Obligatorische Landesverweisung und der leichte Fall

Gemäss dem Deliktskatalog von Art. 66a Abs. 1 StGB ist die obligatorische Landesverweisung auszusprechen. Solche Urteile führen in bestimmten, nicht seltenen Fällen zu einer Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes. Von einer obligatorischen Landesverweisung kann nur abgesehen werden, wenn es sich um einen Härtefall (Art. 66a Abs. 2 StGB) handelt oder wenn eine entschuldbare Notwehr oder ein entschuldbar Notstand vorliegt (Art. 66a Abs. 3 StGB).

Der Deliktskatalog umfasst Verbrechen und Vergehen. Eine Landesverweisung ist dagegen nicht möglich bei Verurteilungen wegen Übertretungen.

Art. 105 StGB
1 Die Bestimmungen über die bedingten und die teilbedingten Strafen (Art. 42 und 43), über die Landesverweisung (Art. 66a–66d) sowie über die Verantwortlichkeit des Unternehmens (Art. 102) sind bei Übertretungen nicht anwendbar.
(…)

Zwei Delikte, die im Grundtatbestand im Deliktskatalog aufgeführt sind, sind in leichten Fällen als Übertretung ausgestaltet: Unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (Art. 148a Abs. 2 StGB), Gefährdung ohne verbrecherische Absicht. Fahrlässige Gefährdung (Art. 225 Abs. 2 StGB).

Unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe
Art. 148a StGB
1 Wer jemanden durch unwahre oder unvollständige Angaben, durch Verschweigen von Tatsachen oder in anderer Weise irreführt oder in einem Irrtum bestärkt, sodass er oder ein anderer Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe bezieht, die ihm oder dem andern nicht zustehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
2 In leichten Fällen ist die Strafe Busse.

Demzufolge muss die Verteidigung regelmässig argumentieren, dass es sich um einen leichten Fall handle, der keine Landesverweisung nach sich zieht. Solch eine Sichtweise ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn die Strafe klein und die Landesverweisung deshalb unbillig wäre. Der leichte Fall ist somit eine notwendige Krücke, um eine verfehlte Gesetzgebung im Einzelfall korrigieren zu können. Es ist besser, grosszügig einen leichten Fall anzunehmen, als eine unverhältnismässige Landesverweisung auszusprechen.

Somit stellt sich die Frage, was unter leichtem Fall genau zu verstehen ist.

Die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz hält in ihren Empfehlungen vom 24. November 2016 Folgendes fest:

Von einem leichten Fall ist auszugehen, wenn die von einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe deliktisch erwirkten Leistungen oder Gegenleistungen (Mietzins, Finanzierung eines Objekts) den Betrag von CHF 3‘000.00 nicht übersteigen.

Das Bundesgerichts stellte in seinem Urteil vom 16. Juli 2021 (6B_1246/2020) nicht nur auf den Deliktsbetrag ab, sondern würdigte weitere Elemente, weshalb es im konkreten Fall richtigerweise zur Erkenntnis gelangte, dass es sich um einen leichten Fall handle, weshalb keine obligatorische Landesverweisung möglich ist.

4. Streitig ist, ob von einem leichten Fall im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB auszugehen ist.

4.1. Die Beschwerdeführerin verweist auf den Deliktsbetrag von Fr. 3’303.73, der bereits nahe an der von der Lehre als zu tief kritisierten Grenze von Fr. 3’000.– liege. Indem sie ihr Einkommen dem RAV gemeldet und davon ausgegangen sei, dieses leite die Informationen an den Sozialdienst weiter, habe sie ohne jede kriminelle Energie gehandelt. Ausserdem habe sie mit dem Geld ein Bett für ihren Sohn gekauft, der an erheblichen Rückenschmerzen leide. Diese Verwendung des Geldes sei zu ihren Gunsten auszulegen. Schliesslich berücksichtige die Vorinstanz sachfremde Komponenten, wenn sie die nicht einschlägigen Vorstrafen (alles Übertretungen) zur Verneinung eines leichten Falls heranziehe.

