und ohne Wahrnehmung der gegebenen vollen Kognition festgehalten wird, die KESB habe willkürfrei auf eine Regelung verzichtet.

2.7. Nach den Ausführungen der Mutter in der Vernehmlassung an das Bundesgericht besteht offenbar zwischenzeitlich eine gewisse Vereinbarung über das Besuchs- und Ferienrecht, wobei nicht klar ist, ob es sich dabei um eine parteiinterne Regelung handelt und auf welcher Basis sie erfolgt ist. So oder anders kann das Bundesgericht – welches an sich zur Fällung eines Sachentscheides aufgerufen wäre, weil die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich reformatorischer, nicht kassatorischer Natur ist – nicht in der Sache entscheiden. Zum einen liegen keine Sachverhaltsfeststellungen vor, auf welche das Bundesgericht abstellen könnte (Art. 105 Abs. 1 und Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Zum anderen hat bislang noch keine kantonale Instanz über die relevanten Fragen befunden, so dass das Bundesgericht in materieller Hinsicht gewissermassen als erste Instanz entscheiden würde. Die Sache ist deshalb zur Erstellung des rechtserheblichen Sachverhaltes (tatsächlich gelebtes Betreuungskonzept vor dem Wegzug; Konturen [nicht Motive] des Wegzuges der Mutter; Bedürfnisse des Kindes im Zusammenhang mit der Wegzugssituation; angebotener Betreuungsumfang und tatsächliche Betreuungsmöglichkeiten der Elternteile ausgehend von der neuen Situation) sowie zur darauf basierenden Entscheidung im Sinn der vorstehenden und der verwiesenen Erwägungen im Urteil 5A_450/2015 (Frage des Wegzuges des Kindes nach Solothurn; Frage der neuen Regelung von Obhut, Betreuungsanteilen und/oder persönlichem Verkehr; Frage einer allfälligen Anpassung des Unterhaltes) an das Obergericht zurückzuweisen.

Vorliegend besteht die besondere Situation, dass die Mutter sich den nicht aufschiebenden Charakter der Beschwerde in Zivilsachen (vgl. Art. 103 Abs. 1 BGG sowie ständige Praxis der II. zivilrechtlichen Abteilung, wonach nur bei zivilstandsrechtlich relevanten Vorgängen wie Begründung eines Kindesverhältnisses, nicht aber der Regelung der Eltern-Kind-Beziehung von einem Gestaltungsurteil im Sinn von Art. 103 Abs. 2 lit. a BGG ausgegangen wird) zunutze gemacht hat und während laufender Rechtsmittelfrist umgezogen ist. Ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass das Obergericht vor dem Hintergrund des Kindeswohls, welches die oberste Maxime in materiellen Entscheidungen über Kinderbelange bildet (BGE 129 III 250 E. 3.4.2 S. 255; 141 III 312 E. 4.2.4 S. 319; 141 III 328 E. 5.4 S. 340), ungeachtet der Tatsache des einseitigen Handelns der Mutter während laufender Rechtsmittelfrist bei seiner neuen Entscheidung von der aktuellen und nicht von der damaligen Situation auszugehen hat (vgl. beispielsweise Urteil 5A_106/2016 vom 7. Juni 2016 E. 3.2 und 3.4).

3. Zusammenfassend ergibt sich, dass in Gutheissung des Eventualantrages der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Feststellung des Sachverhaltes und neuen Entscheidung im Sinn der Erwägungen an das Obergericht zurückzuweisen ist. (…)

Update vom 27.4.2017

Das Bundesgericht äusserte sich in einem Urteil vom 23. März 2017 (5A_619/2016 = BGE 143 III 193) zu einer Eventualbegründung der Vorinstanz, welche den Umzug des Kindes nach Deutschland bewilligt hätte, wenn es materiell darüber hätte entscheiden müssen:

7. Über die Nichteintretenserwägungen hinaus hat das Obergericht seinen Entscheid subsidiär auch materiell begründet, und zwar dahingehend, dass die Mutter die hauptbetreuende Person ist und es im Interesse des Kindes liegt, wenn es mit ihr nach Deutschland zieht. Im Übrigen verneinte das Obergericht die Ansicht des Beschwerdeführers, der Umzug diene primär dazu, ihn aus dem Leben des Kindes zu verdrängen; es hielt fest, dass die Mutter in Bonn aufgewachsen sei, dort Verwandte und Freunde sowie eine neue Arbeitsstelle habe, so dass der Umzug offensichtlich aus sachlichen Gründen erfolge.

Der Beschwerdeführer kritisiert die materielle Begründung des Obergerichtes als oberflächlich; gemäss BGE 142 III 481 E. 2.3 S. 486 seien im Sinn der Washingtoner Erklärung die verschiedenen Parameter im Rahmen einer umfassenden Auslegeordnung zu prüfen und zu beantworten. Insbesondere sei gemäss BGE 142 III 481 E. 2.7 S. 495 auch die Umteilung des Kindes in Erwägung zu ziehen, wenn ein Elternteil offensichtlich nur deshalb wegziehe, um es dem anderen zu entfremden. Ferner habe sich das Obergericht nicht mit der Stellungnahme der Beiständin vom 6. Januar 2016 auseinandergesetzt, wonach das Kind bei einem Aufenthaltswechsel all seine Freunde und Bekannten sowie seinen Therapeuten und sein gesamtes vertrautes Umfeld in der Schweiz verliere und sich in einem unbekannten Umfeld neu zurechtfinden müsste.

