In einen kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts (BGE vom 17.11.2016, 5A_738/2016 = BGE 142 III 732) stellte sich die Frage, ob die KESB eine gerichtliche Beschwerdeinstanz sei. Relevant ist die folgende Bestimmung des Zivilgesetzbuches:
Art. 450 A. Beschwerdeobjekt und Beschwerdebefugnis
1 Gegen Entscheide der Erwachsenenschutzbehörde kann Beschwerde beim zuständigen Gericht erhoben werden.
Die Fallkonstellation, mit dem sich das Bundesgericht befassen musste, ist etwas speziell. Wenn im Kanton Thurgau die KESB die Kompetenz zur Entlassung aus der fürsorgerischen Unterbringung der zuständigen Einrichtung (Klinik) delegiert hat, ist die KESB bei einer Verweigerung der Entlassung durch die Einrichtung die erste Beschwerdeinstanz.
Das ZGB sieht Folgendes vor:
Art. 428 B. Zuständigkeit für die Unterbringung und die Entlassung / I. Erwachsenenschutzbehörde
1 Für die Anordnung der Unterbringung und die Entlassung ist die Erwachsenenschutzbehörde zuständig.
2 Sie kann im Einzelfall die Zuständigkeit für die Entlassung der Einrichtung übertragen.
Art. 439 G. Anrufung des Gerichts
1 Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann in folgenden Fällen schriftlich das zuständige Gericht anrufen:
(…)
3. bei Abweisung eines Entlassungsgesuchs durch die Einrichtung;
Das Bundesgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:
A. Mit ärztlicher Verfügung vom 12. April 2016 wurde A. (geb. 1990; Betroffene) wegen einer psychischen Störung fürsorgerisch in die B. AG, Privatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, eingewiesen. Während ihres Aufenthaltes wurde sie aufgrund physischer Beschwerden notfallmässig in das Kantonsspital Frauenfeld verlegt und dort operiert. In der Folge hielt sie sich zur Rehabilitation in der Klinik V. auf. Mit ärztlicher Verfügung vom 4. Mai 2016 wurde sie in der B. AG, Privatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, (nachfolgend: Klinik) bzw. in der Psychiatrischen Klinik W. untergebracht. Mit Entscheid vom 23. Mai 2016 wies die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde U. (nachfolgend: KESB) eine dagegen erhobene Beschwerde der Betroffenen ab.
B.a. Am 2. Juni 2016 beschloss die KESB die Weiterführung der fürsorgerischen Unterbringung der Betroffenen und verlegte diese in die Klinik. Im Weiteren delegierte die Behörde die Entlassungskompetenz an die Einrichtung. In diesem Verfahren amtete Dr. C. als Präsidentin der KESB.
B.b. Am 28. Juli 2016 ersuchte der Verein D. die Klinik darum, die Betroffene sofort zu entlassen. Mit Entscheid vom 3. August 2016 wies die ärztliche Leitung das Entlassungsgesuch ab. Die Betroffene gelangte dagegen an die KESB, die ihre Beschwerde mit Entscheid vom 11. August 2016 abwies. Auch im Beschwerdeverfahren war Dr. C. als Präsidentin eingesetzt. Mit Entscheid vom 29. August 2016 wies das Obergericht des Kantons Thurgau die Beschwerde der Betroffenen gegen den Entscheid der KESB ab, soweit darauf einzutreten war.
C. Die Betroffene (Beschwerdeführerin) hat am 5. Oktober 2016 (Postaufgabe) beim Bundesgericht gegen den Entscheid des Obergerichts Beschwerde erhoben. Sie beantragt, es sei vorfrageweise festzustellen, dass durch „§ 16 Abs. 1 und § 58 Abs. 2 EG ZGB sowie die diese Artikel konkretisierende Verordnung des Obergerichts (KESV), insbesondere § 19 Abs. 2, §§ 70 ff. KESV, die Art. 6 Abs. 1 und 5 Abs. 4 EMRK sowie Art. 30 Abs. 1 BV verletzt werden“ (1). Der angefochtene Entscheid und die fürsorgerische Unterbringung seien aufzuheben (2). Eventuell sei das Verfahren zur Durchführung einer Anhörung/Hauptverhandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen (3). Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Bundesgericht hielt Folgendes fest und wies die Beschwerde ab:
2.1. Im Kanton Thurgau ist die sachliche Zuständigkeit für Beschwerden gegen die Verweigerung der Entlassung aus der fürsorgerischen Unterbringung nicht einheitlich geregelt: Wird die Entlassung gestützt auf Art. 428 Abs. 1 ZGB durch die KESB verweigert, bildet das Obergericht (einzige) kantonale Beschwerdeinstanz (Art. 450 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 11c Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 3. Juli 1991, RB 210.1, EGZGB/TG). Über Beschwerden gegen die Abweisung des Entlassungsgesuchs durch die Einrichtung (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB) befindet die KESB als (erste) Beschwerdeinstanz (§ 58 Abs. 2 EGZGB/TG). Deren Entscheid kann alsdann an das Obergericht weitergezogen werden (§ 11c Abs. 1 EGZGB/TG; HERMANN SCHMID, Kommentar Erwachsenenschutz, 2010, N. 4 zu Art. 439 ZGB; Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG).
2.2. Die KESB hat am 2. Juni 2016 als verfügende Behörde beschlossen, die seinerzeit ärztlich verfügte fürsorgerische Unterbringung der Beschwerdeführerin fortzusetzen. Damit ist sie grundsätzlich auch für die Entlassung der Beschwerdeführerin zuständig (Art. 428 Abs. 1 ZGB). Sie hat indes gestützt auf Art. 428 Abs. 2 ZGB verfügt, über die Entlassung der Beschwerdeführerin entscheide die Einrichtung. Die Beschwerdeführerin hat am 28. Juli 2016 um Entlassung aus der Einrichtung ersucht und die Klinik hat dieses Begehren mit Entscheid vom 3. August 2016 abgewiesen. Im vorliegend zu beurteilenden Fall hat die KESB über die Beschwerde gegen die Abweisung des Entlassungsgesuchs durch die Klinik als erste Beschwerdeinstanz entschieden (Entscheid vom 11. August 2016).
