Berufsbeistand statt Eltern

Das Obergericht ging im Urteil vom 6. Juni 2023 (PQ230006-O) von folgendem Sachverhalt aus:

1. Mit Entscheid vom 11. Januar 2022 entschied die KESB Bezirk Pfäffikon (nachfolgend KESB) für C._____, geb. tt.mm.2003, eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung zu errichten. Sie wies den Antrag der Eltern, A._____ und B._____, auf Einsetzung als Mandatsträger in der Beistandschaft ab und setzte als Beistandsperson D._____, Sozialdienst Bezirk Pfäffikon ZH, ein (BR-act. 3).

Grundsätzlich sind die Wünsche von Angehörigen bei der Bestellung von Beistandspersonen angemessen zu berücksichtigen (Art. 401 Abs. 2 ZGB). Dabei sind Beistände aus der Familie bevorzugt zu bestellen. Allerdings gelten auch für familiäre Beistände die üblichen Voraussetzungen. Sie müssen für die vorgesehenen Aufgaben persönlich und fachlich geeignet sein (Art. 400 Abs. 1 ZGB). Vorliegend waren die Eltern als Beistände für die erwachsene Tochter nicht geeignet.

Zunächst machte das Obergericht auf sehr verständnisvoll, um die Beschwerdeführer auf einer psychologischen Ebene abzuholen, ein bisschen Wohlfühljustiz:

4. Bevor die rechtlich-inhaltliche Beurteilung des Falles erfolgt, soll an dieser Stelle den Beschwerdeführern Folgendes gesagt werden, in hoffentlich verständlichen Worten: Jeder zu beurteilende Fall hat nebst der rechtlichen Seite – welche die Richtschnur der Beurteilung durch das Gericht ist – eine menschliche Seite. Es fällt auf und ist auch aus der beim Obergericht eingegangenen Beschwerde ersichtlich, dass die Beschwerdeführer mit sehr grossem Einsatz, ja mit Herzblut, seit nunmehr 20 Jahren für C._____ geschaut und alles für C._____ gemacht haben und machen, was ihnen irgendwie möglich ist, auch wenn es angesichts der Einschränkungen von C._____ nicht einfach ist. Es besteht überdies keinerlei Zweifel, dass sie auch in Zukunft – unabhängig von der rechtlichen Beurteilung der vorliegenden Beschwerde – weiterhin für ihre erwachsene Tochter da sein und sich für sie einsetzen werden. Es waren und sind die Zeiten mit C._____ mit ihren besonderen Bedürfnissen in einer Weise herausfordernd, wie es Aussenstehende höchstens erahnen können. Das ist eine sehr grosse Leistung, die Anerkennung verdient.

Danach präsentierte das Obergericht den Beschwerdeführern die bittere Wahrheit:

5. Von der rechtlichen Seite her präsentiert sich die Angelegenheit wie folgt: Die Notwendigkeit einer Beistandschaft für C._____ wurde im Grundsatz nie bestritten, die Meinungen gehen indes auseinander, ob die Beschwerdeführer als Beistände einzusetzen seien oder nicht. Vor Vorinstanz hatten die Beschwerdeführer vorgebracht, es könne nicht sein, dass sie als verschuldete Eltern nicht die Beistände von C._____ sein könnten, sie seien seit 18 Jahren glücklich mit der Tochter zusammen und planten gemeinsam ein neues Leben anzufangen (BR-act. 2).

5.1. Die Vorinstanz hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass als Beistandsperson eine Person (oder bei besonderen Umständen auch mehrere Personen) einzusetzen sei, die für die vorgesehene Aufgabe persönlich und fachlich geeignet sei, wie es im Gesetz steht (Art. 400 Abs. 1 ZGB).

Sie hat sodann zuerst geprüft, ob die Beschwerdeführerin im Sinne des Gesetzes persönlich und fachlich geeignet erscheine. Die Vorinstanz hat festgehalten, dass auf die Beschwerdeführerin mehrere Verlustscheine im Gesamtbetrag von Fr. 35’489.75 lauteten, der jüngste Verlustschein datierend vom 22. Juli 2022. Die Beschwerdeführerin verstehe nicht immer alles, frage dann aber nach. Sie erkläre, dass sie im administrativen und finanziellen Bereich viel Hilfe brauche. Die Beschwerdeführerin sei damit schon aufgrund ihrer Schulden nicht geeignet, eine Vermögensbeistandschaft zu übernehmen. Zudem fehle ihr die fachliche Eignung, da sie einerseits für sich selbst auf Unterstützung in administrativen und finanziellen Angelegenheiten angewiesen sei und andererseits sich im vorliegenden Fall komplexe sozialversicherungsrechtliche Fragen stellen könnten, weshalb die Beistandsperson zumindest grundlegende Fachkenntnisse im schweizerischen Sozialversicherungsrecht benötige und im Umgang mit Behörden und Ämtern geübt sein müsse.