4.2. Die Vorinstanz verneint einen leichten Fall und führt dazu aus, die Beschwerdeführerin habe dem Sozialdienst über eine Zeitdauer von über sechs Monaten Einkommen von insgesamt Fr. 4’823.70 verschwiegen. Nebst der Zeitdauer komme erschwerend dazu, dass sie verschiedentlich Gelegenheit gehabt hätte, den Sozialdienst über ihre Arbeitstätigkeit in Kenntnis zu setzen. Es sei davon auszugehen, dass sie auch weiterhin unrechtmässig Sozialhilfeleistungen bezogen hätte, wenn der Sozialdienst von sich aus nichts bemerkt hätte. Immerhin, so die Vorinstanz weiter, habe die Beschwerdeführerin das Einkommen gegenüber dem RAV deklariert und damit eine grosse Wahrscheinlichkeit geschaffen, dass auch der Sozialdienst davon Kenntnis erlange, zumal das Arbeitslosentaggeld direkt an den Sozialdienst ausbezahlt worden sei. Negativ zu gewichten sei dagegen der unrechtmässige Bezug von Sozialhilfe durch die Beschwerdeführerin im Jahr 2011 (wobei der Sozialdienst damals keine Anzeige erstattet habe) sowie ihre Vorstrafen wegen geringfügigen Diebstahls und Ungehorsams des Schuldners im Betreibungs- und Konkursverfahren. Insgesamt sei nicht mehr von einem geringen Verschulden auszugehen.

4.3. In „leichten Fällen“ stellt der Tatbestand des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe eine Übertretung dar (Art. 148a Abs. 2 StGB). Wann ein leichter Fall gegeben ist, definiert das Gesetz nicht. Ein Abgrenzungskriterium stellt der Deliktsbetrag dar, der aber nur im Sinne einer Erheblichkeitsschwelle bedeutsam sein kann (Urteile 6B_1030/2020 vom 30. November 2020 E. 1.1.3; 6B_1161/2019 vom 13. Oktober 2020 E. 1.2). Zur Frage, ab welchem Betrag die Erheblichkeitsschwelle zu einem nicht mehr leichten Fall erreicht wird, hat sich das Bundesgericht bis anhin nicht geäussert. Die Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz (nachfolgend: SSK) nennt in ihren Empfehlungen betreffend die Ausschaffung verurteilter Ausländerinnen und Ausländer (Art. 66a bis 66d StGB) vom 24. November 2016 einen Grenzbetrag von Fr. 3’000.–. Dieser Betrag wird in der Literatur verschiedentlich als zu tief kritisiert (MATTHIAS JENAL, in: Basler Kommentar, Strafrecht, 4. Aufl. 2018, N. 21 zu Art. 148a StGB; BURCKHARDT/SCHULTZE, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 7 zu Art. 148a StGB; FIOLKA/VETTERLI, Die Landesverweisung nach Art. 66a StGB als strafrechtliche Sanktion, plädoyer 5/2016 S. 94). In ähnlicher Weise wird in der Lehre die Auffassung vertreten, Art. 148a Abs. 2 StPO müsse in Anbetracht der mangelnden Präzision des Gesetzestexts und seiner Funktion als „Gegengewicht“ zur Strenge der automatischen Landesverweisung weit ausgelegt werden (GARBARSKI/BORSODI, in: Commentaire Romand, Code pénal II, 2017, N. 31 zu Art. 148a StGB).

Neben dem Betrag der unrechtmässig bezogenen Sozialleistung, d.h. dem Ausmass des verschuldeten Erfolgs, sind weitere Elemente zu beachten, die das Verschulden des Täters „herabsetzen“ können (vgl. Art. 47 StGB; Urteil 6B_1161/2019 vom 13. Oktober 2020 E. 1.2 mit Hinweis). Dies kann etwa die (kurze) Zeit des unrechtmässigen Leistungsbezugs sein. Abgesehen von Fällen mit einem geringen Betrag kann ein leichter Fall auch dann gegeben sein, wenn das Verhalten des Täters nur eine geringe kriminelle Energie offenbart oder seine Beweggründe und Ziele nachvollziehbar sind (Urteil 6B_1030/2020 vom 30. November 2020 E. 1.1.3 mit Hinweisen). Gemäss Art. 47 Abs. 1 und 2 StGB sind für die Beurteilung des Verschuldens die gesamten Tatumstände (sog. Tatkomponenten) zu berücksichtigen, namentlich die Art und Weise der Herbeiführung des verschuldeten Erfolgs und die Verwerflichkeit des Handelns (vgl. etwa BGE 141 IV 61 E. 6.1.1; 136 IV 55 E. 5.4; Urteil 6B_1363/2019 vom 19. November 2020 E. 2.4.3 mit Hinweisen).