3.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Umstand, dass die KESB einerseits als verfügende Behörde, anderseits aber auch als Beschwerdeinstanz amtet und macht zusammengefasst – wie vor Obergericht – geltend, die KESB sei kein Gericht im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 bzw. Art. 5 Ziff. 4 EMRK.
3.2. Nach Art. 439 Abs. 1 i.V.m. Abs. 1 Ziff. 3 ZGB kann die betroffene oder eine ihr nahestehende Person das zuständige Gericht anrufen, wenn ihr Entlassungsgesuch durch die Einrichtung abgewiesen worden ist. Die Rechtsprechung verlangt wenigstensein Gericht im materiellen Sinne (BGE 139 III 98 E. 3.3 S. 102 f; 108 Ia 178 E. 4b S. 186 f.). Nach dem Willen des Gesetzgebers sind die Kantone berechtigt, ein zweistufiges gerichtliches Beschwerdeverfahren einzuführen (BGE 139 III 98 E. 3.2.2 S. 101). Eine kantonale Regelung, die zunächst die Überprüfung durch eine Verwaltungsbehörde und erst hernach den Zugang zum Gericht vorsieht, erweist sich nach dem Gesagten als bundesrechtswidrig. Angesichts dieser Rechtslage ist im Folgenden zu prüfen, ob es sich bei der KESB um ein (materielles) Gericht handelt.
3.3. Als Gericht im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV bzw. von Art. 6 Ziff. 1 EMRK gilt eine Behörde, die nach Gesetz und Recht in einem justizförmigen, fairen Verfahren begründete und bindende Entscheidungen über Streitfragen trifft. Sie braucht nicht in die ordentliche Gerichtsstruktur eines Staates eingegliedert zu sein, muss jedoch organisatorisch und personell, nach der Art ihrer Ernennung, der Amtsdauer, dem Schutz vor äusseren Beeinflussungen und nach ihrem äusseren Erscheinungsbild sowohl gegenüber anderen Behörden als auch gegenüber den Parteien unabhängig und unparteiisch sein (vgl. BGE 126 I 228 E. 2a/bb S. 230 f.). Nebst den Merkmalen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gehört zu seinem Wesen, dass ein Gericht die rechtserheblichen Tatsachen selber erhebt, die Rechtssätze auf diesen in einem rechtsstaatlichen Verfahren ermittelten Sachverhalt anwendet und für die Parteien bindende Entscheidungen in der Sache fällt (vgl. BGE 118 Ia 473 E. 5a S. 478; 124 II 58 E. 1c S. 63). Es muss über umfassende Kognition in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verfügen (vgl. BGE 123 I 87 E. 3a S. 90; 126 I 33 E. 2a S. 34 und 144 E. 3c S. 152; zum Ganzen auch: BGE 139 III 98 E. 4.2 S. 104 f.).
3.4.1. Nach § 16 Abs. 1 und 4 EGZGB/TG wählt der Regierungsrat die Mitglieder der KESB und bestimmt deren Präsidenten. Die Wahl durch den Regierungsrat statt durch den Grossen Rat bzw. durch das Volk genügt für sich allein genommen nicht, um der KESB die Eigenschaft des unabhängigen Gerichts abzuerkennen (siehe dazu die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) 23695/02 Clarke gegen Grossbritannien vom 25. August 2005 Ziff. 1; 10328/83 Belilos gegen die Schweiz vom 29. April 1988 Ziff. 66; 8790/79 Sramek gegen Österreich vom 22. Oktober 1984, Série A, Band 84, Ziff. 38; 7819/77; 7878/77 Campbell und Fell gegen Grossbritannien vom 28. Juni 1984, Série A, Band 80, Ziff. 79; siehe dazu auch: GEROLD STEINMANN, in: Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, N. 15 zu Art. 30 BV). § 32 der Verfassung des Kantons Thurgau vom 16. März 1987 (KV/TG; RB 101) setzt die Amtsdauer der Personen und Behördenmitglieder, die vom Volk oder vom Grossen Rat gewählt werden oder für die das Gesetz die Wahl auf Amtsdauer vorsieht, auf vier Jahre fest. Zwar ist die Amtsdauer der Mitglieder der KESB nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt; doch ergibt sich aus den entsprechenden Wahlbeschlüssen des Regierungsrates, dass die Behördemitglieder der KESB auf eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt sind (Rechenschaftsbericht des Obergerichts des Kantons Thurgau [RBOG] 2013 Nr. 1). § 16 Abs. 1 EGZGB/TG hält ausdrücklich fest, dass der KESB gerichtliche Unabhängigkeit im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zukommt. Um die gerichtliche Unabhängigkeit zu wahren, übt denn auch nicht der Regierungsrat, sondern das Obergericht die fachliche Aufsicht über die KESB aus und erlässt die nötigen Bestimmungen (§ 11c Abs. 2 EGZGB/TG). Einzig die administrative Aufsicht obliegt dem Regierungsrat (§ 11 Abs. 1 Ziff. 3 EGZGB/TG). Die Entlöhnung der Mitglieder der KESB richtet sich nach der Verordnung des Grossen Rates über die Besoldung des Staatspersonals (Besoldungsverordnung) vom 18. November 1998 (RB 177.2; §§ 34 ff.). Die KESB befasst sich nur mit den ihr durch das Bundesrecht zugewiesenen Bereichen, womit sich ihre sachliche Zuständigkeit im Wesentlichen auf den Kindes- und Erwachsenenschutz beschränkt (Art. 3 Abs. 1 EGZGB/TG). Sie erforscht den Sachverhalt von Amtes wegen (Art. 446 Abs. 1 ZGB) und wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 446 Abs. 4 ZGB). Diese Verfahrensgrundsätze gelten auch für das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz (Art. 450-450e ZGB; SCHMID, a.a.O., N. 5 zu Art. 450 ZGB; DANIEL STECK, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 5. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 450 ZGB) und damit kraft des in Art. 439 Abs. 3 ZGB enthaltenen Verweises auf diese Bestimmungen auch für das Beschwerdeverfahren gemäss Art. 439 ZGB.
