Im Beitrag „Das KESB-Verfahren“ habe ich auf das problematische Verfahrensrecht im Bereich Kindes- und Erwachsenenschutz hingewiesen. Erst recht wird es problematisch, wenn die rechtsanwendende Behörde das Verfahrensrecht nicht im Griff hat. So kritisierte das Obergericht in einem Urteil vom 8. Juni 2017 (PQ170033) einen Bezirksrat massiv:
§§ 63 ff. EG KESR, Verfahren des Bezirksrates, grobe Mängel. Wenn das Verfahren des Bezirksrates mit mehreren groben bis gröbsten formellen Mängeln behaftet ist, wird ein angefochtener Entscheid ohne Prüfung der materiellen Entscheid-Gründe aufgehoben. Rückweisung mit Vorgaben zur weiteren Behandlung der Sache.
Inhaltlich geht es um eine Beschwerde gegen einen Entscheid der KESB:
Gegen einen Entscheid der KESB zum persönlichen Kontakt eines Vaters zu seiner heute siebenjährigen Tochter erhoben beide Eltern Beschwerde an den Bezirksrat. Dessen Verfahren erweist sich unter verschiedenen Aspekten als grob fehlerhaft. Das ist umso bedenklicher, als der betreffende Bezirksrat schon mehrfach auf formelle Fehler hingewiesen werden musste.
Kritikpunkt 1: Rechtswidrige Besetzung des Bezirksrates
2.2 Am angefochtenen Urteil wirkten drei Mitglieder des Bezirksrates mit (vgl. act. 6/23 [= act. 3/1] S. 1), was den gesetzlichen Vorgaben des § 63 Abs. 1 lit. b EG KESR entspricht. Weiter wirkten der Ratsschreiber mit sowie dessen Stellvertreterin (vgl. a.a.O.), ersterer gemäss Auskunft des Bezirksrates vom 2. Mai 2017 zusammen mit der Stellvertreterin bei der Beratung, weil er an der Referentenaudienz vom 15. Februar 2017 teilgenommen habe. Die Stellvertreterin war zudem für die Ausfertigung des Entscheides verantwortlich (vgl. act. 11). Nun mag es sein, dass der Bezirksrat als Laienbehörde bei der Entscheidfindung zuweilen besonderer Hilfe bzw. Beratung bedarf. Wie der Bezirksrat selbst einräumt, war er aufgrund der Mitwirkung zweier Schreiber bei der Urteilsfällung allerdings nicht gehörig besetzt, sondern verstiess die Mitwirkung der zwei Schreiber in der Beratung gegen § 133 Abs. 1 GOG.
Ein Gericht, das in Unter- oder Überbesetzung entscheidet, begeht eine formelle Rechtsverweigerung, verletzt zudem den Anspruch der Parteien auf den gesetzmässigen Richter und verstösst gegen das für einen Rechtsstaat wesentliche Vertrauen der Rechtsuchenden in den ordnungsgemässen Gang der Rechtspflege. Prozesshandlungen eines ungehörig besetzten Gerichts sind daher nichtig, was von Amtes wegen zu berücksichtigen ist. Der Mangel kann im Rechtsmittelverfahren, hier also im zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahren, daher auch nicht behoben werden (vgl. dazu auch HAUSER/SCHWERI/LIEBER, Kommentar zum GOG, 2. A., Zürich 2017, § 14 N 3a). Das Urteil des Bezirksrates vom 8. März 2017 wurde durch die Mitwirkung zweier Schreiber gefällt, die sich beratend einbrachten, und damit in Überbesetzung. Es ist daher nichtig, was durch seine formelle Aufhebung festzustellen ist.
Kritikpunkt 2: Fehlende Delegation, Referentenaudienz mit unbekanntem Referenten
2.3 Hinzu kommen weitere gravierende Verfahrensmängel, die nur schon mit Blick auf den rechtsstaatlich gebotenen ordnungsgemässen Verfahrensgang – und ebenso auf das damit als Rechtsgut geschützte Vertrauen der Rechtsuchenden in den entsprechenden Gang der Rechtspflege – insgesamt nichts anderes als die Aufhebung des bezirksrätlichen Urteils von Amtes wegen gebieten.