Die Vorinstanz hat sodann festgehalten, dass der Beschwerdeführer über 32 Verlustscheine im Betrag von Fr. 65’419.01 verfüge, die letzte Pfändung sei am 1. Juni 2021 erfolgt. Überdies weise er zwei Einträge im Schweizerischen Strafregister auf wegen Drohungen und Tätlichkeiten gegenüber der Beschwerdeführerin, die zweite davon datierend aus dem Jahr 2021. Am 19. Januar 2022 (das heisst nach dem angefochtenen Entscheid der KESB, Anmerkung hinzugefügt) sei es am Wohnort der Beschwerdeführerin zu einer Streitigkeit zwischen der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer gekommen, welche einen Polizeieinsatz ausgelöst habe. Aufgrund dieser Vorkommnisse und den vorhandenen Verlustscheinen scheide der Beschwerdeführer aus persönlichen Gründen als geeignete Beistandsperson aus. Zudem bestehe ein latenter Interessenskonflikt, lehne doch der Beschwerdeführer den Erhalt von Sozialhilfeleistungen und Leistungen aus der Invalidenversicherung für C._____ mit der Begründung ab, dass er dies nicht als notwendig erachte (act. 7 E. 4.2 f. S. 10-13).

5.2. Diese Ausführungen der Vorinstanz betreffend eine Beistandschaft in finanziellen und administrativen Belangen treffen zu. Die Beschwerdeführer bringen dagegen in ihrer Beschwerde ans Obergericht vor, im Gesetz stehe nicht, verschuldete Eltern könnten keine Beistände sein (act. 2 S. 1). Das Gesetz drückt es in der Tat nicht so konkret aus, es sagt wie gesehen allgemeiner, dass nur Beistand sein könne, wer dazu „persönlich und fachlich geeignet“ sei. „Persönlich“ meint dabei nicht „als Mensch“, sondern es ist zu fragen, ob es in der Person liegende Gründe gibt, die gegen ein Amt als Beistand resp. Beiständin sprechen. Hat eine Person selber finanzielle Probleme (oder hatte eine Person in jüngster Vergangenheit ihre Finanzen nicht im Griff), so kommt sie aus persönlichen Gründen (d.h. aus Gründen, die in ihrer Person liegen) nicht für die Übertragung einer Vermögensbeistandschaft in Frage. Das gilt sowohl für die Beschwerdeführerin wie für den Beschwerdeführer. Zudem war das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdeführerin zumindest bis vor Kurzem wiederholt von grossen Spannungen und Konflikten belastet. Wie die Vorinstanz hierzu zu Recht festgehalten hat, besteht in einer solchen Familienkonstellation die Gefahr, dass die betroffene Person ins Zentrum des Konfliktes rückt, da Entscheide, die C._____ betreffen, zum Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen den Eltern werden können. Würde in einer solchen Konstellation ein Elternteil als Beistand eingesetzt, bestände überdies die Gefahr, dass sich dadurch die Beziehung zum anderen Elternteil verschlechtert, wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat (act. 7 S. 13). Selbst wenn es zwischen der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer wieder besser steht – was ihnen und ihrer erwachsenen Tochter sehr zu wünschen ist –, so wäre dadurch nicht ungeschehen gemacht, was sich zugetragen hat. Darin liegt, auch wenn die Beschwerdeführer das anders empfinden mögen, keine Bestrafung für in der Vergangenheit gemachte Fehler. Zu beurteilen, ob jemand im Sinne des Gesetzes als Beistandsperson „persönlich und fachlich geeignet“ ist, heisst die Eignung für ein zukünftiges Wirken abzuschätzen, was stets anhand von gegenwärtigem und vergangenem Wirken geschieht.

6. Die Vorinstanzen haben demnach zu Recht entschieden, dass eine Einsetzung der Beschwerdeführer als Beistände für die Bereiche Finanzen und Administratives nicht in Frage kommt.

Es ist sehr empfehlenswert, wenn sich Leute rechtlich beraten lassen, bevor sie Rechtsmittel ergreifen. Vorliegend war der Standpunkt der Eltern zwar nachvollziehbar, allerdings war die Beschwerde offensichtlich chancenlos. Schliesslich muss man die Realität anerkennen, dass man nicht als Beistand geeignet ist. Das muss aber nicht nur negativ gesehen werden, denn so werden die Eltern von administrativen Aufgaben entlastet und können sich folglich ganz auf das persönliche Verhältnis zur volljährigen Tochter konzentrieren.