3.4.2. Zusammenfassend ergibt sich demnach, dass die Kompetenz der KESB auf einem Gesetz beruht. Sie ist gegenüber anderen Behörden und den Parteien unabhängig und in der Rechtsprechung nicht weisungsgebunden. Der streitgegenständliche Entscheid fällt in ihre sachliche Zuständigkeit; das Verfahren ist justizmässig durchgeführt worden und war nicht per se unfair. Ausserdem beruht der Entscheid der KESB auf vollständiger Sachverhaltsermittlung und freier umfassender Rechtsanwendung, mithin auf einer umfassenden Kognition in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Schliesslich hat die KESB einen begründeten bzw. bindenden Entscheid über eine konkrete Streitfrage – hier: die Entlassung aus der Klinik – getroffen. Sie ist somit – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – ein Gericht im Sinn von Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 bzw. Art. 5 Ziff. 4 EMRK und Art. 439 Abs. 1 ZGB.
Das Bundesgericht hat entschieden, dass ein Gericht nicht ein Gericht im formellen Sinn (= Judikative) sein müsse, sondern es reiche, dass die Beschwerdeinstanz wie ein Gericht entscheidet (Gericht im materiellen Sinn). Das ist vorliegend der Fall, da die KESB unabhängig und nicht weisungsgebunden ist. Rechtlich gibt es an der Begründung wenig auszusetzen, jedoch vermag der Entscheid rechtspolitisch nicht wirklich zu überzeugen.
Im Kanton Zürich ist bei einer Delegation die ärztliche Leitung der Einrichtung für die Entlassung zuständig (§ 34 Abs. 1 EG KESR). Gegen Entscheide betreffend die Verweigerung der Entlassung ist richtigerweise Beschwerde ans Einzelgericht am Ort der Einrichtung möglich (§ 62 Abs. 2 Satz 2 EG KESR). Die Problematik wie im Kanton Thurgau, wo die KESB in solchen Fällen über Beschwerden entscheidet, stellt sich somit gar nicht. Die KESB ist folglich im Kanton Zürich kein Gericht. Auch wenn das Bundesgericht die Regelung im Kanton Thurgau geschützt hat, ist es trotzdem angezeigt, die vermukste Zuständigkeit der KESB in solchen Fällen zu ändern. Als Vorbild dient die Regelung im Kanton Zürich. Noch besser wäre es jedoch, das Verfahrensrecht eidgenössisch zu vereinheitlichen.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts ist nicht neu. Bereits im Jahr 2012 stellte sich in Bezug auf den Kanton Zürich die Frage, ob der Bezirksrat ein Gericht sei. Es war umstritten, ob als erste Beschwerdeinstanz der Bezirksrat eingesetzt werden darf oder ob dies das Bezirksgericht sein muss.
Das Bundesgericht entschied in BGE 139 III 98 Folgendes:
Art. 450 Abs. 1 ZGB; Beschwerde beim zuständigen Gericht; Regelung im Kanton Zürich.
Der Zürcher Bezirksrat darf im zivilrechtlichen Bereich als Gericht im materiellen Sinn anerkannt und vom kantonalen Recht als Beschwerdeinstanz gegenüber Entscheiden der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde bezeichnet werden (E. 3 und 4).
3. Ab 1. Januar 2013 gilt gemäss nArt. 450 Abs. 1 ZGB, dass gegen Entscheide der Erwachsenenschutzbehörde Beschwerde beim zuständigen Gericht erhoben werden kann. Als Beschwerdeinstanz hat der kantonale Gesetzgeber den Bezirksrat eingesetzt. Zu prüfen ist, ob die Zuständigkeitsordnung mit der bundesgesetzlichen Regelung des Erwachsenenschutzes und dabei namentlich mit nArt. 450 Abs. 1 ZGB als vereinbar erscheint.
3.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinns und der dem Text zu Grunde liegenden Wertungen. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, das heisst eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (vgl. BGE 138 II 105 E. 5.2 S. 107 f.; BGE 138 III 166 E. 3.2 S. 168 und 359 E. 6.2 S. 361). Bei der Auslegung neuerer Bestimmungen kommt den Gesetzesmaterialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger nahelegen (vgl. BGE 133 III 497 E. 4.1 S. 499; BGE 137 III 470 E. 6.5.2 S. 472).
3.2 Nach nArt. 450 Abs. 1 ZGB kann gegen Entscheide der Erwachsenenschutzbehörde Beschwerde „beim zuständigen Gericht“ („devant le juge compétent“; „davanti al giudice competente“) erhoben werden. Der Wortlaut ist insoweit klar. Gewisse Zweifel daran begründet allerdings die Zuständigkeitsregelung in nArt. 441 ZGB, wonach die Kantone „die Aufsichtsbehörden“ („la ou les autorités de surveillance“; „le autorità di vigilanza“) bestimmen (Abs. 1) und der Bundesrat Bestimmungen über die Aufsicht erlassen kann (Abs. 2). Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich dazu Folgendes:
3.2.1 In Übereinstimmung mit dem Wortlaut von nArt. 450 Abs. 1 ZGB verlangte der Vorentwurf (VE) in Art. 444, dass die Kantone die Aufsichtsbehörden bestimmen (Abs. 1), dass über Beschwerden ein Gericht entscheidet (Abs. 2) und dass der Bundesrat Bestimmungen über die Aufsicht erlässt (Abs. 3). Die Formulierung „Über Beschwerden entscheidet ein Gericht“ (Art. 444 Abs. 2 VE) steht vor dem Hintergrund, dass nach der Idee der Expertenkommission bereits die Erwachsenenschutzbehörde ein „Fachgericht“ (Art. 443 Abs. 1 VE) sein sollte und deshalb über Beschwerden gegen Entscheide der Erwachsenenschutzbehörde wiederum ein Gericht befinden sollte. Der Begriff des Gerichts wurde allerdings nicht im formellen, sondern im materiellen Sinn verstanden, wonach jedes auf Gesetz beruhende Organ, das unabhängig und nicht weisungsgebunden arbeitet sowie den Sachverhalt selber ermittelt, Gericht ist (Erwachsenenschutz, Bericht zum Vorentwurf, Juni 2003, S. 19 und 79 f.).
