Der leichte Fall beim unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe

Art. 148a StGB
1 Wer jemanden durch unwahre oder unvollständige Angaben, durch Verschweigen von Tatsachen oder in anderer Weise irreführt oder in einem Irrtum bestärkt, sodass er oder ein anderer Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe bezieht, die ihm oder dem andern nicht zustehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
2 In leichten Fällen ist die Strafe Busse.

Art. 148a Abs. 1 StGB ist ein Vergehen (Art. 10 Abs. 3 StGB). Art. 148a Abs. 2 StGB ist dagegen nur eine Übertretung (Art. 103 StGB). Diese Unterscheidung manifestiert sich in der Strafandrohung. Noch wichtiger ist jedoch, dass eine Verurteilung wegen Art. 148a Abs. 1 StGB eine obligatorische Landesverweisung nach sich zieht (Art. 66a Abs. 1 Bst. e StGB). Deshalb stellt sich die Frage, was unter einem leichten Fall zu verstehen ist, zumal eine gesetzliche Definition fehlt. Mehr über „Der leichte Fall beim unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe“ Lesen

Vertretungskosten in Kindesschutzverfahren

Es kommt immer wieder vor, dass Anwälte zu viel bzw. ungerechtfertigten, nicht nötigen Aufwand produzieren, den sie abrechnen wollen.

Das Obergericht beschäftigte sich in einem Urteil vom 3. März 2023 (PQ230009) mit der Beschwerde einer Rechtsanwältin, die sich gegen die Kürzung der Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin gewehrt hatte: Mehr über „Vertretungskosten in Kindesschutzverfahren“ Lesen

Morales c. Suisse

Herr Morales befindet sich in einer langjährigen Auseinandersetzung mit der Kindesmutter und der KESB wegen des gemeinsamen Sohnes. Weil die Kindeseltern nicht verheiratet waren, war die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und nicht das Bezirksgericht sachlich zuständig. Herr Morales wandte sich schliesslich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg, weil ihm das Obergericht des Kantons Bern im Beschwerdeverfahren eine persönliche Anhörung verweigert hatte. Mehr über „Morales c. Suisse“ Lesen

Anonymisierung absurd – again and again

Bereits in einem Beitrag von 2015 habe ich über die teilweise absurde Anonymisierung von Entscheiden durch das Obergericht berichtet. So werden nicht nur Parteien, sondern auch Anwälte und Ortsangaben anonymisiert. Das geht weit über das hinaus, was das Bundesgericht macht. Besonders extrem zeigte sich das in einem Urteil des Verwaltungsgerichts. Erst aus dem Urteil des Bundesgericht war ersichtlich, dass die Gemeinde Regensdorf (Grundsteuerkommission) in einem Steuerfall versagt hat (Regensdorf verschenkt Geld). Das ist ein Umstand, dessen Kenntnis im öffentlichen Interesse liegt. Obergericht und Verwaltungsgericht haben offensichtlich ein Problem mit Justizöffentlichkeit. Mehr über „Anonymisierung absurd – again and again“ Lesen

Wie sich Richter zu verhalten haben

Die Anzeigeerstatterin war in einem Forderungsprozess am Bezirksgericht Zürich Klägerin und verlangte einen Geldbetrag wegen unsorgfältiger und rechtswidriger ärztlicher Behandlung (Brust-OP). Der Streitwert betrug offenbar mehr als CHF 30‘000.–.

Anlässlich einer Instruktions- und Vergleichsverhandlung regte sich die Klägerin massiv über die zuständige Bezirksrichterin, welche als Referentin ihr Verfahren betreute, auf. In der Folge reichte die Klägerin bei der Verwaltungskommission des Obergerichts eine Aufsichtsbeschwerde ein. Sie verlangte, dass festzustellen sei, dass die besagte Bezirksrichterin ihre Amtspflichten verletzt habe. Mehr über „Wie sich Richter zu verhalten haben“ Lesen

://: oder die Schwierigkeit, eine Impfung durchzusetzen

Im Urteil des Bundesgerichts vom 2. März 2023 (5A_162/2023) stossen wir auf einen altbekannten Fall (BGE 146 III 313):

Die Parteien haben sechs Kinder. Drei sind bereits volljährig. Die jüngeren haben Jahrgänge 2008, 2013 und 2015 und stehen unter der gemeinsamen elterlichen Sorge. Die Eltern trennten sich im August 2016. Im Rahmen des Ehe- und sodann des Scheidungsverfahrens war über die Frage der Impfung der Kinder nach den Richtlinien des BAG zu befinden, was schliesslich zu BGE 146 III 313 führte. In dessen Umsetzung stellte das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 20. Oktober 2020 fest, dass bei keinem der drei minderjährigen Kinder eine Kontraindikation zur Masernimpfung vorliegt, und verpflichtete die Mutter zur Impfung der Kinder. Mehr über „://: oder die Schwierigkeit, eine Impfung durchzusetzen“ Lesen

Kanton Graubünden: Zeugnis ungenügend

Das Bundesgericht erledigte mit Verfügung vom 1. März 2023 (5A_11/2023) folgende Beschwerde:

A. Mit Eheschutzentscheid vom 25. Oktober 2018 regelte das Regionalgericht Albula die Folgen des Getrenntlebens des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau.

B. Hiergegen erhoben beide Eheleute beim Kantonsgericht Graubünden Berufung. (…)

C. Am 5. Januar 2023 reichte der Ehemann beim Bundesgericht eine Rechtsverzögerungsbeschwerde ein mit dem Begehren um Aufforderung des Kantonsgerichtes, umgehend bzw. eventualiter innert zwei Monaten seinen Entscheid zu fällen. (…) Mehr über „Kanton Graubünden: Zeugnis ungenügend“ Lesen

Kiffen und Autofahren

Das Bundesamt für Gesundheit bewilligte im Frühling 2022 einen ersten Pilotversuch zur kontrollierten Abgabe von nicht-medizinischem Cannabis im Kanton Basel-Stadt. Infolgedessen kann eine bestimmte Anzahl von Personen Gras und Haschisch für den Privatkonsum beziehen. Dieser Pilotversuch ist kürzlich gestartet. Bei den Studienteilnehmern handelt es sich um regelmässige Konsumenten. Da fragt sich insbesondere auch, was dies in Bezug auf deren Fahrfähigkeit bedeutet. Mehr über „Kiffen und Autofahren“ Lesen

Kindesschutz und Asylrecht

In einem Urteil des Obergerichts vom 27. Dezember 2022 (PQ220061-O) findet sich folgender Sachverhalt:

1. Die Beschwerdeführerin 1 ist die Mutter des Beschwerdeführers 2. Der Vater ist nicht bekannt. Die Beschwerdeführerin 1 stammt aus Eritrea und stellte in der Schweiz ein Asylgesuch, das abgewiesen wurde. Die Beschwerdeführer wohnen im Durchgangszentrum C._____ in …[Ort]. Mehr über „Kindesschutz und Asylrecht“ Lesen