4.4. Ob die in der Lehre laut gewordene Kritik am von der SSK vorgeschlagen Grenzwert von Fr. 3’000.– berechtigt ist, kann vorliegend offen gelassen werden. Fest steht, dass die Beschwerdeführerin diesen Betrag nur geringfügig überschritten hat, was, wie sie zu Recht vorbringt, einen ersten Hinweis auf eine minder schwere Tat darstellt. Die Feststellung der Vorinstanz, wonach dieser Betrag „weit höher liegen dürfte“ ist, wie von der Beschwerdeführerin ebenfalls zutreffend geltend gemacht, eine unbelegte Vermutung. Darüber hinaus ist der Deliktsbetrag wie bereits dargelegt nicht der einzige Indikator für die Schwere des für die Prüfung eines leichten Falls relevanten Verschuldens. Bei dessen Beurteilung hält die Vorinstanz zwar zu Recht dafür, dass die Vergangenheit der Beschwerdeführerin, namentlich der Umstand, wonach sie gegenüber den Sozialhilfebehörden bereits im Jahr 2011 einmal Lohneinkünfte verschwiegen hat, negativ ins Gewicht fällt. Festzuhalten ist jedoch auch, dass es nie zu einer einschlägigen Verurteilung kam. Abseits dessen handelte die Beschwerdeführerin mit geringer krimineller Energie. So wirkte sie, wie auch die Vorinstanz erkennt, nicht aktiv auf den Taterfolg hin, sondern beging die Tat durch das Verschweigen von weiterem Einkommen und damit durch Unterlassen. Dabei stellt die Vorinstanz in subjektiver Hinsicht nur eventual- und nicht direkt vorsätzliches Handeln fest. Darüber hinaus gab die Beschwerdeführerin die streitigen Einkünfte beim RAV von sich aus und in korrekter Weise an. Namentlich weil das Arbeitslosentaggeld direkt an den Sozialdienst ausbezahlt wurde und somit eine gewisse Verbindung zwischen den beiden Behörden bestand, musste die Beschwerdeführerin jederzeit damit rechnen, dass der Sozialdienst vom RAV über ihre Beschäftigung bei der C. informiert wird. Damit hat sie die Möglichkeit, aufzufliegen, gewissermassen selber geschaffen. Hinzu kommt, dass die Rolle der zuständigen Sachbearbeiterin des Sozialdienstes nicht restlos geklärt ist und diese auch nach Auffassung der Vorinstanz eine gewisse Mitverantwortung trifft, hätte sie doch aufgrund der Schwankungen in der Höhe des ausbezahlten Arbeitslosentaggelds skeptisch werden und reagieren müssen. Die dem Sozialdienst anzulastende Mitverantwortung schmälert das Verschulden der Beschwerdeführerin zusätzlich. Schliesslich gilt es zu konstatieren, dass die Beschwerdeführerin gemäss Feststellungen der Vorinstanz am Rande des Existenzminimums lebt (angefochtenes Urteil S. 26). Sie hat das bezogene Geld denn auch nicht für den Erwerb irgendwelcher Luxusgüter aufgewendet, sondern ihrem Sohn damit ein Bett gekauft (vgl. angefochtenes Urteil S. 19). Ihre Beweggründe sind somit tendenziell zu ihren Gunsten auszulegen. Vor diesem konkreten Hintergrund hätte die Vorinstanz gesamthaft gesehen von einem leichten Fall im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB ausgehen müssen. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet.

5. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, der angefochtene Entscheid mit Ausnahme der Freisprüche aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Diese hat die Beschwerdeführerin wegen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe in einem leichten Fall nach Art. 148a Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen und hierfür eine angemessene Strafe festzusetzen. Eine Landesverweisung fällt ausser Betracht (Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB e contrario sowie Art. 105 Abs. 1 i.V.m. Art. 148a Abs. 2 StGB). (…)

In diesem Fall ist übrigens nicht nachvollziehbar, warum die Gemeinde überhaupt zu viel Geld ausbezahlt hat, denn normalerweise fordert diese Lohn- oder Taggeldabrechnungen ein und aus letzterer wäre auch der gemeldete Zwischenverdienst ersichtlich gewesen.

Zu diesem Thema fand sich im Tagesanzeiger von 20. April 2021 (Paywall) ein Artikel mit folgendem Titel:

Sozialhilfemissbrauch: So umgehen Richter den Landesverweis
Aus dem Bezirksgericht Zürich. Nach mehren Entscheiden des Obergerichts zu Sozialhilfemissbrauch könnte die Staatsanwaltschaft den Gerichten viel Arbeit ersparen. Doch diese will nicht.

Der Artikel handelt von einem sehr ähnlich gelagerten Fall des Bezirksgerichts Zürich, wie ihn das Bundesgericht behandelt hat. Auch das Bezirksgericht Zürich nahm einen leichten Fall an. Der Tenor des Artikels ist, dass die Staatsanwaltschaft in Anbetracht der obergerichtlichen Rechtsprechung ihre Richtlinien anpassen und eher einen leichten Fall annehmen solle. Somit könnten sie den Fall mittels Strafbefehl erledigen. Es ergibt wenig Sinn, eine Landesverweisung zu fordern, wenn klar ist, dass die Gerichte eine solche nicht stützen.