3.2.2 Die Vorgabe, dass die Erwachsenenschutzbehörde ein „Gericht“ sein müsse, stiess im Vernehmlassungsverfahren auf Ablehnung. Es wurde eingewendet, dass die notwendige Professionalität auch mit einer Fachbehörde gewährleistet werden könne, die eine Verwaltungsbehörde sei. Der bundesrätliche Entwurf (E) trug der Kritik Rechnung und schrieb nur eine „Fachbehörde“ als Erwachsenenschutzbehörde vor (Art. 440 E). Er verzichtete auf die ausdrückliche Vorschrift, dass über Beschwerden ein Gericht entscheidet, und gestattete den Kantonen, „Aufsichtsbehörden“ zu bestimmen (Art. 441 Abs. 1 E), d.h. weiterhin, entsprechend dem bisherigen Recht, zwei Aufsichtsbehörden einzusetzen und das heutige System beizubehalten. In der Botschaft wird dazu ausgeführt, da die Erwachsenenschutzbehörde künftig eine Fachbehörde sei und es bei der Anordnung von Massnahmen um Eingriffe in das Grundrecht der persönlichen Freiheit gehe, sollten ihre Entscheide nicht mehr an eine Verwaltungsbehörde weitergezogen werden können. Vielmehr sollten sie im Rechtsmittelverfahren direkt von dem Gericht beurteilt werden, das vom kantonalen Recht bezeichnet werde. Den Kantonen stehe es frei, das für Beschwerden zuständige Gericht mit der allgemeinen Aufsicht zu betrauen oder zwei gerichtliche Rechtsmittelinstanzen vorzusehen. Mit dem Begriff „Gericht“ sei nicht zwingend ein formelles Gericht gemeint. Vielmehr gehe es darum, dass das Organ den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genüge. Es müsse unabhängig und unparteiisch sein, die rechtserheblichen Tatsachen selber ermitteln, die einschlägigen Rechtsnormen auf diesen Sachverhalt anwenden und einen verbindlichen Entscheid fällen. Verlangt werde dagegen nicht, dass das Gericht nur aus Berufsrichterinnen und Berufsrichtern bestehe (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006 7001, 7010 f. Ziff. 1.2.4 und 7074 zu Art. 441 E).
3.2.3 Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer haben die Eidgenössischen Räte den vom Bundesrat vorgelegten Text nicht in Unkenntnis der Frage nach der richtigen Behördenorganisation verabschiedet. Die Regelung über die Erwachsenenschutzbehörde und damit die Behördenorganisation insgesamt war einer der kritischen Punkte – wie zuvor im Vorentwurf – auch der bundesrätlichen Vorlage. Im Ständerat als Erstrat wiesen die Kommissionssprecher auf die Vielfalt der kantonalen Lösungen hin, die es zu beachten gelte (vgl. insbesondere das Votum Bonhôte, AB 2007 S 821 f.). Den einschlägigen Bestimmungen (Art. 440 ff. E) wurde unter Hinweis auf die Autonomie der Kantone in der Behördenorganisation alsdann zugestimmt (AB 2007 S 840 f.). Vorab wegen der vorgeschlagenen Behördenorganisation und dem damit verbundenen Eingriff in einen kantonalen Zuständigkeitsbereich wurden im Nationalrat erfolglos ein Rückweisungsantrag (AB 2008 N 1510-1514) und mehrere Abänderungsanträge (AB 2008 N 1535-1539) gestellt, die bundesrätliche Vorlage zum Schluss aber angenommen. In praktisch sämtlichen Wortmeldungen von Befürwortern und Gegnern wurde dabei die Autonomie der Kantone in der Organisation ihrer Behörden hervorgehoben.
3.3 Der Schluss aus den Gesetzesmaterialien, dass die Kantone nicht gezwungen werden wollten, als Beschwerdeinstanz gemäss nArt. 450 Abs. 1 ZGB ein Gericht im formellen Sinne einzusetzen, wird im Schrifttum – soweit es sich äussert – mehrheitlich unwidersprochen wiedergegeben (vgl. VOGEL/WIDER, Das neue Erwachsenenschutzrecht, Zeitschrift für Vormundschaftswesen [ZVW] 64/2009 S. 73 ff., 77 Ziff. 3.2; HAUSHEER/GEISER/AEBI-MÜLLER, Das neue Erwachsenenschutzrecht, 2010, S. 18 N. 1.65; HERMANN SCHMID, Erwachsenenschutz, Kommentar, 2010, N. 10 zu nArt. 450 ZGB; MEIER/LUKIC, Introduction au nouveau droit de la protection de l’adulte, 2011, S. 44 N. 95; PATRICK FASSBIND, in: ZGB, Schweizerisches Zivilgesetzbuch, 2. Aufl. 2011, N. 1 zu nArt. 441 und N. 1 zu nArt. 450 ZGB; Praxisanleitung Erwachsenenschutzrecht, Hrsg. KOKES, 2012, Rz. 1.83 S. 28; COTTIER/STECK, Das Verfahren vor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, FamPra.ch 2012 S. 981 ff., 988 Ziff. III/2 bei/in Anm. 52).
