Landesverweisung und Schengen

Das Schengenabkommen ermöglicht es den Schweizer Gerichten, angeordnete Landesverweisungen in Bezug auf Drittstaatenangehörige (Staatsangehörige von Nicht-Schengen-Staaten) für den ganzen Schengenraum für verbindlich zu erklären. Damit können beispielsweise Kriminaltouristen vom gesamten Schengenraum ferngehalten werden.

Gemäss der Verordnung über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS) und das SIRENE-Büro (N-SIS-Verordnung) (SR 362.0) gilt Folgendes:

1. Abschnitt: Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung
Art. 20 Voraussetzung
Drittstaatsangehörige können nur zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben werden, wenn der entsprechende Entscheid einer Verwaltungs- oder einer Justizbehörde vorliegt. Die Ausschreibung der Landesverweisung im SIS wird vom urteilenden Gericht angeordnet.

Die Voraussetzungen der Ausschreibung finden sich in folgenden Erlassen:

Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen

Artikel 96
(1) Die Daten bezüglich Drittausländern, die zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sind, werden aufgrund einer nationalen Ausschreibung gespeichert, die auf Entscheidungen der zuständigen Verwaltungsbehörden und Gerichte beruht, wobei die Verfahrensregeln des nationalen Rechts zu beachten sind.
(2) Die Entscheidungen können auf die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die nationale Sicherheit, die die Anwesenheit eines Drittausländers auf dem Hoheitsgebiet der Vertragspartei bedeutet, gestützt werden.
Dies kann insbesondere der Fall sein
a) bei einem Drittausländer, der wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist;
b) bei einem Drittausländer, gegen den ein begründeter Verdacht besteht, dass er schwere Straftaten, einschliesslich solcher im Sinne von Artikel 71 begangen hat, oder gegen den konkrete Hinweise bestehen, dass er solche Taten in dem Hoheitsgebiet einer Vertragspartei plant.
(3) Die Entscheidungen können ebenso darauf beruhen, dass der Drittausländer ausgewiesen, zurückgewiesen oder abgeschoben worden ist, wobei die Massnahme nicht aufgeschoben oder aufgehoben worden sein darf, ein Verbot der Einreise oder des Aufenthalts enthalten oder davon begleitet sein muss und auf der Nichtbeachtung des nationalen Rechts über die Einreise oder den Aufenthalt von Ausländern beruhen muss.

Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II):

Artikel 24
Voraussetzungen für Ausschreibungen zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung
1. Die Daten zu Drittstaatsangehörigen, die zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben sind, werden aufgrund einer nationalen Ausschreibung eingegeben, die auf einer Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörden oder Gerichte beruht, wobei die Verfahrensregeln des nationalen Rechts zu beachten sind; diese Entscheidung darf nur auf der Grundlage einer individuellen Bewertung ergehen. Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidungen richten sich nach den nationalen Rechtsvorschriften.
2. Eine Ausschreibung wird eingegeben, wenn die Entscheidung nach Absatz 1 auf die Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder die nationale Sicherheit gestützt wird, die die Anwesenheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats darstellt. Dies ist insbesondere der Fall
a) bei einem Drittstaatsangehörigen, der in einem Mitgliedstaat wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist;
b) bei einem Drittstaatsangehörigen, gegen den ein begründeter Verdacht besteht, dass er schwere Straftaten begangen hat, oder gegen den konkrete Hinweise bestehen, dass er solche Taten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats plant.
3. Eine Ausschreibung kann auch eingegeben werden, wenn die Entscheidung nach Absatz 1 darauf beruht, dass der Drittstaatsangehörige ausgewiesen, zurückgewiesen oder abgeschoben worden ist, wobei die Massnahme nicht aufgehoben oder ausgesetzt worden sein darf, ein Verbot der Einreise oder gegebenenfalls ein Verbot des Aufenthalts enthalten oder davon begleitet sein muss und auf der Nichtbeachtung der nationalen Rechtsvorschriften über die Einreise oder den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen beruhen muss.
4. Dieser Artikel findet auf Personen nach Artikel 26 keine Anwendung.
5. Die Kommission überprüft die Anwendung des vorliegenden Artikels drei Jahre nach dem in Artikel 55 Absatz 2 genannten Zeitpunkt. Auf der Grundlage dieser Überprüfung unterbreitet die Kommission in Anwendung des ihr im Vertrag zugewiesenen Initiativrechts die notwendigen Vorschläge zur Änderung der Bestimmungen des vorliegenden Artikels im Hinblick auf eine stärkere Harmonisierung der Kriterien für die Eingabe von Ausschreibungen.

Artikel 25
Voraussetzungen für die Eingabe von Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen, die das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft geniessen
1. Eine Ausschreibung eines Drittstaatsangehörigen, der das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, geniesst, muss mit den Regelungen, die zur Umsetzung jener Richtlinie erlassen wurden, vereinbar sein.
2. Im Falle eines Treffers bei einer Ausschreibung nach Artikel 24 betreffend einen Drittstaatsangehörigen, der das Recht der Freizügigkeit in der Gemeinschaft geniesst, konsultiert der die Ausschreibung vollziehende Mitgliedstaat sofort über sein SIRENE-Büro und nach Massgabe des SIRENE-Handbuchs den ausschreibenden Mitgliedstaat, um unverzüglich über die zu ergreifenden Massnahmen zu entscheiden.

Gemäss dem Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Dezember 2017 (SB170246-O), E. III.3, ist dabei nicht auf den abstrakten Strafrahmen, sondern auf die Höhe der Strafe der konkreten Verurteilung abzustellen. Nur schwere Straftaten rechtfertigen eine Ausschreibung im Schengen-Informationssystem (SIS). Der Beschuldigte muss somit zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sein. Die Verurteilung zu einer obligatorischen Landesverweisung nach Art. 66a StGB allein ist nicht ausreichend für eine SIS-Ausschreibung, denn es ist eine individuelle Bewertung notwendig.