Mein Kind wird nun doch geimpft

Vor zwei Jahren beschäftigte ich mich im Beitrag „Mein Kind wird nicht geimpft!“ mit der Frage, was passiert, wenn ein Elternteil einer Impfung nicht zustimmt. Damals hatte der impfverweigernde Elternteil faktisch ein Vetorecht. Eine Impfung war somit nicht möglich. Nun hat das Bundesgericht in Bezug auf eine Masernimpfung anders entschieden. Eine Nichtimpfung stellt eine Kindeswohlgefährdung dar. Wenn sich die Eltern nicht einig sind, kann das Gericht oder die KESB über die Impfung entscheiden. Richtschnur sind die Empfehlungen des BAG. Mehr über „Mein Kind wird nun doch geimpft“ Lesen

Vernachlässigung von Unterhaltspflichten

Die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten ist strafbar. Dabei handelt es sich allerdings um ein Antragsdelikt. Für eine Verurteilung ist ein Strafantrag der geschädigten Person notwendig. Der Strafantrag kann während des laufenden Verfahrens wieder zurückgezogen werden, was zu einer Einstellung des Verfahrens führt. Mehr über „Vernachlässigung von Unterhaltspflichten“ Lesen

KESB: Stolperfalle Verfahrensrecht

In meinem Beitrag „Das KESB-Verfahren“ habe ich bereits 2017 auf die schwierige und uneinheitliche Rechtslage hingewiesen. Diese ist tricky, so dass selbst Anwälte daran scheitern können. Dies zeigt sich exemplarisch in einem Fall, den das Bundesgericht im Urteil vom 29. Mai 2020 (5A_413/2020) behandelt hat:

2. Streitfrage ist, ob das massgebliche kantonale Verfahrensrecht einen Fristenstillstand über Ostern kennt und Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SR 173.110.4) für das kantonale Beschwerdeverfahren zum Tragen kam. Mehr über „KESB: Stolperfalle Verfahrensrecht“ Lesen

KESB: Kostenauflage bei Verzicht auf eine Massnahme

In der öffentlichen Diskussion wird häufig implizit der Standpunkt vertreten, dass das KESB-Verfahren eine Art Zweiparteienprozess sei, also die KESB gegen die betroffene Person. Das stimmt nicht, denn das KESB-Verfahren ist ein Verfahren eigener Art. Der KESB kommt keine Parteistellung zu, sondern sie führt das Verfahren. Allerdings haben gewisse Elemente eines Zweiparteienprozesses auch im KESB-Verfahren eine Bedeutung, namentlich bei der Kostenauflage. Mehr über „KESB: Kostenauflage bei Verzicht auf eine Massnahme“ Lesen

KESB-Reformvorschlag Nr. 4: Genehmigung von Unterhaltsverträgen

Das Zivilgesetzbuch von 1907 unterschied zwischen ehelichen und ausserehelichen Kindern. Die ausserehelichen Kinder wurden in verschiedenster Hinsicht rechtlich gegenüber den ehelichen Kindern diskriminiert. Erst das neue Kindesrecht von 1976 brauchte eine weitgehende Gleichstellung von ehelichen und ausserehelichen Kindern.

Im Verfahrensrecht hat es der Gesetzgeber dagegen verpasst, die Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern durchzusetzen. Je nachdem, ob die Kindeseltern verheiratet oder nicht verheiratet sind oder gewesen sind, sind für Kinderbelange unterschiedliche Behörden (Gericht bzw. KESB) zuständig und unterschiedliche Verfahren anwendbar. Mehr über „KESB-Reformvorschlag Nr. 4: Genehmigung von Unterhaltsverträgen“ Lesen

COVID-19 und abstrakte Normenkontrolle

In der Schweiz können nur kantonale Erlasse gerichtlich direkt überprüft werden, ob sie gegen Bundesgesetze, die Bundesverfassung oder Völkerrecht verstossen (Art. 82 Bst. b BGG). Bundesgesetze können gar nicht auf ihre Vereinbarung mit der Bundesverfassung und dem Völkerrecht überprüft werden (Art. 190 BV). Verordnungen des Bundesrates können nicht direkt angefochten werden, jedoch überprüft das Bundesgericht im Rahmen eines konkreten Anwendungsfalles vorfrageweise die Rechtmässigkeit der Verordnung. Mehr über „COVID-19 und abstrakte Normenkontrolle“ Lesen

Querulatorische Prozessführung

Gemäss Wikipedia versteht man unter einem Querulanten Folgendes:

Als Querulant (von lateinisch queri – „vor Gericht klagen“) wurde ursprünglich in der Rechtsprechung ein Mensch bezeichnet, der trotz geringer Erfolgsaussicht besonders unbeirrbar und zäh einen Rechtskampf führte. Dabei steht ein geringfügiger oder vermeintlicher Anlass kaum noch in einem angemessenen Verhältnis zum rechthaberischen, misstrauischen, fanatischen und unbelehrbaren Vorgehen der so bezeichneten Menschen. Mehr über „Querulatorische Prozessführung“ Lesen

Betreuung und persönlicher Kontakt in Corona-Zeiten

Auch in Corona-Zeiten sind bestehende Betreuungsregelungen aufrechtzuerhalten. SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 ist kein Grund, daran etwas zu ändern. Der persönliche Kontakt zum nicht obhutsberechtigten Elternteil ist somit aufrechtzuerhalten. Regelungen betreffend alternierende Obhut sind weiterzuführen. In gewissen Fällen (z.B. positiver Test, Krankheitssymptome, Selbstisolation, Quarantäne) ist jedoch temporär der persönliche Kontakt durch alternative Kontaktformen (z.B. Skype) wahrzunehmen.

Die Konferenz für Kindes und Erwachsenenschutz (KOKES) veröffentlichte diesbezüglich Folgendes:

Empfehlungen der KOKES vom 3. April 2020: Besuchsrechts-Ausübung während der Corona-Massnahmen des Bundes

Nachtrag 24.2.2021

Empfehlungen KOKES vom 3. April 2020 (aktualisierte Version vom 11. Februar 2021)

Der eigenmächtige amtliche Verteidiger

Das Bundesgericht ging in seinem Urteil vom 10. März 2020 (6B_76.2020) von folgendem Sachverhalt aus:

A. Das Bezirksgericht Uster sprach A. am 4. April 2019 der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern, der mehrfachen Pornografie sowie der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen gegen Entgelt schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme auf.

Gegen diesen Entscheid liess A. am 27. Mai 2019 durch seinen amtlichen Verteidiger, Rechtsanwalt B., Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich erklären. Er beschränkte seine Berufung auf den Antrag einer milderen Strafe, die Anordnung einer ambulanten statt der ausgesprochenen stationären Massnahme sowie die Liquidation der Kosten. Mehr über „Der eigenmächtige amtliche Verteidiger“ Lesen