3.4 Vom Schluss aus den Gesetzesmaterialien abzuweichen, besteht auch insoweit kein Grund, als das Bundesgericht für die Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung durch ein „Gericht“ (Art. 397d ZGB in der Fassung von 1978/81) festgehalten hat, dass der Bundesgesetzgeber von einem materiellen Begriff des Gerichts ausgeht und dass es für die Frage, ob die Psychiatrische Gerichtskommission ein Gericht im Sinne des Bundesrechts ist, demnach ausschliesslich darauf ankommt, ob sie die erforderliche Unabhängigkeit besitzt (vgl. BGE 108 Ia 178 E. 4b S. 186 f.). Die Auslegungsregel gemäss Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB, dass die Kantone nur ein Gericht als zuständig bezeichnen dürfen, wo das Gesetz ausdrücklich von einem Gericht spricht (vgl. BGE 118 Ia 473 E. 5b S. 479), führt zu keinem anderen Ergebnis, da auch nach dem materiellen Begriff des Gerichts ein Gericht im Gesetzessinne vorliegt.
3.5 Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit sinngemäss der Vorrang des Bundesrechts als verletzt gerügt wird. Der Bundesgesetzgeber verlangt von den Kantonen nicht, dass sie ein Gericht im formellen Sinne als Beschwerdeinstanz gegenüber Entscheiden der KESB einsetzen (Art. 49 Abs. 1 BV; vgl. BGE 129 I 330 E. 3.1 S. 334).
4. Genügt ein Gericht im materiellen Sinne als Beschwerdeinstanz gemäss nArt. 450 Abs. 1 ZGB, bleibt doch die Frage, ob der Bezirksrat die Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Bundesverfassung an ein Gericht erfüllt.
4.1 Im Kapitel über die Behörden nennt die Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV; SR 131.211) nach dem Kantonsrat (Art. 50 ff.), dem Regierungsrat (Art. 60 ff.) und der Rechtspflege (Art. 73 ff.) als weitere Behörden die Statthalterin oder den Statthalter, den Bezirksrat und die gerichtlichen Instanzen des Bezirks, die von den Stimmberechtigten des Bezirks gewählt werden und die Aufgaben erfüllen, die ihnen das Gesetz überträgt, insbesondere solche der Aufsicht, der Rechtsprechung und der Verwaltung (Art. 80 KV). Der Bezirksrat und dessen Präsident, der Statthalter, sind Behörden, die auf Entwicklungen zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts zurückgehen und sich als alte Institutionen nur schlecht in die gewaltenteilige Welt des heutigen Rechtsstaats einfügen. Als Vertreter der Regierung im Bezirk kam dem Statthalter „namentlich die Vollziehung der Aufträge des Regierungsrates zu“ (Art. 45 Abs. 2 der Verfassung von 1869). Er und der Bezirksrat überwachten vor Ort die Gemeinden und nahmen verschiedenste vorab öffentlich-rechtliche Aufsichts- und Entscheidfunktionen für den Kanton auf Bezirksebene wahr (vgl. HANS STRÄULI, Verfassung des eidgenössischen Standes Zürich vom 18. April 1869, 1902, S. 184 ff.). Weil der Statthalter bzw. der Bezirksrat stets auch Justizfunktionen ausgeübt hat und nach dem Willen des Gesetzgebers weiterhin ausüben soll, wurde das Verfahren vor seiner Instanz rechtsstaatlich zunehmend einwandfrei ausgestaltet und seine Unabhängigkeit von der Verwaltung zunehmend gestärkt. Grundlage ist heute das Bezirksverwaltungsgesetz vom 10. März 1985 (BezVG; LS 173.1). Statthalter und Bezirksrat sind danach beim Entscheid über ein Rechtsmittel an keine Weisungen gebunden, ausgenommen bei der Rückweisung durch eine höhere Instanz (§ 3 BezVG). Trotz der gesetzlich zuerkannten Unabhängigkeit in der Rechtsprechung geht die Lehre davon aus, dem Bezirksrat bzw. dem Statthalter komme die für eine gerichtliche Instanz erforderliche Unabhängigkeit kaum zu. Er nehme Verwaltungs- und Aufsichtsfunktionen wahr und sei in diesem Bereich weisungsgebunden. Die Kumulation von Kompetenzen könne zur Folge haben, dass der Bezirksrat bzw. der Statthalter in der gleichen Angelegenheit einerseits als unabhängige Rechtsmittelinstanz und andererseits als Aufsichtsbehörde tätig werde, was sich mit der gerichtlichen Unabhängigkeit im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK kaum vereinbaren lasse (vgl. KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, N. 26 zu § 4 und N. 82 zu § 19 VRG; EVI SCHWARZENBACH, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Häner/Rüssli/Schwarzenbach [Hrsg.], 2007, N. 9 zu Art. 80 KV/ZH). Weil nArt. 450 ZGB als Beschwerdeinstanz ein Gericht verlange, dürfte die Bezeichnung des Bezirksrates als erste Beschwerdeinstanz bundesrechtswidrig sein (vgl. JAAG/RÜSSLI, Staats- und Verwaltungsrecht des Kantons Zürich, 4. Aufl. 2012, N. 2005a S. 149).
4.2 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat gemäss Art. 30 Abs. 1 BV Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Laut Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren verhandelt wird. Als Gericht im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bzw. von Art. 30 Abs. 1 BV gilt eine Behörde, die nach Gesetz und Recht in einem justizförmigen, fairen Verfahren begründete und bindende Entscheidungen über Streitfragen trifft. Sie braucht nicht in die ordentliche Gerichtsstruktur eines Staates eingegliedert zu sein, muss jedoch organisatorisch und personell, nach der Art ihrer Ernennung, der Amtsdauer, dem Schutz vor äusseren Beeinflussungen und nach ihrem äusseren Erscheinungsbild sowohl gegenüber anderen Behörden als auch gegenüber den Parteien unabhängig und unparteiisch sein (vgl. BGE 126 I 228 E. 2a/bb S. 230 f.). Nebst den Merkmalen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gehört zu seinem Wesen, dass ein Gericht die rechtserheblichen Tatsachen selber erhebt, die Rechtssätze auf diesen in einem rechtsstaatlichen Verfahren ermittelten Sachverhalt anwendet und für die Parteien bindende Entscheidungen in der Sache fällt (vgl. BGE 118 Ia 473 E. 5a S. 478; BGE 124 II 58 E. 1c S. 63). Es muss über umfassende Kognition in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verfügen (vgl. BGE 123 I 87 E. 3a S. 90; BGE 126 I 33 E. 2a S. 34 und 144 E. 3c S. 152).