Das Obergericht geht auch bei sehr viel höheren Deliktsbeträgen von einem leichten Fall aus. Im ersten Urteil wurde ein leichter Fall bei einem Deliktsbetrag von CHF 5’334.55 bejaht. Im zweiten Urteil wurde bei einem Deliktsbetrag von CHF 23’004.25 ein leichter Fall nicht grundsätzlich ausgeschlossen, jedoch aus anderen Gründen verneint. Im dritten Urteil wurde bei einem Deliktsbetrag von CHF 7‘626.95 der leichte Fall bejaht.

1. Urteil des Obergerichts vom 3. Oktober 2019 (SB190071):

4.4. Zu prüfen bleibt, ob ein leichter Fall gemäss Art. 148a Abs. 2 StGB vorliegt.

4.4.1. Gesetzlich wurde nicht geregelt, wann ein leichter Fall vorliegt. Die Botschaft führt hierzu aus, dass gerade mit Blick auf das geschützte Rechtsgut des Vermögens ein leichter Fall vor allem da gegeben sein werde, wo sich die Tat auf eine Sozialleistung von einem geringen Betrag beziehe. Hierin bestehe eine Übereinstimmung mit Art. 172ter StGB, der geringfügige Vermögensdelikte zu Antragsdelikten erkläre und ebenfalls lediglich Busse androhe. Im Übrigen seien sämtliche Elemente zu beachten, welche das Verschulden des Täters herabsetzen können. So könne ein leichter Fall gegeben sein, wenn das Verhalten des Täters nur eine geringe kriminelle Energie offenbare oder die Beweggründe und Ziele des Täters nachvollziehbar seien. Wo die Grenze zwischen einem Fall nach Absatz 1 und einem leichten Fall nach Absatz 2 verlaufe, werde durch die Gerichtspraxis zu entscheiden sein (Botschaft zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes vom 26. Juni 2013, BBl 2013 5975 ff., S. 6039, nachfolgend Botschaft).

4.4.2. Soweit ersichtlich hat das Bundesgericht bis heute zu dieser Frage noch keine Stellung genommen. Sodann ist auch kein Entscheid einer oberen kantonalen Instanz bekannt.

4.4.3. Kriterium für den leichten Fall ist mit Blick auf das geschützte Rechtsgut des Vermögens zunächst der Deliktsbetrag (vgl. Botschaft, a.a.O.; BSK StGB II-JENAL, 4. Aufl. 2019, Art. 148a N 21). Ist dieser gering, liegt ein leichter Fall vor. Die Grenze von Fr. 300.–, die von der Rechtsprechung im Rahmen von Art. 172ter entwickelt wurde, wird in diesem Zusammenhang von der Lehre indessen einhellig als zu tief angesehen (vgl. BSK StGB II-JENAL, a.a.O., Art. 148a N 21 m.w.H.).

4.4.4. Nach den Empfehlungen der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz soll von einem leichten Fall ausgegangen werden, wenn die von einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe deliktisch erwirkten Leistungen oder Gegenleistungen den Betrag von Fr. 3’000.– nicht übersteigen (Empfehlungen des Vorstandes der SSK betreffend die Ausschaffung verurteilter Ausländerinnen und Ausländer [Art. 66a bis 66d StGB] vom 24. November 2016, Ziffer 4).

4.4.5. Mit der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz kann davon ausgegangen werden, dass bei einem Betrag bis Fr. 3’000.– in der Regel ohne weiteres von einem leichten Fall ausgegangen werden kann. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass je nach den Umständen auch bei einem Fr. 3’000.– übersteigenden Betrag ein leichter Fall vorliegen kann. So führt die Botschaft unmissverständlich aus, dass weiter – nebst dem Betrag – sämtliche Elemente zu beachten seien, die das Verschulden des Täters herabsetzen können. So könne ein leichter Fall gegeben sein, wenn das Verhalten des Täters nur eine geringe kriminelle Energie offenbare oder die Beweggründe und Ziele des Täters nachvollziehbar seien (Botschaft, a.a.O., S. 6039). Diese Ausführungen der Botschaft können nur so verstanden werden, dass diese Gegebenheiten nicht zusätzlich zu einem geringen Betrag treten müssen, sondern weitere Umstände dazu führen können, dass auch bei einer höheren Deliktsumme unter Umständen von einem leichten Fall ausgegangen werden kann. Das alleinige, schematische Abstellen auf einen maximalen Betrag widerspricht somit der Intention des Gesetzgebers. Dies wird grossmehrheitlich auch von der Lehre so gesehen (BSK StGB II-JENAL, a.a.O., Art. 148a N 22; FIOLKA/VETTERLI, Die Landesverweisung nach Art. 66a StGB, in: Plädoyer 5/2016, S. 82 ff., S. 94 f.; DONATSCH, Orell Füssli Kommentar [Navigator.ch], StGB/JStG Kommentar, 20. Aufl. 2018, Art. 148a StGB N 10; BURCKHARDT/SCHULTZE, Schweizerisches Strafgesetzbuch, DIKE-Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 148a StGB, N 7).

