Modernisierung des Familienverfahrensrechts

Der Bundesrat will das Familienverfahrensrecht modernisieren (Medienmitteilung, Bericht). Das ist vollkommen richtig, allerdings dauert es noch Jahre, bis ein neues Familienverfahrensrecht auch tatsächlich in Kraft tritt. Der Bundesrat hat eine Vernehmlassungsvorlage für Ende 2026 angekündigt. Mit der Botschaft kann wohl erst 2028 gerechnet werden. Schliesslich dauert der parlamentarische Gesetzgebungsprozess lange und es ist leider auch zu befürchten, dass das Parlament notwendige Änderungen nicht vornimmt oder verschlimmbessert. Als Anschauungsmaterial dient das aktuelle Familienverfahrensrecht. Ferner braucht es Anpassungen im kantonalen Recht, weshalb kaum vor 2032 mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts gerechnet werden kann.

Namentlich geht der Bundesrat auf eine Problematik ein, die ich schon lange als äusserst unbefriedigend empfinde:

Im Rahmen der Revision des Familienverfahrensrechts sollen ausserdem die Zuständigkeiten zur Beurteilung der Kinderbelange vereinheitlicht werden: Nach geltendem Recht entscheidet entweder die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder das Zivilgericht über Fragen, die das Kind betreffen (Zuteilung der elterlichen Sorge, Regelung der Obhut und des persönlichen Verkehrs bzw. der Betreuungsanteile, Unterhalt). Die Zuständigkeit hängt vom Streitgegenstand und Zivilstand der Eltern ab. Sind Unterhaltsbeiträge streitig, so ist das Gericht zuständig. In allen anderen Angelegenheiten entscheidet bei verheirateten Eltern das Gericht, bei unverheirateten Eltern in der Regel die KESB. Diese unterschiedlichen Zuständigkeiten lassen sich aus heutiger Sicht nicht mehr rechtfertigen. Nach Ansicht des Bundesrates sollte diese Aufgabe den Gerichten zukommen. Im Laufe der weiteren Arbeiten wird er diese Frage jedoch noch vertieft prüfen.

Der Bundesrat hat recht. Es braucht eine Vereinheitlichung und die Zuständigkeit muss einzig bei den Gerichten liegen, da diese besser als die KESB geeignet sind, solche Fragen zu entscheiden. Das heisst auch, dass die historischen Zuständigkeiten der KESB (als Rechtsnachfolger der Vormundschaftsbehörde) endlich abgeschafft werden müssen (wie zum Beispiel die Genehmigung von Unterhaltsverträgen). Die Aufgabe der KESB ist folglich vor allem der Vollzug von gerichtlich angeordneten Kindesschutzmassnahmen bzw. der Erlass von Kindesschutzmassnahmen ausserhalb von laufenden Gerichtsverfahren.

Im Rechtsgutachten Lötscher/Bohnet ist dazu Folgendes zu lesen:

a. Thema 1: Zivilstandsunabhängiges Verfahren

Nach Auffassung der Unterzeichnenden besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf bei Verfahren betreffend Kinderbelange unverheirateter Eltern. Heute bestehen grosse verfahrensrechtliche Unterschiede zwischen Trennungen von Familien mit verheirateten Eltern und Trennungen von Familien mit unverheirateten Eltern. Die Kinder unverheirateter Eltern werden verfahrensrechtlich insbesondere im Hinblick auf die zuständige Behörde (KESB oder Gericht) und die Ausgestaltung des Verfahrens (ZPO oder Verwaltungsverfahren) in vielen Bereichen völlig anders behandelt als die Kinder verheirateter Eltern. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Vorliegend werden umfassende Änderungen im Bereich der Zuständigkeit und des Verfahrens vorgeschlagen, mit dem Ziel, die Verfahren betreffend Kinderbelange zivilstandsunabhängig möglichst einheitlich führen zu können. Insbesondere wird vorgeschlagen, die gerichtliche Zuständigkeit für die Regelung von Kinderbelangen bei unverheirateten Eltern zu erweitern. Das heutige Eheschutzverfahren soll zu einem eigentlichen Familienschutzverfahren ausgebaut werden (Art. 272 Abs. 1 lit. j ZPO-Vorschlag; Art. 176, Art. 272bis und Art. 272ter ZGB-Vorschlag). Es erscheint sinnvoll, ein dem Eheschutzverfahren entsprechendes gerichtliches Verfahren auch für die Regelung der kindsbezogenen Folgen der Trennung unverheirateter Eltern zur Verfügung zu stellen (Rz. 57 ff.).

Das bedeutet insbesondere auch, dass die um Kinderbelange erweiterte Unterhaltsklage, bei der das Kind der Kläger ist, statt wie neu und richtigerweise die Eltern, nicht mehr notwendig sein wird.