In erster Linie wird damit eine Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs geltend gemacht. Dies setzt jedoch eine substanziierte Verfassungsrüge, nämlich die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV voraus, wofür das strenge Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG gilt (zu den diesbezüglichen Rügeanforderungen siehe BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176). Dem vermögen die weder der Form noch dem Inhalt nach als Verfassungsrüge, sondern in rein appellatorischer Weise vorgetragenen Ausführungen nicht ansatzweise gerecht zu werden.

Im Übrigen war der Wegzug auch von der Sache her klarerweise zu erlauben und insbesondere steht diese Erlaubnis entgegen den Ausführungen des Vaters nicht in Widerspruch, sondern in Übereinstimmung mit der einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 301 Abs. 2 lit. a ZGB. Im Leitentscheid BGE 142 III 481 hat das Bundesgericht festgehalten, dass in einem ersten Schritt gerade nicht – im Sinn der Washingtoner Erklärung (dazu E. 2.3 S. 486) – eine allgemeine Abwägung zwischen den Interessen aller Beteiligten vorzunehmen ist, sondern aufgrund einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers im Rahmen der parlamentarischen Beratung von Art. 301 Abs. 2 ZGB (dazu E. 2.4 S. 487 f.) ein jeder Elternteil frei ist, um- oder wegzuziehen (E. 2.5 S. 488 ff.), und in einem zweiten Schritt unter der Hypothese des Wegzuges der geeignetere Aufenthaltsort des Kindes zu klären ist (E. 2.6 S. 491 f.), namentlich anhand von Kriterien wie Stabilität der Verhältnisse, Erziehungsfähigkeit sowie Betreuungsmöglichkeit der Eltern, Alter und Äusserungen sowie Bedürfnisse des Kindes, dessen Bezug zum alten und neuen Ort, sprachliche Integration, u.a.m.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus den Entscheiden der KESB und des Obergerichts, dass das Begehren des Vaters um alternierende Obhut angesichts des in diesem Zusammenhang in Auftrag gegebenen Ergänzungsgutachtens vom 29. Juni 2015, welches der Mutter volle und dem Vater eine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit attestierte, mit Entscheid der KESB vom 2. September 2015, bestätigt durch das Obergericht mit Entscheid vom 21. Januar 2016, abgewiesen wurde und das Kind deshalb weiterhin zur Hauptsache von der Mutter betreut wird, wobei der Vater in der Schweiz über ein erweitertes Besuchsrecht verfügte. Weiter ergibt sich, dass eine enge Beziehung zu den in Gehdistanz lebenden Grosseltern in Bonn besteht und auch der Pate in dortiger Nähe wohnt, dass die Mutter in Bonn eine angemessene Wohn- und Betreuungslösung gefunden hat, während der Vater für den Fall eines Verbleibens des Mädchens in der Schweiz keine Lösung aufgezeigt bzw. einzig mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 abstrakt festgehalten hat, mit Hilfe der Grossmutter die Betreuung problemlos sicherstellen zu können, dass das Kind an beiden Elternteilen hängt, jedoch die Mutter seine wichtigste Bezugsperson ist und es gemäss Ergänzungsgutachten altersentsprechend entwickelt und verhaltensunauffällig ist.

Dass bei einem Umzug auf grössere Distanz die Beziehung zum alten Ort bei einem Kind im Alter von C. relativ rasch verblasst und die Therapie nicht mit dem bisherigen Therapeuten fortgesetzt werden kann, versteht sich von selbst und ergibt sich nicht erst aus dem Bericht der Beiständin, welchen das Obergericht im Unterschied zur KESB nicht ausdrücklich zitiert hat. Indes behauptet auch der Vater nicht, dass die Therapie in Bonn nicht fortgeführt werden könnte. Sodann sprechen die einschlägigen Kriterien (Erziehungseignung, Betreuungskontinuität) dafür, dass es im besseren Interesse des Kindes ist, mit der Mutter nach Bonn zu ziehen als zum Vater umplatziert zu werden. Im Übrigen lässt sich entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht von einer gefährdenden Entwurzelung des Kindes sprechen; es verbleibt im gleichen Sprachraum und wird künftig in einem ihm aus Besuchen bereits bekannten und in Kürze vertrauten Umfeld leben (Grosseltern, Götti, Freundeskreis der Mutter und bald auch eigene Schulfreundinnen). Ferner bleibt es auch in der vorliegenden Beschwerde bei der abstrakten Behauptung, die Mutter wolle ihm das Kind entfremden und der Wegzug beruhe deshalb nicht auf sachlichen Motiven; dem stehen die von der KESB und dem Obergericht getroffenen, für das Bundesgericht verbindlichen gegenteiligen Sachverhaltsfeststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) entgegen, vor deren Hintergrund die in spezifischen Fallkonstellationen indizierte Überprüfung einer Umplatzierung (vgl. BGE 142 III 481 E. 2.7 S. 495) – vorliegend zum bisher nicht betreuenden und gemäss Gutachten für die Betreuung auch weniger geeigneten Vater – nicht entfernt zur Debatte stehen kann.

Dem kantonalen Rechtsmittel konnte somit in der Sache kein Erfolg beschieden sein und die dahingehenden subsidiären materiellen Erwägungen des Obergerichtes verletzen kein Bundesrecht. Erneut sei aber betont, dass es sich dabei um eine materielle Eventualbegründung handelte und das Obergericht auf die Berufung richtigerweise nicht eingetreten ist, weil es keinen materiellen Entscheid fällen durfte und ein solcher in Deutschland auch nicht anerkannt werden dürfte (vgl. dazu E. 2).