Parteientschädigung und Mehrwertsteuer

In Zivilverfahren entstehen den Parteien Kosten, welche durch eine Parteientschädigung (Art. 95 Abs. 3 ZPO) abgegolten werden. Eine Parteientschädigung hat in der Regel die unterliegende Partei zu bezahlen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

Art. 95 ZPO
(…)
3 Als Parteientschädigung gilt:
a. der Ersatz notwendiger Auslagen;
b. die Kosten einer berufsmässigen Vertretung;
c. in begründeten Fällen: eine angemessene Umtriebsentschädigung, wenn eine Partei nicht berufsmässig vertreten ist.

Mehrwertsteuer sind Kosten, die bei einer berufsmässigen Vertretung anfallen.

Die Verwaltungskommission des Obergerichts hält in einem Kreisschreiben vom 17. Mai 2006, das sich noch auf die frühere kantonale Zivilprozessordung bezogen hat, Folgendes fest:

Die Prozessentschädigung soll der berechtigten Prozesspartei die Kosten und Umtriebe ganz oder teilweise vergüten, welche ihr durch das gerichtliche Verfahren entstanden sind. Diese Kosten bestehen bei anwaltlicher Vertretung im Wesentlichen im Anwaltshonorar. Die Anwältinnen und Anwälte überwälzen die von ihnen zu bezahlende Mehrwertsteuer mit den Honorarrechnungen auf ihre Klienten. Die durch die Prozessentschädigung zu ersetzenden Kosten durch das gerichtliche Verfahren wurden somit durch die Einführung der Mehrwertsteuer um diese höher, soweit der Klient seinem Anwalt oder seiner Anwältin ein um die Mehrwertsteuer erhöhtes Honorar bezahlen muss und diese bezahlte Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer von seiner eigenen allfälligen Mehrwertsteuerschuld in Abzug bringen kann.

In Prozessen vor den Zivil- und Strafgerichten richten sich die Prozessentschädigungen nach der Verordnung des Obergerichts über die Anwaltsgebühren (AnwGebV). Diese berücksichtigt die Mehrwertsteuer nicht. Es fragt sich deshalb, ob die nach der AnwGebV berechnete Prozessentschädigung um die Mehrwertsteuer zu erhöhen ist, um die Erhöhung der Kosten aufgrund der Mehrwertsteuer auszugleichen.

Ob eine Partei durch die Mehrwertsteuer höhere Kosten zu tragen hat, hängt von verschiedenen Umständen ab. In der Regel wird eine Partei ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt auf ihr oder sein Honorar Mehrwertsteuer zu bezahlen haben. Eine Anwältin oder ein Anwalt, die/der selber nicht mehrwertsteuerpflichtig ist, überwälzt aber dem Klienten keine Mehrwertsteuer. Hat der Klient seinen Wohn- oder Geschäftssitz im Ausland, muss seine Anwältin oder sein Anwalt für die für ihn erbrachte Leistung in der Schweiz keine Mehrwertsteuer abliefern und überwälzt keine solche. Ist der Klient selber mehrwertsteuerpflichtig, kann er grundsätzlich die seiner Anwältin oder seinem Anwalt auf dessen Honorar bezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer von seiner eigenen Mehrwertsteuerschuld abziehen und ihm erwachsen deshalb ebenfalls keine zusätzlichen Kosten durch die Mehrwertsteuer. Bei gewissen Sachverhalten ist aber der selber mehrwertsteuerpflichtige Klient für die anwaltliche Leistung nicht vorsteuerabzugsberechtigt und ihm erwachsen deshalb doch zusätzliche Kosten.

