Straflose Jugendliebe

In der Schweiz gilt das Schutzalter 16. Sexuelle Handlungen mit Kindern unter 16 Jahren sind strafbar. Sexuelle Handlungen sind jedoch straflos, wenn der Alterunterschied der Beteiligten weniger als 3 Jahre beträgt. Daraus kann man aber nicht schliessen, dass sexuelle Handlungen in diesen Fällen immer strafbar sind, wenn der Alterunterschied mehr als 3 Jahre beträgt. Ist der Täter noch nicht 20 Jahre alt, kann auch von einer Bestrafung abgesehen werden, wenn besondere Umstände vorliegen.

Art. 187 StGB
1. Gefährdung der Entwicklung von Minderjährigen. / Sexuelle Handlungen mit Kindern
1. Wer mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt,
es zu einer solchen Handlung verleitet oder
es in eine sexuelle Handlung einbezieht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. Die Handlung ist nicht strafbar, wenn der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt.
3. Hat der Täter zur Zeit der Tat oder der ersten Tathandlung das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt und liegen besondere Umstände vor oder ist die verletzte Person mit ihm die Ehe oder eine eingetragene Partnerschaft eingegangen, so kann die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung absehen.
4. Handelte der Täter in der irrigen Vorstellung, das Kind sei mindestens 16 Jahre alt, hätte er jedoch bei pflichtgemässer Vorsicht den Irrtum vermeiden können, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Das Bundesgericht äusserte sich in Bezug auf besondere Umstände in einem Urteil vom 17. August 2016 (6B_485/2016) wie folgt:

1. Der Beschwerdeführer macht besondere Umstände im Sinne von Art. 187 Ziff. 3 StGB geltend.
(..)
1.2. Gemäss Art. 187 Ziff. 3 StGB kann von der Bestrafung abgesehen werden, wenn der Täter zur Tatzeit das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hat und ausserdem „besondere Umstände“ vorliegen. Was unter diesen besonderen Umständen zu verstehen ist, beantwortet sich nach der Grundidee der Gesetzesänderung vom 21. Juni 1991, die am 1. Oktober 1992 in Kraft trat. Damit wollte der Gesetzgeber einerseits den veränderten gesellschaftlichen Auffassungen Rechnung tragen, andererseits Fälle von Jugendliebe flexibler als bisher handhaben. Die Gesetzesänderungen beim Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern zeigen, dass der Gesetzgeber eine Entkriminalisierung von Fällen beabsichtigte, in denen die Beteiligten praktisch gleichaltrig sind, besondere Umstände vorliegen oder sich eine Liebesbeziehung entwickelt hat. Eine Strafnorm wurde unter solchen Umständen als nicht mehr gerechtfertigt betrachtet (BGE 119 IV 138 E. 3d S. 143 f. mit Hinweisen auf Materialien und Beratungen in E. 2). Dieser Gedanke der Entkriminalisierung sexueller Beziehungen von Jugendlichen führt vorab zu einer grosszügigen Auslegung des Begriffs der besonderen Umstände. Darunter kann etwa die Liebesbeziehung zwischen jugendlichen Beteiligten fallen. Eine solche ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Täter in guten Treuen annehmen darf, die sexuellen Handlungen erfolgten im Rahmen einer Beziehung, getragen von gegenseitiger Zuneigung. Damit ist zugleich gesagt, dass ein Ausnutzen des Partners eine Liebesbeziehung im Sinne der besonderen Umstände von Art. 187 Ziff. 3 StGB ausschliesst (Urteil 6S.101/1994 vom 25. März 1994 E. 1c/aa; STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 7. Aufl. 2010, § 7 N. 19 S. 170; MICHEL DUPUIS ET AL., Petit commentaire du Code pénal, 2. Aufl. 2012, N. 51 zu Art. 187 StGB; BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, Vol. I, 3. Aufl. 2010, N. 41 zu Art. 187; PHILIPP MAIER, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, N. 33 zu Art. 187 StGB; ANDREAS DONATSCH, Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen, 10. Aufl. 2013, S. 497; TRECHSEL/BERTOSSA, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 13 zu Art. 187 StGB; JÖRG REHBERG, Das revidierte Sexualstrafrecht, AJP 1993 S. 19; HANS WIPRÄCHTIGER, Aktuelle Praxis des Bundesgerichts zum Sexualstrafrecht, ZStrR 117/1999 S. 125; STEFAN TRECHSEL, Fragen zum neuen Sexualstrafrecht, ZBJV 129/1993 S. 590).