4.4.6. Nebst dem Betrag der bezogenen Leistungen müssen als weitere Kriterien die Dauer der unrechtmässig bezogenen Leistungen und das Verschulden miteinbezogen werden. JENAL plädiert dafür, dass Art. 148a Abs. 2 StGB weit auszulegen sei. Da die Anwendung von Art. 148a Abs. 1 StGB schwerwiegende Konsequenzen habe (obligatorische Landesverweisung), sei auch der von der SSK empfohlene Betrag von Fr. 3’000.– noch zu tief angesetzt. Die ausbezahlten Beträge würden oft hoch sein, auch wenn zu Beginn ein Delikt mit nur geringer krimineller Energie stehe. Er ist deshalb der Ansicht, dass auch Fälle, in denen bis zu Fr. 30’000.– ausbezahlt werden, je nach den Umständen noch gering resp. leichte Fälle im Sinne von Abs. 2 sein können (JENAL, in: Jusletter v. 6. März 2017, S. 14 f.; BSK StGB II-JENAL, a.a.O., Art. 148a StGB N 21). Mit gleicher Begründung vertreten FIOLKA/VETTERLI die Meinung, dass auch bei einem Betrag von Fr. 10’000.– bis Fr. 15’000.– je nach den Umständen noch ein leichter Fall gegeben sein könne (FIOLKA/VETTERLI, a.a.O., S. 94).

4.4.7. RASELLI vertritt die Ansicht, dass mit Blick auf die äusserst gravierende Konsequenz der obligatorischen Landesverweisung der Grenzbetrag im Hinblick darauf, dass es sich bei den meisten Katalogdelikten im Gegensatz zum Vergehen des Sozialmissbrauchs um Verbrechen handle, hoch angesetzt werden solle. Während es sich bei den im Katalog figurierenden Delikten vorwiegend um Gewaltdelikte handle, umfasse der Tatbestand des Sozialmissbrauchs auch blosses Verschweigen von Tatsachen, mithin passives, nicht von eigentlicher krimineller Energie zeugendes Verhalten (RASELLI, in: Sicherheit & Recht 3/2017, Obligatorische Landesverweisung und Härtefallklausel im Ausführungsgesetz zur Ausschaffungsinitiative, S. 141 ff., S. 151).

4.4.8. Die Höhe der unrechtmässig bezogenen Leistungen stellt nach einhelliger Meinung in der Lehre zurecht zwar durchaus ein wesentliches Element für die Beurteilung dar, ob ein leichter Fall vorliegt. Weiter ist aber auch der Ansicht der Lehre zu folgen, dass die Höhe der unrechtmässig bezogenen Leistungen allein nicht ausschlaggebend sein kann, sondern die weiteren Umstände der Tat zu berücksichtigen sind. Es scheint daher für die Frage des leichten Falls – entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (Urk. 52 S. 2 f.) – als sachgerecht, auf das gesamte objektive und subjektive Tatverschulden abzustellen. So ist bei Vermögensdelikten bei der Beurteilung des objektiven Tatverschuldens des Täters nach herrschender Rechtsprechung die Höhe der deliktisch erlangten Vorteile neben den weiteren Umständen, wie z.B. der Dauer etc., nur ein, wenn auch wesentliches Element. Sodann sind im Rahmen des subjektiven Tatverschuldens weitere, beim Täter liegende Umstände zu berücksichtigen. Dabei können jedoch das Nachtatverhalten des Täters, die Wirkung der Strafe auf den Täter und die Konsequenzen, die eine Landesverweisung für den Täter hätte, nicht von Bedeutung sein. Hierbei handelt es sich um Elemente, die nicht das Tatverschulden zu relativieren, aber allenfalls die Bestrafung des Täters zu beeinflussen vermögen. Sie haben deshalb bei der Beantwortung der Frage, ob ein leichter Fall vorliegt, ausser acht zu bleiben.