Eine generelle, auf alle Fälle von Prozessentschädigungen von vornherein zutreffende Lösung gibt es deshalb nicht. Wie bei übrigen Ersatzforderungen hat deshalb die Partei, welche zur nach AnwGebV berechneten Prozessentschädigung zusätzliche Kosten durch die Mehrwertsteuer ersetzt haben möchte („Mehrwertsteuerzusatz“), dies zu beantragen und im Bestreitungsfall die behaupteten Kosten (d.h. die auf das Anwaltshonorar geleistete bzw. zu leistende und nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mehrwertsteuer) nachzuweisen.

Die Höhe der Parteientschädigung wird vom kantonalen Recht bestimmt (Art. 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 96 ZPO). Im Kanton Zürich ist die Anwaltsgebührenverordnung (AnwGebV) vom 8. September 2009 relevant. Die Anwaltsgebühren berücksichtigen keine Mehrwertsteuer. Aus diesem Grund werden Rechtsbegehren in der Regel folgendermassen formuliert:

„Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. MwSt.) zulasten des Beklagten.“

„Der Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger eine angemessene Parteientschädigung (inkl. MwSt.) zu bezahlen.“

Die I. Zivilkammer des Obergerichts hat nun in einem Urteil vom 12. Oktober 2016 (RE160013) in Bezug auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistandes, der aus der Gerichtskasse entschädigt wird, entschieden, dass einem unentgeltlichen Rechtsbeistand die Mehrwertsteuer entschädigt wird, wenn diese in der Honorarrechnung ausgewiesen wird, selbst wenn der unentgeltliche Rechtsbeistand vorgängig die Entschädigung der Mehrwertsteuer nicht beantragt hat.

7.2. Gemäss dem Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts über die Mehrwertsteuer vom 17. Mai 2006 wird ein Mehrwertsteuerzusatz nur zugesprochen, wenn solches beantragt wird (vgl. ZR 104 Nr. 76). Zwar liess der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Anträge im Zusammenhang mit dem Eheschutzbegehren keinen derartigen Antrag stellen (Urk. 1 S. 2; Prot. I S. 5 f., 8-10). Allerdings ist auf der im Nachgang zur Verhandlung eingereichten Honorarrechnung vom 24. August 2016 ein Mehrwertsteuerzuschlag von 8 % aufgeführt und die Rechnung enthält auch eine Mehrwertsteuernummer. Nach Treu und Glauben (Art. 52 ZPO) ist dies jedenfalls als sinngemässer Antrag auf Vergütung eines Mehrwertsteuerzuschlags zu verstehen. Das Vorgehen der Vorinstanz erweist sich somit in der Tat als überspitzt formalistisch, wenn sie auf einem expliziten Antrag im Rahmen der Anträge im Eheschutzverfahren beharren will, zumal sie den Endentscheid (Urk. 4/17) im Zeitpunkt der Einreichung der Honorarnote noch nicht gefällt hatte. Dementsprechend ist entgegen der Vorinstanz auf die Entschädigung des Beschwerdeführers von Fr. 3’832.50 ein Mehrwertsteuerzuschlag von 8 % (Fr. 306.60) vorzunehmen. Somit beläuft sich die Entschädigung insgesamt auf Fr. 4’139.10.

In diesem Fall wurde die Honorarnote noch vor dem Endentscheid eingereicht. In der Regel reicht jedoch der unentgeltliche Rechtsbeistand seine Honorarrechnung erst nach dem Endentscheid ein und die Entschädigung wird im Nachgang in einer separaten Verfügung festgesetzt. Auch in dieser Fallkonstellation muss die obige Rechtsprechung sinngemäss gelten.

Selbst wenn im besagten Urteil das Versäumnis des unentgeltlichen Rechtsbeistandes keine Konsequenzen hatte, ist es nach wie vor in jedem Fall unabdingbar, die Entschädigung der Mehrwertsteuer explizit zu beantragen. Wenn zum Beispiel der Beklagte zur Leistung einer Parteientschädigung (ohne Mehrwertsteuer) verpflichtet worden ist, kann der Kläger nicht nachträglich die Erhöhung der Parteientschädigung um die Mehrwertsteuer verlangen.