1.3. Die Vorinstanz erwägt, es lägen keine besonderen Umstände im Sinne von Art. 187 Ziff. 3 StGB vor. Es reiche nicht aus, dass sich der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegnerin 2 „während der Woche, in welcher es zu den sexuellen Kontakten kam, geliebt hatten“. Der Altersunterschied zur 14-jährigen Beschwerdegegnerin 2 habe fast fünf Jahre betragen. Die Initiative zum Geschlechtsverkehr sei vom Beschwerdeführer gekommen. Er leugne die sexuellen Kontakte konsequent. Wenn überhaupt von einer Beziehung gesprochen werden könne, habe diese sehr kurz gedauert.

1.4. Der Beschwerdeführer trägt vor, die Vorinstanz würdige das Beweisergebnis der Berufungsverhandlung vom 1. März 2016 nicht hinreichend. Die Beschwerdegegnerin 2 habe dort erstmals detaillierte Angaben zu ihrer Beziehung zu ihm gemacht. In der Ferienwoche vom 23. bis 27. Juli 2012 sei es täglich mehrmals zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen. Der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegnerin 2 hätten an der Berufungsverhandlung betont, sie seien in jenem Sommer ineinander verliebt gewesen und hätten die Beziehung schön gefunden. Der Beschwerdeführer habe der Beschwerdegegnerin 2 zum Geburtstag eine Kette geschenkt samt Anhänger in Herzform mit Gravur der Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen. Die Beschwerdegegnerin 2 habe ausgesagt, der Beschwerdeführer sei sehr eifersüchtig gewesen und habe Angst gehabt, sie würde ihn betrügen, weshalb sie ihm fortwährend habe sagen müssen, dass sie ihn liebe und ihm treu sein werde. Die Beschwerdegegnerin 2 habe betont, der Verlust des Beschwerdeführers habe sie tief verletzt. Er selber habe ein schlechtes Gewissen gehabt, als er die Beziehung beendet habe. Die Mutter der Beschwerdegegnerin 2 habe ausgesagt, sie habe eine Vertrauensbeziehung zum Beschwerdeführer aufgebaut. Er und ihre Tochter seien jeweils im anderen Elternhaus zu Besuch gewesen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die detaillierten Aussagen der Parteien an der Berufungsverhandlung liessen erkennen, dass sich die nur wenige Wochen dauernde Beziehung Schritt für Schritt entwickelt habe und beide dazu beigetragen hätten, dass sie früh in einen Geschlechtsverkehr gemündet sei. Insbesondere der freie und offene Bericht der Beschwerdegegnerin 2 an der Berufungsverhandlung habe deutlich gemacht, dass sie damals nicht unerfahren gewesen sei und den Geschlechtsverkehr gewollt, gesucht und aktiv mitgestaltet habe. Sie sei es gewesen, die sich jeweils zum Beschwerdeführer nach Hause begeben und von sich aus Kondome besorgt habe. Die Initiative zum Geschlechtsverkehr sei zumindest ebenso von der geschlechtsreifen und nicht unerfahrenen Beschwerdegegnerin 2 ausgegangen. Namentlich habe sie eingeräumt, der Sex mit dem Beschwerdeführer habe ihr gefallen mit Ausnahme des ersten Mals, als sie ein schlechtes Gewissen geplagt habe wegen der Eltern.

1.5. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin 2 eine Jugendliebe im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung und Lehre bestand (vgl. oben E. 1.2). Es liegen keine Umstände vor, die darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer den Altersunterschied ausgenutzt hätte. Es bestand eine echte Zuneigung, die zu den sexuellen Kontakten führte, weshalb besondere Umstände im Sinne von Art. 187 Ziff. 3 StGB vorliegen. Daran ändert nichts, dass der Altersunterschied mehr als vier Jahre betrug und der Beschwerdeführer die sexuellen Handlungen bis zuletzt leugnete.

So erkannte das Bundesgericht denn auch in einem vergleichbaren Fall besondere Umstände gemäss Art. 187 Ziff. 3 StGB: Die Beteiligten waren während rund zwei Jahren näher befreundet. Nach einigen Monaten wurde die Beziehung intimer, beide wollten diese Intimitäten, und das Kind unter 16 Jahren fühlte sich nicht überfordert. Es wurde nicht ausgenützt, sondern fand die sexuellen Handlungen gut. Gemäss übereinstimmenden Aussagen liebten sich die beiden. Das Bundesgericht führte aus, von einer Beziehung junger Beteiligter dürfe nicht eine Intensität im Sinne eines eheähnlichen Verhältnisses verlangt werden. Auch sei nicht entscheidend, dass der Altersunterschied der Beteiligten über vier Jahre betrug und das Kind im Zeitpunkt der sexuellen Beziehungen noch nicht 14-jährig gewesen war (Urteil 6S.101/1994 vom 25. März 1994 E. 1c/bb).

1.6. Der Beschwerdeführer hat zur Zeit der Tathandlungen das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt. Indem die Vorinstanz besondere Umstände verneint und Art. 187 Ziff. 3 StGB nicht anwendet, verletzt sie Bundesrecht.