4.4.9. Jedoch ist das Element der – wenn kein leichter Fall vorliegt – drohenden Landesverweisung insoweit einzubeziehen, dass aufgrund der äusserst gravierenden Konsequenz der obligatorischen Landesverweisung und im Hinblick darauf, dass es sich bei den meisten Katalogdelikten, die zu einer obligatorischen Landesverweisung führen, im Gegensatz zum Vergehen des Sozialmissbrauchs um Verbrechen handelt (vgl. RASELLI, a.a.O., S. 151), ein leichter Fall im Sinne von Abs. 2 nicht nur bei sehr leichtem Tatverschulden, sondern auch bei einem noch leichten Verschulden noch gegeben ist, was – soweit zum Einwand der Staatsanwaltschaft (Urk. 52 S. 2/3) – selbstverständlich unabhängig von der Nationalität des Beschuldigten gilt.

4.5. Nachfolgend ist somit gestützt auf obige Überlegungen zu prüfen, ob das Tatverschulden des Beschuldigten als noch leicht beurteilt werden kann und damit ein leichter Fall vorliegt.

4.5.1. Der Beschuldigte hat durch sein unrechtmässiges Handeln einen Vermögensvorteil von Fr. 5’334.55 erwirkt. Auch wenn dieser Betrag nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden kann, handelt es sich immer noch um einen verhältnismässig tiefen Betrag. Wie in der Lehre zutreffend ausgeführt wird, können im Bereich der Sozialversicherungen durch unrichtige oder unvollständige Angaben ziemlich schnell sehr hohe Beträge erwirkt werden (vgl. JENAL und FIOLKA/VETTERLI, a.a.O.). Das Mittel der Tatbegehung war eine Unterlassung. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte keiner Schwarzarbeit, sondern einer ordentlichen Arbeitstätigkeit nachging, und er keine Anstrengungen unternommen hatte, seine falschen Angaben zu vertuschen. Es ist daher von einer sehr geringen kriminellen Energie auszugehen. Sodann umfasste der Bezug nur eine sehr kurze Zeitspanne von zwei Monaten (Februar und März 2017). Im April 2017 gab der Beschuldigte die Arbeitstätigkeit wahrheitsgemäss an (Urk. 15/14). Insgesamt erscheint das objektive Tatverschulden als noch leicht.

4.5.2. Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere ist zu beachten, dass der Beschuldigte mit direktem Vorsatz handelte. Weiter ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass sich der Beschuldigte in einer finanziellen und emotionalen Not befand. Er hatte Alimentenschulden von über Fr. 30’000.–, viele offenen Rechnungen und ein hängiges Betreibungsverfahren. Seine Ex-Frau setzte ihn sodann bezüglich der Alimente unter Druck. Er dürfe seine damals 6-jährige Tochter nur sehen, wenn er die Alimente bezahle (Urk. 2 S. 2 f.; Urk. 3 S. 2 f., S. 5; Prot. I S. 8 f.). Auch wenn der Standpunkt der Ex-Frau rechtlich nicht zutreffend ist, ist es eine notorische Tatsache, dass das Gelingen des Besuchsrechts insbesondere bei jüngeren Kindern massgeblich von der Einstellung des obhutsinnehabenden Elternteils abhängt und Besuchsrechte in der Regel nicht zwangsweise durchgesetzt werden können. Der Beschuldigte war damit durchaus vom Wohlwollen seiner Ex-Frau abhängig, um den Kontakt zu seiner Tochter aufrecht erhalten zu können. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass er sich bei dieser Ausgangslage dazu entschieden hat, der Alimentenzahlung subjektiv eine derartige Gewichtung zuzumessen, die ihn schliesslich dazu verleitet hat, zwei Monate lang der Arbeitslosenkasse seine Erwerbseinkünfte nicht anzugeben. Sodann trug der Beschuldigte mit seinen wahrheitsgemässen Angaben im April 2017 dazu bei, dass die nicht angegebene Erwerbstätigkeit in den beiden Monaten zuvor überhaupt aufgedeckt werden konnte.</span>

4.5.3. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das subjektive Tatverschulden das objektive Tatverschulden leicht zu relativieren vermag und das Tatverschulden des Beschuldigten insgesamt leicht wiegt. Aufgrund des leichten Verschuldens ist das Verhalten des Beschuldigten als leichter Fall im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB zu qualifizieren. Dementsprechend ist der Beschuldigte des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen.

