Der Zügelartikel ist kein Gefängnisartikel

Auf den 1. Juli 2014 trat die folgende Bestimmung des Zivilgesetzbuches in Kraft:

Art. 301a ZGB
B. Inhalt / II. Bestimmung des Aufenthaltsortes
1 Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
2 Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde, wenn:
a. der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt; oder
b. der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat.
3 Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den anderen Elternteil rechtzeitig darüber informieren.
4 Dieselbe Informationspflicht hat ein Elternteil, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.
5 Soweit dies erforderlich ist, verständigen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elterlichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages. Können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde. Mehr über „Der Zügelartikel ist kein Gefängnisartikel“ Lesen

Warum die KESB manchmal den Eltern die Kinder wegnehmen muss

Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) steht nach wie vor in der Kritik der Öffentlichkeit, weil sie eine Behörde ist, die weitreichende Kompetenzen hat und diese auch nutzen muss.

Dies hängt wohl damit zusammen, dass die Kritiker ein verklärtes Bild von der Familie haben. Die Familie wird als Hort der Glückseligkeit aufgefasst. Eine heile Welt. Eingriffe durch Behörden werden als unzulässige staatliche Einmischung betrachtet.

Leider sieht die Wirklichkeit aber häufig anders aus. Es zu viele kaputte Familien, gestörte Elternteile oder Eltern, die überhaupt unfähig sind, ihre Kinder grosszuziehen. Deshalb muss die KESB einschreiten und die notwendigen Kindesschutzmassnahmen erlassen, um Kinder vor dem negativen Einfluss ihrer Eltern zu schützen. Das zeigt exemplarisch der folgende Fall. Mehr über „Warum die KESB manchmal den Eltern die Kinder wegnehmen muss“ Lesen

Kindesentführung in die Schweiz

1. Allgemeines

In den Medien liest man häufig, dass Elternteile (meist Väter) ihre Kinder ins Ausland entführen. Dies ist insbesondere in jenen Fällen ein grosses Problem, bei denen die Kinder in Länder entführt werden, welche das Haager Kindesentführungsübereinkommen nicht ratifiziert haben, da hier eine Rückführung der Kinder praktisch nicht möglich ist.

Der gegenteilige Fall, dass Elternteile (nicht selten Mütter) ihre Kinder aus dem Ausland in die Schweiz verbringen, ist leider auch nicht selten. Häufig geschieht dies, weil man sich in der Schweiz die besseren gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Entscheid im eigenen Sinne erwartet (so genanntes „forum shopping“). In den letzten Jahren wurde in den Medien namentlich ausführlich über die Fälle „Woods“ (Australien) und „Ruben“ (Italien) berichtet. Mehr über „Kindesentführung in die Schweiz“ Lesen

Unentgeltliche Rechtspflege: Kein Sonderzüglein der II. Zivilkammer mehr

Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO werden ‒ ausser bei Bös- oder Mutwilligkeit ‒ im Verfahren um die unentgeltliche Rechtspflege keine Gerichtskosten erhoben. Die Frage ist, ob diese Bestimmung auch im Beschwerdeverfahren (Art. 121 i.V.m. Art. 319 ff. ZPO) anzuwenden ist. Mehr über „Unentgeltliche Rechtspflege: Kein Sonderzüglein der II. Zivilkammer mehr“ Lesen

Strafanzeige, Strafantrag, Desinteresse-Erklärung

Strafanzeige

Mit einer Strafanzeige meldet der Anzeigeerstatter einer Strafverfolgungsbehörde (Polizei, Staatsanwaltschaft, Übertretungsstrafbehörden, Art. 12, 15-17 StPO) einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt, mit dem Ziel, dass gegen eine bestimmte oder eine unbekannte Person eine Strafuntersuchung (Art. 309 Abs. 1 Bst. a StPO) eröffnet wird. Mehr über „Strafanzeige, Strafantrag, Desinteresse-Erklärung“ Lesen

Die KESB darf keine Fälle überweisen

Was in der öffentlichen Diskussion um die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden völlig vergessen geht, ist, dass die KESB kein Monopol im Bereich „Kindesschutz“ hat. Vielmehr besteht eine konkurrenzierende Zuständigkeit zwischen KESB und Gerichten. Es gilt deshalb immer zunächst zu klären, ob die KESB oder ob ein Gericht sachlich zuständig ist. Mehr über „Die KESB darf keine Fälle überweisen“ Lesen

Das gefühlte Alter

Das Bundesgericht beschäftigte sich im Urteil vom 11. Januar 2016 (5A_549/2015) mit folgendem Sachverhalt:

A. Mit Eingabe vom 4. November 2014 gelangte A., geboren 1982, wohnhaft in U., an das Zivilkreisgericht Basel-Landschaft West und ersuchte um Abänderung ihres Geburtsjahres. Sie beantragte, es sei in Anwendung von Art. 42 ZGB eine Rückdatierung ihres Jahrgangs im Zivilstandsregister von 1982 auf 1992 vorzunehmen. Zur Begründung liess die Gesuchstellerin, vertreten durch ihre Mutter, im Wesentlichen vortragen, sie sei als Kind Opfer sexuellen Missbrauchs durch ihren Vater geworden. Durch diese Ereignisse habe sie sich auf Grund gesundheitlicher Probleme während Jahren in einer Art Wachkoma befunden. Diese Erkrankung habe zu einer psychosozialen Entwicklungsverzögerung geführt, so dass ihr Alter nicht der chronologischen Entwicklungsstufe anderer Gleichaltriger entspreche. Dadurch habe sie rund zehn Jahre ihres Lebens verloren. Mit der von ihr verlangten Umdatierung des Geburtsjahres sei ihr Alter an ihren Entwicklungsstand anzupassen. Mehr über „Das gefühlte Alter“ Lesen

Fertig lustig mit Laienrichtern

Parlamentarische Initiative

Die Kantonsräte Céline Widmer (SP), Silvia Steiner (CVP), Olivier Hofmann (FDP), Stefanie Huber (GLP) und Ornella Ferro (Grüne) reichten eine Einzelinitiative betreffend Wahlvoraussetzungen für Bezirksrichterinnen und Bezirksrichter ein. Dabei verlangten sie, dass Mitglieder und Ersatzmitglieder der Bezirksgerichte über ein juristisches Studium verfügen müssen. Sie begründeten ihren Vorstoss wie folgt:

Derzeit sind an den zwölf Zürcher Bezirksgerichten noch 21 Richterinnen und Richter ohne juristische Grundausbildung tätig. Keine Richterinnen und Richter ohne juristische Grundausbildung gibt es in den Bezirken Dietikon, Horgen, Meilen, Winterthur und Zürich. Mehr über „Fertig lustig mit Laienrichtern“ Lesen

Angemessene Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes

Wenn ein Gericht einer Partei einen unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellt, wird dieser in der Regel vom Gericht entschädigt (Art. 122 ZPO). Die Partei kann jedoch nachträglich zur Bezahlung der Anwaltskosten verpflichtet werden, wenn diese sich in besserer wirtschaftlicher Lage befindet (Art. 123 ZPO). Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes hat angemessen zu sein (Art. 122 Abs. 1 Bst. a ZPO). Mehr über „Angemessene Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes“ Lesen