2.3.1 Wie der Bezirksrat in seiner Auskunft vom 2. Mai 2017 darlegt, fand am 15. Februar 2017 eine „Referentenaudienz“ statt (vgl. act. 11), an der ebenfalls der Ratsschreiber teilgenommen hatte. Wer „Referent“ war und in dieser Eigenschaft an der „Referentenaudienz“ teilgenommen hatte, wird indes nicht dargetan. Eine Delegationsbestimmung des Bezirksrates i.S.v. Art. 124 Abs. 2 ZPO fehlt in den Akten. Hingegen folgt aus dem Urteil vom 8. März 2017, dass auf Seiten des Bezirksrates eines seiner Mitglieder teilnahm sowie neben dem Ratsschreiber auch dessen Stellvertreterin (vgl. act. 6/23 [= act. 3/1] S. 6, dort Ziff. 1.11), was ebenfalls gegen § 133 Abs. 1 GOG verstösst. Das führt gleichfalls zur Nichtigkeit der „Referentenaudienz“ als Prozesshandlung.
Kritikpunkt 3: Ungültiges Verhandlungsprotokoll, mangelnde Aufklärung über Mitwirkungsobliegenheiten und Verweigerungsrechte
Über die nichtige „Referentenaudienz“ wurde laut bezirksrätlichem Urteil (vgl. a.a.O.) ein (Verhandlungs-)Protokoll geführt. Es handelt sich dabei offenbar um die Akten Nr. 6/22/17 bzw. Nr. 6/20. Letzteres Aktenstück ist die Fotokopie des ersteren und bereits insoweit kein korrektes Protokoll. Weder die Fotokopie noch das Original, das in handschriftlichen Aufzeichnungen auf karierten A-4 Blättern besteht, die teilweise mit Pfeilen und Gekritzel garniert sind, weist zudem eine Unterschrift der protokollführenden Person (vgl. dazu auch § 133 Abs. 1 GOG) auf. Diese Unterschrift ist gemäss Art. 235 Abs. 1 lit. f ZPO allerdings Gültigkeitserfordernis für ein Verhandlungsprotokoll. Es liegt damit zur – ohnehin schon nichtigen – „Referentenaudienz“ ebenfalls kein gültiges Verhandlungsprotokoll vor, dem Beweiskraft hinsichtlich der darin verzeichneten Äusserungen, Vorgänge usf. zukommen könnte (vgl. auch PAHUD, in: Dike-Komm-ZPO, 2. A., Zürich/St. Gallen 2016, Art. 235 N 10, oder NAEGELI/RICHERS, in: KuKo-ZPO, 2. A., Basel 2014, Art. 235 N 5). Dieser Mangel kann heute nicht mehr geheilt werden, namentlich nicht durch ein nachträgliches Anbringen der Unterschrift (vgl. wiederum PAHUD, a.a.O., m.w.H.).
Was an der „Referentenaudienz“ vom 15. Februar 2017 geäussert wurde, erweist sich somit als prozessual unverwertbar. Denn selbst wenn die Verhandlung als gültige Prozesshandlung zu beachten wäre, bestünde dazu kein gültiges Protokoll. Es ist deshalb fast müssig, darauf hinzuweisen, dass das ungültige Protokoll zur Verhandlung vom 15. Februar 2017 diese gar nicht als „Referentenaudienz“ bezeichnet, sondern als „Anhörung“. Soweit mit dieser Bezeichnung anderes als eine Befragung der Parteien in Ausübung der gerichtlichen Fragepflicht zur Sachverhaltsergänzung, wie sie von der Untersuchungsmaxime geboten ist, hätte bezeichnet werden sollen, namentlich etwa eine Verhandlung mit dem Zweck einer Parteibefragung i.S. des Art. 191 ZPO, wären die Äusserungen der Parteien ebenfalls formungültig (vgl. Art. 176 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 193 ZPO) und zudem mangels Aufklärung über die Mitwirkungsobliegenheiten und Verweigerungsrechte (vgl. Art. 161 und Art. 163 f. ZPO) auch sonst grob fehlerhaft erhoben worden. Wie es sich genau verhält, kann hier allerdings offengelassen werden, weil das wie gesehen nicht (mehr) entscheidend ist.
Nicht übergangen werden kann hingegen, dass die Kammer wiederholt wegen grob fehlerhafter Verfahrensleitung Urteile des Bezirksrates aufheben musste, so etwa in den Verfahren PQ150006 und PQ150050. Im Verfahren PQ150050 wurde dabei insbesondere auf gravierende Protokollierungsmängel (fehlende Unterschrift) hingewiesen.