2. Urteil des Obergerichts vom 10. Juli 2020 (SB190570):

5. Zu prüfen bleibt, ob ein leichter Fall gemäss Art. 148a Abs. 2 StGB vorliegt. Gesetzlich wurde nicht geregelt, wann ein leichter Fall vorliegt. Die Botschaft führt hierzu aus, dass gerade mit Blick auf das geschützte Rechtsgut des Vermögens ein leichter Fall vor allem da gegeben sein werde, wo sich die Tat auf eine Sozialleistung von einem geringen Betrag beziehe. Hierin bestehe eine Übereinstimmung mit Art. 172ter StGB, der geringfügige Vermögensdelikte zu Antragsdelikten erkläre und ebenfalls lediglich Busse androhe. Im Übrigen seien sämtliche Elemente zu beachten, welche das Verschulden des Täters herabsetzen können. So könne ein leichter Fall gegeben sein, wenn das Verhalten des Täters nur eine geringe kriminelle Energie offenbare oder die Beweggründe und Ziele des Täters nachvollziehbar seien. Wo die Grenze zwischen einem Fall nach Absatz 1 und einem leichten Fall nach Absatz 2 verlaufe, werde durch die Gerichtspraxis zu entscheiden sein (Botschaft 2013, S. 6039).

Kriterium für den leichten Fall ist mit Blick auf das geschützte Rechtsgut des Vermögens zunächst der Deliktsbetrag (vgl. Botschaft, a.a.O.; BSK StGB II-Jenal, 4. Aufl. 2019, Art. 148a N 21). Ist dieser gering, liegt ein leichter Fall vor. Die Grenze von Fr. 300.–, die von der Rechtsprechung im Rahmen von Art. 172ter entwickelt wurde, wird in diesem Zusammenhang von der Lehre indessen einhellig als zu tief angesehen (vgl. BSK StGB II-Jenal, 4. Aufl. 2019, Art. 148a N 21 Art. 148a N 21 m.w.H.). Die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz (SSK) empfiehlt, von einem leichten Fall auszugehen, wenn die deliktisch bezogenen Leistungen den Betrag von Fr. 3’000.– nicht übersteigen (Empfehlungen des Vorstandes der SSK betreffend die Ausschaffung verurteilter Ausländerinnen und Ausländer [Art. 66a bis 66d StGB] vom 24. November 2016, Ziffer 4). Zum leichten Fall wird in der einschlägigen Literatur ausgeführt, auch bei einem deutlich höheren Deliktsbetrag als Fr. 3’000.– müsse von einem leichten Fall ausgegangen werden, wenn das Verschulden sehr gering sei, beispielsweise, wenn eine verspätete Meldung innert drei Monaten erfolge, zumal ein Betrag von Fr. 10’000.– oder Fr. 15’000.– oft innerhalb von ca. drei Monaten ausbezahlt werde (vgl. Fiolka/Vetterli, Die Landesverweisung nach Art. 66a StGB als strafrechtliche Sanktion, Beilage zu plädoyer 5/2016, S. 94 f.).

Vorliegend ist von einem Deliktsbetrag von insgesamt Fr. 23’004.25 auszugehen. Auch wenn der Betrag deutlich über der Empfehlung der SSK liegt, spricht er vor dem Hintergrund der zitierten Lehrmeinungen richtigerweise für sich alleine weder für noch gegen die Qualifikation des Deliktes als leichter Fall im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB. Vielmehr gilt es, die Qualifikation aufgrund der gesamten Umstände vorzunehmen. Der vom Beschuldigten zu Unrecht bezogene Betrag resultiert aus den Sozialhilfeleistungen, welche ihm trotz fehlender Aufenthaltsbewilligung von Januar bis August 2018 und somit über einen Zeitraum von acht Monaten hinweg ausbezahlt wurden. Es liegt damit ein nicht kurzer Deliktszeitraum vor. Zudem ist der Betrag nicht unerheblich und liegt deutlich über der von diversen Autoren vertretenen, höheren Grenze für einen leichten Fall. Darüber hinaus sind auch keine Umstände ersichtlich, welche das Verschulden des Beschuldigten herabsetzen würden und unter welchen man auch bei dieser Deliktssumme von einem leichten Fall ausgehen könnte. Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 40 S. 14). Ein leichter Fall liegt nicht vor.

3. Urteil des Obergerichts vom 10. September 2020 (SB200113):

2.3.2. Der Beschuldigte hat durch sein unrechtmässiges Handeln gemäss Anklage einen Vermögensvorteil von Fr. 7‘626.95 erwirkt. Auch wenn dieser Betrag nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden kann, handelt es sich immer noch um einen verhältnismässig tiefen Betrag. Wie in der Lehre zutreffend ausgeführt wird, können im Bereich der Sozialhilfe durch unrichtige oder unvollständige Angaben ziemlich schnell sehr hohe Beträge erwirkt werden (vgl. Jenal und Fiolka/Vetterli, a.a.O.). Vorliegend geht es im Wesentlichen denn auch alleine um die Übernahme von zwei Leistungsabrechnungen der Krankenkasse durch die Sozialbehörde B. im Gesamtbetrag von knapp Fr. 6’300.– (Urk. 1 S. 4; Urk. 2/6). Das Mittel der Tatbegehung war eine Unterlassung, mithin ein Verschweigen. Dabei ist zugunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen, dass er dem Sozialamt lediglich eine einmalige Auszahlung von Kinderzulagen nicht meldete, während er seine monatlichen Lohnabrechnungen korrekt einreichte und die Sozialhilfebeiträge für ihn und seine Familie jeweils entsprechend gekürzt wurden. Bei der verschwiegenen Auszahlung handelt es sich sodann um Kinderzulagen für die letzten 5 Jahre, mithin für einen Zeitraum, der grösstenteils vor demjenigen lag, für welchen der Beschuldigte Sozialhilfe bezog (ab Mai 2017). Insgesamt erscheint das objektive Tatverschulden damit als noch leicht.