4.3 Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Bezirksrates sowie sein Wesen zeigen sich in der gesetzlichen Ausgestaltung wie folgt:
4.3.1 Der Statthalter als Präsident und die weiteren Mitglieder des Bezirksrates werden von den Stimmberechtigten des Bezirks gewählt (Art. 80 KV und § 9 BezVG). Die Amtsdauer beträgt vier Jahre (Art. 41 Abs. 1 KV und § 32 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. September 2003 über die politischen Rechte [GPR; LS 161]). Grundsätzlich dürfen die Mitglieder des Bezirksrates bzw. der Statthalter nicht gleichzeitig Mitglieder einer anderen Behörde innerhalb desselben Bezirks sein (§ 25 Abs. 2 lit. b GPR). Unvereinbarkeit besteht ferner als Mitglied eines Gemeindeorgans und als vollamtliches oder teilamtliches Mitglied des Verwaltungsgerichts (§ 27 Abs. 1 lit. b GPR). Der Statthalter bzw. der Bezirksrat ist in der Rechtsprechung unabhängig (§ 3 BezVG) und hat als Beschwerdeinstanz gegenüber Entscheiden der KESB (§ 63 Abs. 1 EG KESR) die gesetzlichen Ausstandsgründe zu beachten (nArt. 450f ZGB i.V.m. Art. 47 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO; SR 272]).
4.3.2 Mit der Beschwerde kann gemäss nArt. 450a Abs. 1 ZGB Rechtsverletzung (Ziff. 1) und Unangemessenheit (Ziff. 3) gerügt werden. Statthalter und Bezirksrat sind als Beschwerdeinstanz in der rechtlichen Beurteilung frei. Soweit die Behauptung zutrifft, einzelne Mitglieder der Bezirksräte verfügten über keine oder keine ausreichende juristische Ausbildung, ist festzuhalten, dass weder Art. 30 Abs. 1 BV noch Art. 6 Ziff. 1 EMRK das Laienrichtertum grundsätzlich verbieten (vgl. REGINA KIENER, Richterliche Unabhängigkeit, 2001, S. 264 f.; FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, N. 210 zu Art. 6 EMRK; je mit Hinweisen). Dass einem Mitglied des Bezirksrates ohne juristische Ausbildung ein juristisch ausgebildeter Ratsschreiber zur Seite steht, begründet für sich allein keine unzulässige Abhängigkeit, sondern eine willkommene Hilfe (vgl. BGE 134 I 16 E. 4.3 S. 19).
4.3.3 In tatsächlicher Hinsicht kann mit der Beschwerde die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (nArt. 450a Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). Mit Bezug auf die Ermittlung des Sachverhalts wird eingewendet, der Bezirksrat sei nicht zur Einvernahme von Zeugen befugt und könne deshalb nicht als unabhängiges Gericht gelten. Der Hinweis auf § 26c des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2) und dessen Entstehungsgeschichte ist indessen nicht stichhaltig. Das Verfahren vor den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen richtet sich gemäss § 40 EG KESR zuerst nach den Bestimmungen des ZGB und dieses Gesetzes (Abs. 1), in zweiter Linie nach den Bestimmungen des GOG (LS 211.1; Abs. 2) und subsidiär nach den sinngemäss anwendbaren Bestimmungen der ZPO (Abs. 3). Laut Antrag und Weisung des Regierungsrates vom 31. August 2011 wurde ausdrücklich darauf verzichtet, zusätzlich die Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes für anwendbar zu erklären (Amtsblatt [ABl] 2011 2611 f. und 2654 zu § 41 Abs. 3). Die Befugnis zur Einvernahme von Zeugen wurde dem Bezirksrat bereits mit der Revision des EG ZGB von 2000/2001 eingeräumt. Gemäss § 56a EG ZGB kann der Bezirksrat in familienrechtlichen Angelegenheiten (Art. 90-455 ZGB) Zeugen einvernehmen, wobei die entsprechenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäss anwendbar sind. Gemäss Antrag und Weisung des Regierungsrates vom 22. September 1999 wurde dem Bezirksrat dieses Beweismittel ausdrücklich und vorbehaltlos zur Verfügung gestellt, weil das Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit der Zeugeneinvernahme vorsieht (ABl 1999 1216/1292). Der Einwand, der Bezirksrat sei ausserstande, Zeugen einzuvernehmen, überzeugt auch deshalb nicht, weil selbst von der KESB als der Verwaltung zugehöriger Fachbehörde gemäss § 53 EG KESR die Einvernahme von Zeugen erwartet wird (vgl. Antrag und Weisung des Regierungsrates vom 31. August 2011, ABl 2011 2663 zu § 54). Dass die gleiche Befugnis der im selben Gesetz vorgesehenen Beschwerdeinstanz nicht zukommen soll, bedürfte einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, die hier fehlt.
4.3.4 Gerichtsorganisatorisch steht der Bezirksrat als Beschwerdeinstanz gegenüber Entscheiden der KESB (§ 63 EG KESR) auf der gleichen Stufe wie das Einzelgericht als Beschwerdeinstanz im Bereich der fürsorgerischen Unterbringung (§ 62 EG KESR). Beide Instanzen fällen je in ihrem Sachgebiet verbindliche Beschwerdeentscheide, die der Weiterziehung an das Obergericht unterliegen (§ 64 EG KESR und § 50 GOG). Das Obergericht überprüft die angefochtenen Beschwerdeentscheide in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht frei (nArt. 450a ZGB; vgl. Antrag und Weisung des Regierungsrates vom 31. August 2011, ABl 2011 2669).