Kritikpunkt 4: Missachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Parteien (keine Fristerstreckung für Stellungnahme)
2.3.2 Eine Beschwerde gemäss Art. 450 Abs. 1 ZGB, für deren Beurteilung erstinstanzlich der Bezirksrat zuständig ist (vgl. § 63 Abs. 1 EG KESR), muss innert 30 Tagen seit der Eröffnung des angefochtenen Entscheids (vgl. Art. 450b Abs. 1 ZGB) eingereicht werden, und zwar gemäss ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (vgl. Art. 450 Abs. 3 ZGB) schriftlich und begründet. Bei der 30tägigen Frist handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckt werden kann (vgl. Art. 144 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 40 Abs. 3 EG KESR); zudem gilt für die Beschwerdebegründung auch kein Fristenstillstand (vgl. § 43 EG KESR). Soweit gemäss § 66 Abs. 1 EG KESR Stellungnahmen der „beteiligten Personen“ zur Beschwerde einzuholen sind, gelten aufgrund von § 40 EG KESR analog die Bestimmungen des Art. 312 Abs. 2 ZPO zur Berufung, welcher den selbstverständlichen Grundsatz rechtsgleicher Behandlung der Parteien sowie den Grundsatz der sog. Waffengleichheit zwischen den Parteien verwirklicht. Die Stellungnahme (die von einer Vernehmlassung der KESB als Vorinstanz zu unterscheiden ist; vgl. dazu § 68 EG KESR) entspricht m.a.W. einer Berufungsantwort i.S. der ZPO. Darauf verweist der Sache nach unübersehbar ebenfalls der § 67 EG KESR zum Antragsrecht. Die Stellungnahme bzw. Beschwerdeantwort ist innert gesetzlicher Frist schriftlich und begründet zu erstatten; Fristenstillstände gelten ebenso für sie gemäss § 43 EG KESR nicht.
Der Bezirksrat hat auch diese selbstverständlichen, die Gleichbehandlung der Parteien wahrenden Grundsätze nicht beachtet, und zwar in einem unverständlichen Ausmass sowie darüber hinaus in einer Art, welche den Beschwerdegegner als Laien gegenüber der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin nachgerade ins Auge springend benachteiligte. So stellte der Bezirksrat in seinem Urteil zwar fest, die Parteien hätten ihre Beschwerden fristgerecht erhoben (vgl. act. 6/23 [= act. 3/1] S. 7, oben). Mit Blick auf das Datum des Entscheids der KESB (26. April 2016) sowie die Datierungen der Beschwerdeschriften (vgl. act. 6/2 und act. 6/22/2) wird das sicher zutreffen; überprüft werden kann das aufgrund der Akten (keine ausgedruckten Zustellnachweise; vgl. KESB-act. 200 ff.) heute nicht mehr. Statt der Beschwerdeführerin aber nach dem Eingang der Beschwerde des Beschwerdegegners (vgl. act. 6/2) die gesetzliche Frist von 30 Tagen – in einer den Vorschriften von Art. 138 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 40 EG KESR (Empfangsschein) genügenden Weise – anzusetzen, um die Beschwerde zu beantworten, forderte der Bezirksrat die Beschwerdeführerin am 8. Juni 2016 auf, eine Stellungnahme „bis 11. Juli 2016“ einzureichen (vgl. act. 6/3). Diese Frist erstreckte der Bezirksrat in der Folge zweimal, zunächst bis zum 10. August 2016 und dann bis zum 9. September 2016 (vgl. act. 6/5-6), so dass der Beschwerdeführerin, die am 7. September 2016 die Beschwerde beantwortete (vgl. act. 6/9), im Ergebnis rund 90 Tage dafür zur Verfügung standen und nicht die gesetzlich vorgesehenen, namentlich „Waffengleichheit“ garantierenden 30 Tage. Umgekehrt setzte der Bezirksrat dem Beschwerdegegner nach dem Eingang der Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 24. Mai 2016 (act. 6/22/2) keine Frist für eine Stellungnahme zur Beschwerde an, räumte aber dafür der Beschwerdeführerin am 8. Juni 2016 eine Frist bis zum 12. Juli 2016 ein, um ihre Beschwerde noch weiter zu begründen (act. 6/22/5). Diese Frist zur weiteren Begründung der Beschwerde erstreckte der Bezirksrat der Beschwerdeführerin danach ebenfalls zweimal bis am 9. September 2016 (vgl. act. 6/22/7-8), so dass im Ergebnis dieses offenkundig gesetzeswidrigen Vorgehens der Beschwerdeführerin mehr als 120 Tage eingeräumt wurden, um das zu erledigen, was sie innert 30 Tagen zwingend zu tun gehalten war.