2.3.3. Hinsichtlich der subjektiven Tatschwere ist zu beachten, dass der Beschuldigte mit direktem Vorsatz handelte. Weiter ist jedoch zu berücksichtigen, dass er sich aufgrund der schweren Krankheit seines Sohnes in einer sehr schwierigen finanziellen und familiären Lage befand und befindet. Wie den Akten zu entnehmen ist, leidet der 1998 geborene Sohn des Beschuldigen seit er 4-jährig ist an der Muskelkrankheit Myathenia gravis, von welcher die gesamte Muskulatur betroffen ist (Urk. 26 S. 13; Urk. 27/2; Urk. 51/4). Gemäss Schreiben von Dr. med. E. vom 1. September 2020 würden sich der Beschuldigte und seine Ehefrau um den seit der Geburt wegen der Krankheit Myathenia gravis invaliden Sohn kümmern, welcher im Rollstuhl sitze und Hilfe und Pflege benötige (Urk. 51/4). Aktuell müsse sich der Sohn sodann aufgrund einer im Juni 2020 durchgeführten Becken- und Hüftoperation zweimal wöchentlich einer Physiotherapie in der Universitätsklinik … [Ortschaft] unterziehen, zu welchen Terminen der Beschuldigte ihn selbstverständlich zu begleiten habe (Urk. 56 S. 17). Da die Frau des Beschuldigten an starkem Übergewicht und Atemproblemen leide, könne sie – gemäss Ausführungen der Verteidigung – ihren Mann bei der Pflege des Sohnes nur bedingt unterstützen (Urk. 26 S. 13; Urk. 56 S. 16). Der Beschuldigte selber leide sodann an Diabetes und aufgrund der Tatsache, dass er seinen 80 kg schweren Sohn jeweils die Haustreppe hoch und runter tragen müsse, an Rückenschmerzen (Urk. 56 S. 17). Aufgrund des massiven Betreuungsaufwandes für den Sohn machte sich der Beschuldigte selbständig und geriet sodann mit seiner Unternehmung in finanzielle Schieflage, was schliesslich auch zu seinen finanziellen Problemen führte und dazu, dass er den Gang zum Sozialamt antreten musste. Mit den ausbezahlten Kinderzulagen bezahlte er sodann Schulden zurück. Schulden, die er wohl nicht oder zumindest nicht in dieser Höhe geäufnet hätte, hätte er die Kinderzulagen im richtigen Zeitpunkt (und nicht erst rückwirkend) effektiv erhalten gehabt. Bei den Schulden handelte es sich sodann gemäss seinen eigenen, unwiderlegten Aussagen zumindest teilweise um ausstehende Mietzinse. Der Beschuldigte musste wohl befürchten, dass er und seine Familie aus der Wohnung ausgewiesen würden, wenn er diese nicht bezahlt hätte. Weiter legte der Beschuldigte die Auszahlung der Kinderzulagen – wenn auch erst auf mehrfaches Nachfragen hin – selbst offen. Konkrete Täuschungen oder Versuche, die Auszahlung durch bewusst falsche Angaben zu vertuschen, hat er keine unternommen. Vielmehr trug er, wenn auch verspätet, selbst dazu bei, dass die nicht angegebene Auszahlung der Kinderzulagen schliesslich aufgedeckt werden konnte. Sehr raffiniert war sein Vorgehen sodann ohnehin nicht, hätte doch die Sozialbehörde B. die erforderliche Auskunft früher oder später zweifelsohne bei der Sozialversicherungsanstalt selbst erhältlich gemacht.

2.3.4. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das subjektive Tatverschulden das objektive insbesondere aufgrund der schwierigen privaten Situation, in welcher sich der Beschuldigte befindet, zu relativieren vermag und das Tatverschulden damit insgesamt leicht wiegt. Aufgrund des leichten Verschuldens ist das Verhalten des Beschuldigten als leichter Fall im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB zu qualifizieren. Dementsprechend ist der Beschuldigte des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen.