Akteneinsicht und Anwalt

Der Vorteil einer anwaltlichen Vertretung ist, dass Anwälte Akten im Original nach Hause zugestellt bekommen, währenddessen Privatpersonen die Akten in der Gerichtskanzlei anschauen und dort kopieren müssen. Das hat das Obergericht einer uneinsichtigen Beschwerdeführerin in einem Urteil vom 23. Oktober 2023 (PC230021-O) dargelegt:

(9) b) Einerseits führt die Beschwerdeführerin die fehlende Spruchreife auf die ihrer Ansicht nach verweigerte Akteneinsicht und die unterlassene Zustellung des Protokolls zurück. Sie moniert wiederholt, die Bezirksrichterin habe ihr willentlich keine Akteneinsicht gewährt, weshalb sie ihr Ausstandsbegehren nicht hinreichend habe begründen können. Das Akteneinsichtsrecht beschränke sich nicht auf ein blosses Abgleichen an der Hauptverhandlung oder die Einsichtnahme am Gericht (act. 12 Rz 1, 4 und 8). Diese Kritik ist unbegründet. Inhalt des Akteneinsichtsrechts gemäss Art. 53 Abs. 2 ZPO ist es, die Akten auf Voranmeldung am Sitz des aktenführenden Gerichtes einzusehen. Aus dem Akteneinsichtsrecht lässt sich kein Anspruch ableiten, die Akten nach Hause mitzunehmen oder sich die Akten bzw. Kopien davon zuschicken zu lassen. Art. 53 Abs. 2 ZPO sieht jedoch das Recht vor, am Gericht Notizen zu erstellen und gegen eine Gebühr selber Kopien anzufertigen oder anfertigen zu lassen. Darauf wurde die Beschwerdeführerin bereits mit Verfügung vom 13. Februar 2023 hingewiesen (act. 6/70 S. 4). Da Rechtsanwälte einer besonderen Aufsicht unterstehen und daher vermutungsweise vertrauenswürdig erscheinen, werden ihnen die Akten praxisgemäss auf Ersuchen hin ausgehändigt oder, wenn sie nicht ortsansässig sind, zugestellt (Göksu, DIKE-Komm-ZPO, 2. A., Art. 53 N 32; BK ZPO-Hurni, Art. 53 N 73). Somit war die Bezirksrichterin nicht gehalten, der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin die Akten oder Kopien davon zuzusenden. Dass ihr das Bezirksgericht Bülach die Aktenkonsultation auf der Gerichtskanzlei oder die Anfertigung von Kopien verweigert hätte, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend und ergibt sich auch nicht aus den Akten. (…)