Kritikpunkt 5: Kein Hinweis auf mutmassliche Prozesskosten und unentgeltliche Rechtspflege
Als ob dem noch nicht genug wäre, hat der Bezirksrat schliesslich den anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdegegner nie über die mutmasslichen Prozesskosten sowie die unentgeltliche Rechtspflege (Voraussetzungen, Mitwirkungsobliegenheiten bei einer Gesuchstellung) hingewiesen, obwohl er zu dieser Aufklärung gemäss Art. 97 ZPO i.V.m. § 40 EG KESR verpflichtet ist.
Das Obergericht führte abschliessend Folgendes aus:
2.4 Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass das Urteil vom 8. März 2017 aufzuheben und die Sache an den Bezirksrat zur korrekten Behandlung und zur neuen Entscheidung zurückzuweisen ist.
Der Bezirksrat hat in seiner Auskunft vom 2. Mai 2017 das Anliegen formuliert, da es um eine Besuchsrechtsregelung gehe, sei aus Gründen der Prozessökonomie von einer Rückweisung abzusehen (vgl. act. 11). Dem schliesst sich die Beschwerdeführerin an (vgl. act. 14). Was der Bezirksrat mit seinem Verweis auf die Prozessökonomie genau meint, ist unklar und kann offenbleiben. Der ohne Zweifel sehr gute Zweck, eine Besuchsregelung rasch treffen zu wollen, heiligt nämlich nicht alle Mittel, namentlich nicht ein so grob fehlerhaftes, gesetzwidriges Verfahren, wie es der Bezirksrat durchgeführt hat und dessen wichtigste Stationen nochmals wiederholt seien: Pflicht zur Aufklärung i.S.v. Art. 97 ZPO verletzt, zwingende gesetzliche Fristen zu Gunsten einer Partei wiederholt krass missachtet, nichtige Verhandlung mit den Parteien durchgeführt, ungültiges Verhandlungsprotokoll erstellt und nichtiges Urteil erlassen. Die Beschwerdeführerin, welche eine Rückweisung als verfahrensmässigen Leerlauf erachtet (vgl. act. 14), übergeht das geflissentlich.
Hätte der Bezirksrat sein Verfahren übrigens gesetzeskonform durchgeführt, wären die gesetzlich vorgesehenen Schriftenwechsel (Begründung und Stellungnahme dazu) bald abgeschlossen gewesen und wäre ein Entscheid schon wesentlich vor dem Ablauf von gut neuneinhalb Monaten möglich gewesen, zumal zwischen ca. Mitte Oktober 2016 und Mitte Februar 2017 keine wesentlichen Verfahrensschritte erkennbar sind, sieht man von der Vorladung zur „Referentenaudienz“ ab, deren Durchführung bereits im Oktober angezeigt worden war.
3. Der Bezirksrat wird im Rahmen seines Verfahrens zu prüfen haben, ob und inwieweit die in Missachtung der zwingenden gesetzlichen Vorschriften erstattete Beschwerdebegründung (act. 6/22/9) sowie die ebenfalls nicht rechtskonform abgegebene Beschwerdeantwort bzw. Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Beschwerde des Beschwerdegegners (act. 6/9) prozessual zu berücksichtigen sind (diese zwei Rechtsschriften sind im Wortlaut übrigens praktisch gleich). Zu prüfen sein wird vom Bezirksrat insbesondere auch, ob die gesetzeswidrigen Fristerstreckungen geeignet waren, bei der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin ein begründetes Vertrauen auf den rechtmässigen Gang des Verfahrens zu erwecken, in dem diese zu schützen wäre. Weiter wird der Bezirksrat zu prüfen haben, ob eine Wiederholung der nichtigen “ Referentenaudienz“ bzw. „Anhörung“ unter Erstellung eines gültigen Verhandlungs- und/oder Einvernahmeprotokolls von der Sache her erforderlich ist.