4.3.5 Aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung sind der Statthalter und der Bezirksrat von den Stimmberechtigten des jeweiligen Bezirks auf eine feste Amtsdauer gewählte Behörden, die sowohl gegenüber den anderen Behörden wie auch gegenüber den Parteien unabhängig und in der Rechtsprechung nicht weisungsgebunden sind. Ihre Entscheide beruhen auf vollständiger Sachverhaltsermittlung und freier Rechtsanwendung und sind verbindlich unter Vorbehalt der Anfechtung beim Obergericht, das auf Beschwerde hin wiederum sämtliche Tat- und Rechtsfragen uneingeschränkt prüfen kann. Von daher gesehen genügen Statthalter und Bezirksrat den Anforderungen von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK an ein Gericht.
4.4 Unabhängigkeit in der Rechtsprechung ist dem Bezirksrat gesetzlich zuerkannt. Es bleibt zu prüfen, ob an dieser Unabhängigkeit deswegen Zweifel aufkommen, weil dem Bezirksrat neben seiner Funktion als Beschwerdeinstanz gemäss § 63 Abs. 1 EG KESR gesetzlich weitere Aufgaben übertragen sind, die ihn insgesamt eher als Verwaltungsbehörde denn als Gerichtsbehörde erscheinen lassen. In Frage steht somit, ob das äussere Erscheinungsbild des Bezirksrates auch den Eindruck der Unabhängigkeit vermitteln kann.
4.4.1 Das Bezirksverwaltungsgesetz sieht in § 10 vor, dass dem Bezirksrat vor allem die Aufsicht über die Gemeinden und der Entscheid über Rechtsmittel in Gemeindesachen obliegen (Abs. 1) und dass der Bezirksrat die Bezirksaufgaben besorgt, für die keine andere Behörde zuständig ist (Abs. 2). Für das Statthalteramt bestimmt § 12 BezVG, dass ihm vor allem die Aufsicht über die Ortspolizei, das Strassenwesen der Gemeinden und das Feuerwehrwesen, der Entscheid über Rechtsmittel aus diesen Gebieten und die Handhabung des Übertretungsstrafrechts obliegen (Abs. 1) und dass die Statthalterin oder der Statthalter besondere Aufträge des Regierungsrates vollzieht (Abs. 3). Bezirksräte und Statthalterämter erstatten den vorgesetzten Behörden jährlich Bericht über ihre Tätigkeit (§ 8 BezVG).
4.4.2 Im öffentlich-rechtlichen Bereich nehmen Bezirksrat und Statthalteramt eine Vielzahl verschiedenster Vollzugs-, Aufsichts- und Rechtsprechungsfunktionen für den Kanton auf Bezirksebene wahr. Entsprechende Regelungen finden sich im Gemeindegesetz (GG; LS 131.1; vorab §§ 141 ff.), im Sozialhilfegesetz (SHG; LS 851.1; § 8), im Patientinnen- und Patientengesetz (LS 813.13; § 5 Abs. 1), im Landwirtschaftsgesetz (LG; LS 910.1; § 69 u.a.m.) sowie im Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (EG BewG; LS 234.1; § 4 lit. a). Zahlreich und vielfältig sind auch die Aufgaben des Statthalters gestützt auf kantonale öffentlich-rechtliche Erlasse und im Übertretungsstrafrecht (vgl. für einen Überblick: JAAG/RÜSSLI, a.a.O., N. 1605-1607, N. 1611 und 1615-1617 S. 124 ff.). In Anbetracht der Verflechtung von Aufgaben und Funktionen im Gesetzesvollzug, in der Aufsicht und in der Rechtsprechung erscheint es als nachvollziehbar, dass die Rechtsprechung im öffentlich-rechtlichen Bereich davon ausgeht, der Bezirksrat sei in die Verwaltung eingebunden und deshalb nicht als gerichtliche Instanz anzusehen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts PB.2000.00007 vom 30. August 2000 E. 2, Rechenschaftsbericht [RB] 2000 Nr. 24 S. 70 f., betreffend öffentliches Personalrecht, und die seitherige Rechtsprechung, z.B. Urteil VB. 2007.00051 vom 5. April 2007 E. 1.2, betreffend Tarif für Feuerungskontrolle).
4.4.3 Im zivilrechtlichen Bereich sind die dem Bezirksrat bzw. Statthalteramt zugewiesenen Aufgaben beschränkt. Sie bestehen noch in der Stiftungsaufsicht (§ 37 EG ZGB) und in der Zuständigkeit für das Begehren um Vollziehung einer vom Schenkgeber im Interesse des Bezirkes oder mehrerer Gemeinden desselben gemachten Auflage (§ 38 EG ZGB; vgl. JAAG/RÜSSLI, a.a.O., N. 1608-1610 S. 125). Die grosse Zahl von Funktionen des Bezirksrates und vereinzelt auch des Statthalteramtes in familienrechtlichen Angelegenheiten werden durch das EG KESR aufgehoben und eingeschränkt auf die Aufsicht über Wohn- und Pflegeeinrichtungen (§ 14), die Zuständigkeit für die erstinstanzliche Beurteilung von Beschwerden (§ 63) und die Aufbewahrung von Akten gewisser vormundschaftlicher Verfahren (§ 80 EG KESR). Rechtsprechungsfunktion und Verwaltungsaufgaben des Bezirksrates im zivilrechtlichen Bereich sind damit klar getrennt, so dass der Eindruck, der Bezirksrat sei blosser Teil der Verwaltung und keine eigenständige Gerichtsbehörde nicht entsteht. Unvereinbarkeiten sind mit Bezug auf die Beaufsichtigung von Wohn- und Pflegeeinrichtungen und der erstinstanzlichen Entscheidzuständigkeit über Beschwerden denkbar. Die Regelung ist indessen bundesrechtlich nicht ausgeschlossen, und dass sich aus dieser Doppelfunktion in seltenen Einzelfällen eine Unvereinbarkeit ergeben kann, rechtfertigt ein Eingreifen im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nicht. Entsprechende Sachverhalte sind aus der Praxis bekannt und gegebenenfalls im Rechtsmittelverfahren zu bereinigen (für ein Beispiel: Urteil 5A_532/2007 vom 8. April 2008 E. 2.4 und 2.5).