Was von der Sache her erforderlich ist, hängt von deren Beschaffenheit ab. Wie der Bezirksrat in seiner Auskunft vom 2. Mai 2017 richtig vermerkt hat, geht es um die Regelung der persönlichen Kontakte zwischen Tochter und Vater und insoweit primär um einen Anspruch bzw. ein Recht des Kindes auf persönlichen Umgang mit dem – hier gar sorgeberechtigten – Elternteil, bei dem es nicht wohnt. Wer als Elternteil dieses Recht des Kindes nicht oder nicht hinreichend anerkennt, etwa indem er die Bereitschaft missen lässt, den persönlichen Umgang mit dem Kind zu pflegen, oder aber im Gegenzug den persönlichen Umgang nicht wohlwollend begleitet bzw. fördert, sondern allenfalls direkt oder indirekt, z.B. durch Einflussnahme auf das Kind, behindert oder gar verhindert (vgl. dazu Art. 274 Abs. 1 ZGB), handelt gegen die Interessen und damit gegen das Wohl des Kindes; er handelt ebenfalls gegen die elterlichen Pflichten, im Fall der Behinderung bzw. Verhinderung des persönlichen Umgangs gar grob. Es ist dann die Aufgabe der Behörden, diesen Umgang sicherzustellen, etwa indem dem Kind ein Beistand zur Seite gestellt wird, der ihm hilft, seine Interessen gegenüber den Eltern zu wahren, ferner durch eine klare Regelung des persönlichen Verkehrs sowie allenfalls durch Weisungen. Ziel hat stets der regelmässige, unbehinderte persönliche Verkehr des Kindes mit dem Elternteil zu sein, bei dem es nicht wohnt. Als Massstab für den Umfang der entsprechenden Kontakte hat das zu gelten, was aus der Sicht vernünftiger und loyaler Menschen unter den jeweils konkret gegebenen Umständen für das Kind wünschenswert, also angemessen ist (vgl. Art. 273 Abs. 1 ZGB; vgl. auch BGE 130 III 585 E. 2.1); allfällige Interessen oder Einstellungen der Eltern auch gegenüber dem andern Elternteil haben dabei zurückzustehen. Das gilt selbstredend insbesondere dann, wenn das Kind selbst noch keine entsprechenden Wünsche frei zu bilden vermag. Eine Empfehlung, allenfalls vom persönlichen Umgang abzusehen, bis das Kind seine Anliegen und Wünsche frei bilden kann (… [wie das der Verein X in diesem Fall empfiehlt]), weil z.B. ein Elternteil den ihm obliegenden Pflichten nicht nachkommt, geht von daher ganz offensichtlich an der Sache vorbei und lässt sich zudem mit anderen Gesichtspunkten einer Elternschaft nicht vereinbaren, die ja mit der Geburt des Kindes entstanden ist. Eine solche Empfehlung wälzt zu allem auch noch die Verantwortung, welche die Erwachsenen gegenüber dem Kind haben, um ihm den persönlichen Kontakt zu sichern, letztlich auf das Kind ab, was schlicht nicht angeht. Das wird der Bezirksrat bei der von ihm nun zügig vorzunehmenden Behandlung der Beschwerden ebenfalls im Auge zu behalten haben.
Es ist doch erstaunlich, dass ein Bezirksrat im Kanton Zürich, der bei Beschwerden gegen Entscheide der KESB die Funktion eines Gerichts einnimmt, sich wiederholt grobe Verfahrensfehler leistet. Vor diesem Hintergrund habe ich wenig Verständnis, dass das Obergericht den Entscheid anonymisiert hat und den Bezirksrat nicht benennt. Das rechtssuchende Publikum hat Anspruch auf Kenntnis, damit es in Zukunft Entscheide des besagten Bezirksrats in formeller Hinsicht prophylaktisch genauer prüfen kann. Zudem besteht ein Anspruch auf Kenntnis der Öffentlichkeit, da die Mitglieder des Bezirksrates schliesslich vom Volk gewählt werden.
Update 27.7.17
Die Schweizerische Depeschenagentur (sda) und die NZZ haben das Thema aufgegriffen. Nun ist bekannt, was das Obergericht noch verschwiegen hat, dass der Bezirksrat Bülach mehrfach total versagt hat. Ich hoffe, dass in Bülach die Botschaft angekommen ist.