4.4.4 Dass dem Bezirksrat dem äusseren Anschein nach die Unabhängigkeit als gerichtliche Beschwerdeinstanz fehlt, begründen die Beschwerdeführer zur Hauptsache damit, dass der Bezirksrat die Gemeinden, die einen Zweckverband eingehenden Gemeinden und die interkommunalen Zusammenschlüsse beaufsichtigt, die die Mitglieder der KESB ernennen (§ 8 EG KESR), deren Entscheide der Bezirksrat wiederum auf Beschwerde hin erstinstanzlich zu überprüfen hat. Derartige Zweifel an der richterlichen Unabhängigkeit könnten sich allenfalls als begründet erweisen, wenn die KESB aus Mitgliedern des Gemeinderates bestünde oder sonst wie politisch zusammengesetzt wäre. Die Voraussetzung ist indessen nicht erfüllt. Die KESB ist eine Fachbehörde (nArt. 440 ZGB) und wird aufgrund der Regelung in §§ 4 ff. EG KESR nach rein fachlichen Gesichtspunkten gebildet. Das neue Erwachsenenschutzrecht schliesst die bisherige Behördenstruktur, bei der jede politische Gemeinde eine Vormundschaftsbehörde bestellt und der Vorsitz von einem Mitglied des Gemeinderates geführt wird, grundsätzlich aus, und bei der Auswahl der Behördenmitglieder ist die Fachkompetenz massgebend, nicht die politische Ausrichtung (vgl. Antrag und Weisung des Regierungsrates vom 31. August 2011, ABl 2011 2607 f. und 2625 zu § 8). Die geltend gemachte Verquickung mit der öffentlich-rechtlichen Aufsichtsfunktion gegenüber Gemeinden und der zivilrechtlichen Rechtsprechungsfunktion gegenüber Entscheiden der KESB als Fachbehörde besteht nicht und stellt die dem Bezirksrat gesetzlich zuerkannte Unabhängigkeit in der Rechtsprechung nicht in Frage.
4.4.5 Insgesamt vermittelt auch das äussere Erscheinungsbild des Bezirksrates dessen Unabhängigkeit in der Rechtsprechung für den zivilrechtlichen Bereich. Die zum Beleg des Gegenteils angerufenen Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Bundesgerichts unterscheiden sich doch in wesentlichen Punkten von dem hier zu beurteilenden Fall. Der Bezirksrat kann aufgrund seiner Funktionen und Zusammensetzung nicht dem aus dem Polizeidienst für richterliche Aufgaben abgestellten Juristen gleichgesetzt werden, der nach Beendigung seines richterlichen Mandats in den Polizeidienst zurückkehrt, was den Rechtsuchenden, der einen Bussgeldentscheid vor diesem Richter anficht, an dessen Unabhängigkeit zu zweifeln berechtigt (vgl. Urteil des EGMR Belilos gegen Schweiz vom 29. April 1988, Serie A Bd. 132 § 67). Ebenso wenig besteht der Bezirksrat teilweise aus Verwaltungsbeamten (vgl. Urteil des EGMR Sramek gegen Österreich vom 22. Oktober 1984, Serie A Bd. 84 § 42). Da dem Bezirksrat im zivilrechtlichen Bereich, in dem er seine Rechtsprechungsfunktion ausübt, „generelle und umfassende Aufsichtsbefugnisse“ gerade nicht zustehen, kann er auch nicht der „Bündner Notariatskommission“ gleichgestellt werden, der insbesondere deswegen der Charakter eines Gerichts im Disziplinarverfahren gegen Notare abgesprochen werden musste (vgl. BGE 123 I 87 E. 4e S. 93 f.). Im Übrigen ist auch die Gesamtheit des Verfahrens zu berücksichtigen und die Rolle, die dem Rechtsmittelverfahren im Rahmen des gesamten Verfahrens zukommt (FROWEIN/PEUKERT, a.a.O., N. 95 zu Art. 6 EMRK). Selbst wenn die Schlussfolgerung hätte gezogen werden müssen, das Statthalteramt bzw. der Bezirksrat sei kein Gericht, sondern eine überwiegend weisungsgebundene Verwaltungsbehörde, ist zu berücksichtigen, dass der Zugang zum Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK gewährleistet ist, weil das Obergericht kompetent ist, alle Fragen tatbeständlicher und rechtlicher Natur zu untersuchen, die sich in Bezug auf den Einzelfall ergeben, und auch die Befugnis hat, die angefochtene Entscheidung aufzuheben (FROWEIN/PEUKERT, a.a.O., N. 56 ff. insb. N. 58 zu Art. 6 EMRK; vgl. auch BGE 138 V 271 E. 3.1 S. 278 und das zit. Urteil Belilos §§ 68 ff.).
4.5 Aus den dargelegten Gründen darf angenommen werden, dass der Bezirksrat als Beschwerdeinstanz gegenüber Entscheiden der KESB (§ 63 Abs. 1 EG KESR) die Anforderungen an ein Gericht gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK insgesamt erfüllt.
Schliesslich sieht das Zivilgesetzbuch ausdrücklich vor, dass in gewissen Fällen Beschwerde an die KESB geführt werden kann. Mithin kann man in diesen Fällen sagen, dass die KESB auch ein Gericht ist.
Art. 419 ZGB
Gegen Handlungen oder Unterlassungen des Beistands oder der Beiständin sowie einer Drittperson oder Stelle, der die Erwachsenenschutzbehörde einen Auftrag erteilt hat, kann die betroffene oder eine ihr nahestehende Person und jede Person, die ein rechtlich geschütztes Interesse hat, die Erwachsenenschutzbehörde anrufen.